Gregory Kunde (Peter Grimes) mit Jennifer Holloway (Ellen Orford), Iain Paterson (Balstrode), Rosie Aldridge (Mrs. Sedley) und Clare Presland (Auntie) (Foto RW)
Der mit mehr als 60 Sängerinnen und Sängern auf der Bühne agierende Chor sang großartig. Ihm kommt wie selten in einer Oper eine weit über die einzelnen Solisten hinausgehende tragende Rolle zu. Und auch das Orchester lotet die Komposition voll aus, vor allem in den die einzelnen Szenen trennenden expressiven Zwischenspielen. Selten habe ich das Philharmonische Staatsorchester so gut spielen hören.
Peter Grimes
Oper in drei Akten und einem Prolog von Benjamin Britten
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg, Leitung Kent Nagano
Chor der Staatsoper Hamburg: Leitung Eberhard Friedrich
Inszenierung: nach Sabine Hartmannshenn
Bühnenbild und Kostüme: nach Wolfgang Gussmann
22. Vorstellung seit der Premiere am 17.05.1998
Staatsoper Hamburg, 14. Februar 2024
von Dr. Ralf Wegner
Gregory Kunde berührt mit seinem Gesang die Seele. Wie er mit sparsamen, zwischen Introvertiertheit und Aggression wechselnden darstellerischen Mitteln und die Rolle voll auslotendem Gesang die Empathie des Publikums gewinnt, ist schlicht phänomenal. Sein Tenor hat unverändert einen jugendlichen, nicht durch auffälliges Vibrato gestörten farbvollen Klang. Sein Timbre ist viril und gleichzeitig von opulenter Schönheit. Wie er die Stimme vom Piano zum Forte anschwellen lässt, mit Strahlkraft den Raum füllt oder auf der Linie mit gebundenen Tönen dem Melodischen der Komposition Raum lässt, beeindruckt ungemein.
Und der mit mehr als 60 Sängerinnen und Sängern auf der Bühne agierende Chor singt zudem großartig. Ihm kommt wie selten in einer Oper eine weit über die einzelnen Solisten hinausgehende tragende Rolle zu. Und auch das Orchester lotet die Komposition voll aus, vor allem in den die einzelnen Szenen trennenden expressiven Zwischenspielen. Selten habe ich das Philharmonische Staatsorchester so gut spielen hören.
Die Handlung der Oper ist schwierig. Peter Grimes ist ein Sonderling, dem in dem Fischerdorf nur noch die verwitwete Lehrerin Ellen Orford (Jennifer Holloway) und der frühere Handelsmarinekapitän Balstrode (Iain Paterson) beistehen. Grimes fährt als Fischer allein zur See, nimmt sich als Hilfskräfte aus dem Waisenheim stammende Jungen, die eigentlich noch die Grundschule besuchen müssten. Zwei seiner Schützlinge sterben, der eine auf See an einer Krankheit, der andere stürzt beim Abstieg zum Boot von einem Felsen. Die Dorfbevölkerung hält Grimes für einen Mörder und treibt ihn in den Suizid. Eigentlich ist es Balstrode, der nach Entdeckung des zweiten toten Jungen von Grimes fordert, sich auf See zu begeben und sich zu versenken. Man leidet mit ihm, versteht aber auch Balstrode und Ellen, die sich nicht mehr zu ihm bekennen mögen, aber auch die Dorfbevölkerung, die allein schon die Beschäftigung und wohl auch körperliche Ausbeutung von etwa 8-jährigen Jungen nicht mehr dulden mag.
Das Ensemble sang und agierte großartig, wen soll man herausgreifen?Neben Holloway und Paterson vielleicht Rosie Aldridge in der Rolle der geifernden Witwe Mrs. Sedley oder Joshua Bloom, der mit seinem ausgesprochen schallstarken Bass dem Rechtsanwalt und Bürgermeister Swallow gesanglich Kontur gab.
Zwei kurzfristige Einspringer trugen zum Erfolg der Aufführung bei: Die erst gegen 17 Uhr aus London eingetroffene Sarah Gilford als erste Nichte sowie Leigh Melrose als Apotheker Ned Keene. Der Schlussbeifall war überaus lang und sehr herzlich.
Dr. Ralf Wegner, 15. Februar 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Benjamin Britten, Peter Grimes Staatsoper Hamburg, 11. Februar 2024
Benjamin Britten, Peter Grimes Staatsoper Hamburg, 11. Februar 2024
Benjamin Britten PETER GRIMES MANAUS/Teatro Amazonas, 19. Mai 2023
Peter Grimes, Benjamin Britten Bayerische Staatsoper, 21. September 2022 (Wiederaufnahme)