Sonya Yoncheva © Victor Santiago
Giacomo Puccini
Madama Butterfly
TRAGEDIA GIAPPONESE IN DREI AKTEN (1904)
Cio-Cio-San Sonya Yoncheva
Suzuki Natalia Skrycka
B.F. Pinkerton Stefan Pop
Sharpless Carles Pachón
Inszenierung Eike Gramss
Dirigent Domingo Hindoyan
Staatsoper Unter den Linden Berlin, 17. Februar 2024
von Peter Sommeregger
Puccinis 100.Todestag in diesem Jahr führt zu verstärkter Präsenz seiner Opern auf den internationalen Bühnen, wo sie ohnehin zum Kernrepertoire gehören. In der Berliner Staatsoper Unter den Linden entsann man sich einer aus dem Jahr 1991 stammenden Inszenierung von Puccinis Geisha-Tragödie „Madama Butterfly“. Diese besorgte seinerzeit der inzwischen verstorbene Eike Gramss. Damals regierte noch Helmut Kohl in Bonn, und ähnlich antiquiert erscheint heute diese Regiearbeit.
Ihr größtes Manko springt sofort ins Auge: ein Bühnenbild, das Pinkertons japanisches Haus auf ein Podest stellt, was sich als wenig glückliche Idee erweist. Permanent müssen alle Protagonisten eine Treppenstufe nehmen, was unlogisch ist und Sturzgefahr mit sich bringt. Dass das skandalöse Thema der Scheinehen amerikanischer Offiziere mit kindlichen Japanerinnen in dieser Inszenierung keinen Niederschlag findet, ist verzeihlich, spricht doch das Libretto deutlich davon.
Atmosphärisch bleiben die nahezu drei Stunden aber reichlich dröge, ein paar Trippelschritte und ein Kimono machen noch keine fernöstliche Szene aus. Offenbar gab es auch technische Probleme mit dem Vorhang und Zwischenvorhang, die nicht zu übersehen waren. Man kann der Staatsoper nur zur schnellen Entsorgung dieser Produktion raten!
Musikalisch fiel die Bilanz dieses Abends aber viel erfreulicher aus. Eine Butterfly-Aufführung steht und fällt mit der Besetzung der Titelrolle, in Sonya Yoncheva hat man eine versierte Sopranistin, die den hohen Ansprüchen dieser Partie gerecht wird. Nach anfänglicher Unsicherheit in der Auftrittsszene findet sie schnell zu großer Form und bleibt den üppigen Kantilenen dieser Partie nichts schuldig. Sie trägt den Abend, und wird am Ende verdient gefeiert.
Ihr Partner Stefan Pop hat es mit der an sich unsympathischen Rolle des Offiziers Pinkerton schon viel schwerer. Puccini hat diese Figur stiefmütterlich behandelt, außer dem Liebesduett im ersten Akt bleibt ihm nur ein kurzes Arioso im dritten, um sich zu profilieren. Pop, einstiger Operalia-Gewinner, bringt einen kräftigen Spinto-Tenor dafür mit, sein maskulines Timbre mischt sich bestens mit der Stimme Yonchevas. Neben den beiden kann sich noch Carles Pachón als Konsul Sharpless und die Suzuki der Natalia Skrycka gut behaupten, die kleinen Rollen sind mit Mitgliedern des Internationalen Opernstudios der Staatsoper adäquat besetzt.
Offenbar wurde für die Aufführungsserie intensiv geprobt, das Orchester bewegt sich sicher durch Puccinis höchst emotionale Partitur. Am Pult steht der venezolanische Dirigent Domingo Hindoyan, privat rein zufällig der Ehemann Sonya Yonchevas.
Ein sehr animiertes Publikum donnert seine Bravo-Rufe buchstäblich noch in den letzten Ton des Orchesters, was doch ein wenig stört. Über die Jahrzehnte wandelt sich eben auch das Publikum, was soll’s.
Peter Sommeregger, 18. Februar 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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