© Classic Open Air
Am Ende Jubel, Blumen, und strahlende Gesichter auf und vor dem Podium. Bitte nächstes Jahr mehr davon!
8. Classic Open Air Dresden
Dmytro Udovychenko Violine
Barbara Krieger Sopran
Sotiris Charalampous Tenor
KS Jochen Kupfer Bassbariton
Marcus Merkel Dirigent
Junge Philharmonie Berlin
Dresden Neumarkt, 30. und 31. August 2024
von Peter Sommeregger
Bereits zum 8. Mal fand an den letzten beiden Augusttagen das Classic Open Air am Dresdner Neumarkt statt, organisiert von der rührigen Barbara Krieger, die neben ihrem Charisma und Organisationstalent auch als Sängerin das Event prägte.
Der erste Abend blieb dem Orchester Junge Philharmonie Berlin unter seinem Begründer und Chef Marcus Merkel vorbehalten. Besser als mit Felix Mendelssohn-Bartholdys Ouvertüre zum Sommernachtstraum konnte man das Konzert an diesem Spätsommerabend nicht beginnen. Der Zauber dieses prachtvoll schönen Platzes, den sich Dresden nach dem Inferno seiner Zerstörung 1945 wieder neu geschaffen hat, verbindet sich wunderbar mit dem der Musik.
Höhepunkt dieses Abends war aber eindeutig das Violinkonzert von Pjotr Tschaikowsky, das der ukrainische Geiger Dmytro Udovychenko, aktuell Preisträger des Brüsseler Königin-Elisabeth-Wettbewerbs, in meisterhafter Weise und unter Einsatz seiner stupenden Virtuosität zum Ereignis machte. Nach dem wahren Teufelsritt des letzten Satzes war das Publikum endgültig erobert. Neben allzu Bekanntem wie zwei Ungarischen Tanzen von Brahms, Bizets Carmen-Suite und der unvermeidlichen Moldau Smetanas, setzte Sibelius’ Finlandia einen besonderen Akzent und hinterließ ein animiertes Publikum, das dem Orchester und seinem Dirigenten verdient reichlichen Applaus spendete.
Am zweiten Abend folgte die Operngala. Barbara Krieger hatte sich als Partner den in Dresden wohl bekannten Bassbariton Kammersänger Jochen Kupfer und den aufstrebenden jungen zypriotischen Tenor Sotiris Charalampous als Partner ausgesucht. Eine Wahl, die sich im Verlauf des Abends als äußerst glücklich erwies, verbanden sich doch die Timbres der drei Solisten sehr harmonisch.
Eindrucksvoll und höchst ambitioniert die Programm-Auswahl, die auch weniger populäre Stücke enthielt, und sich damit wohltuend vom Wunschkonzert-Klischee ähnlicher Konzerte abhob.
Ungewöhnlich schon der Beginn mit der Szene Violetta und Vater Germont aus Verdis Traviata, von Jochen Kupfer und Barbara Krieger mit allen Facetten dieser emotionalen Musik ausgestattet.
Als überraschender Kontrast folgte die Brautgemach-Szene aus Wagners Lohengrin, in welcher der noch lyrische Tenor von Sotiris Charalampous kommende Entwicklungsmöglichkeiten seiner Stimme vorwegnahm, und Barbara Krieger sich mühelos von Verdi auf Wagner umstellte.
Jochen Kupfer konnte anschließend mit dem Ohrwurm des Liedes an den Abendstern aus Wagners Tannhäuser punkten, was Sotiris Charalampous mit den „Blitzenden Sternen“ aus Puccinis Tosca gleichfalls gelang.
Einen weiteren Beweis ihrer Vielseitigkeit erbrachte Barbara Krieger mit der großen Szene von Puccinis Manon Lescaut, in der sie glaubhaft die Verzweiflung und Reue über ein gescheitertes Leben zum Ausdruck brachte. Stilistisch ähnlich und gleichfalls überzeugend emotional interpretiert die Arie der Adriana von Cilea, die den zweiten Teil einleitete. Ein absoluter „Abräumer“ ist bekanntlich das Duett Carlos und Posa aus Verdis Don Carlos. Jochen Kupfer und Sotiris Charalampous zelebrierten es gekonnt, und konnten dabei eine großartige Verschmelzung ihrer Stimmen erreichen. Das war Wohlklang pur!
Beide Sänger hatten danach jeweils ein Solo, Charalampous mit der Tenorarie aus Giordanos Fedora, Kupfer mit der Spiegel- (eigentlich Diamant-) Arie aus Hoffmanns Erzählungen von Offenbach, welche die Künstler sehr zur Freude des Publikums bravourös gestalteten.
An den Schluss gesetzt waren drei Ausschnitte aus Puccinis Madama Butterfly. Barbara Krieger brachte in die großen Arie die ganze Emotion der verlassenen Liebenden ein, es gelang ihr ein authentisches Porträt dieser anrührenden Figur. Sotiris Charalampous „revanchierte“ sich mit der kurzen Arie des Pinkerton, die ihm hervorragend gelang, gekrönt wurden die Arien durch das höchst emotionale Liebesduett, das vom Publikum begeistert aufgenommen wurde.
Als ob das Programm nicht schon anspruchsvoll und fordernd genug gewesen wäre, ließen sich die drei Künstler noch zu einer ganzen Reihe von Zugaben bewegen, deren letzte, Lehárs „Lippen schweigen“ aus der Lustigen Witwe, Barbara Krieger und Jochen Kupfer sogar zu gekonnten Walzerschritten animierten, was auf dem schmalen Podiumsrand durchaus auch eine sportliche Leistung war.
Umsichtig und stilsicher leitete Marcus Merkel das junge, multinationale Orchester der Jungen Philharmonie Berlin, sie hatten wesentlichen Anteil am Gelingen des Abends, der vom Publikum auch begeistert aufgenommen wurde.
Alle drei Solisten bewiesen bei diesem außergewöhnlich vielschichtigen Programm bewundernswerte Stilsicherheit und Flexibilität, der Reigen der Werke von Wagner bis Lehár war ein wahrer Husarenritt, den sie aber glänzend bestanden.
Am Ende Jubel, Blumen, und strahlende Gesichter auf und vor dem Podium. Bitte nächstes Jahr mehr davon!
Peter Sommeregger, 2. September 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at