Zarzuela: eine musikalischen Sprache, die aus dem Herzen des Volkes kommt

CD-Besprechung: Lisette Oropesa MIS AMORES SON LAS FLORES  klassik-begeistert.de, 21. November 2024

CD-Besprechung:

Lisette Oropesa
MIS AMORES SON LAS FLORES

Zarzuela

Orquesta Titular del Teatro Real
Óliver Díaz, Dirigent

Euroarts 2011117

von Ralf Krüger

Mis amores son las flores ist eine Textzeile aus der kubanischen Zarzuela Cecilia Valdés. Mein Liebe sind die Blumen, singt Lisette Oropesa dort und schon die optische Aufmachung dieses Albums verspricht viel Blühendes und Wärmendes in diesen kalten Tagen. Und schon beim ersten Titel mit der Refrain-Zeile über María la O taucht man ein in diese prickelnde und gleichzeitig so traurige Musik. Man vergisst die Nachrichten-Lage der Welt, träumt von Urlaub, Sonne und Liebe – um dann lesen zu müssen, dass die Liebe in dieser Zarzuela kein glückliches Ende fand und von Dramatik und Gewalt beherrscht war.

Bis in diese Herbsttage hinein, hatte ich gedacht, dass es sich bei der Zarzuela ganz pauschal um die spanische Variante unserer deutsch-österreichischen Operette handelt. Aber seit dem der Tenor Juan Diego Flórez und die Sopranistin Lisette Oropesa im Oktober jeweils eigene Alben mit Zarzuela-Arien herausbrachten, habe ich dank der Booklets erfahren, dass diese Musik ihre Zuhörer im gesamten spanisch-sprechenden Raum zum „Lachen, Weinen, Sehnen und Träumen gebracht“ hat.
„Mit einer musikalischen Sprache, die aus dem Herzen des Volkes kam.”

Ein bisschen exotische Operetten-Stimmung ist also schon dabei, vielleicht durch die Leichtigkeit, die hier alles umgarnt, aber wenn ich ehrlich bin, berühren mich diese Arien tiefer, als es Franz Lehár mit seinen Werken jemals geschafft hat.

Das CD-Paket lädt den interessierten Hörer dazu ein, sich ausführlich mit dieser so besonderen Form des Musiktheaters zu beschäftigen. Alle zehn Arien werden in kommentierter Form den Zeiten ihrer Entstehung und den Komponisten zugeordnet und selbst bei den Lied-Texten kann man versuchen (gern auch mit Übersetzungsprogrammen aus dem Spanischen oder Englischen), den Inhalt zu erfassen. Was nicht leicht fällt, denn die Seele dieser Musik kann man nicht einfach übersetzen. So habe ich dann auch irgendwann alles Papier zur Seite gelegt, den Kopfhörer aufgesetzt und das, was ich dann gehört habe, genussvoll in die Gehörgänge hineinfließen lassen.

Und so singt Lisette Oropesa ihre Arien mit Frische, mit Leidenschaft und in ungeahnten Höhen. Bei ihren Koloraturen wartet der Hörer mit Spannung auf den Wumms, der die textliche Fortsetzung einleitet und hört irgendwann die Worte mis amores, die er kennt und mit denen er etwas anfangen kann. Bei vier Arien wird die Sopranistin von einem Chor aus Madrid unterstützt und in dieser Stadt fand auch im Sommer 2023 die CD-Aufnahme statt. Lisette Oropesa bezeichnet sich im Vorwort selbst „als Amerikanerin kubanischer Einwanderer mit spanischen und katalanischen Wurzeln“. Sie also kann und sollte Zarzuela singen und ich ertappe mich dabei, dass ich die CD mit den Zarzuela-Arien des Juan Diego Flórez eigentlich gar nicht mehr hören möchte. (Obwohl diese CD auch strahlend daherkommt und ich an ihr musikalisch und gestalterisch nichts auszusetzen habe. Aber Flórez ist eben ein Tenor und da gibt es so viele…)

In den letzten fünf Minuten taucht Lisette Oropesa ein in die Rolle der Cecilia Valdés. Der Chor ruft immer wieder ihren Namen und im englischen Libretto liest man von den Blumen, die dieses Album so sehr schmücken, von Gärten und von der kubanischen Seele. Das ist nochmal ein Temperamentsausbruch, ein Wärmeschub, der einen durchströmt, eine Liebe, die einen leben lässt. Dann ist Schluss. Und der Autor und Hörer ist wieder gefangen im Berliner Herbstblues, mit Nässe, mit Kälte und mit schlechten Nachrichten.

Ralf Krüger, 21. November 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Die im Text erwähnte CD Flórez Zarzuela ist im neuen, eigenen Label des peruanischen Opernsängers Juan Diego Flórez als CD-Nummer 1 erschienen und wartet mit 12 Arien, einem Intermezzo und einem großartigen Booklet auf.

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