„Die Meistersinger von Nürnberg“, zweiter Akt © Enrico Nawrath, Bayreuther Festspiele
Richard Wagner
„Die Meistersinger von Nürnberg“
Musikalische Leitung: Daniele Gatti
Regie: Matthias Davids
Solisten: Georg Zeppenfeld, Michael Spyres, Christina Nilsson
Orchester und Chor der Bayreuther Festspiele
Bayreuther Festspiele, 5. August 2025
von Jolanta Łada-Zielke
Kann man sich bei Wagner gut amüsieren? Wenn ja, dann bei „Die Meistersinger von Nürnberg“, der einzigen komischen Oper im Werk des Komponisten, obwohl sie unter traurigen Umständen entstand.
Wagner begann im Herbst 1861 mit der Arbeit daran, als Teil seiner Therapie nach der endgültigen Trennung von Mathilde Wesendonck. Zu seinem Sprachrohr machte er Hans Sachs, der edelmütig, wenn auch nicht ohne Widerstand, auf die geliebte Frau verzichtet und ihrem Auserwählten hilft, den Sängerwettbewerb zu gewinnen. Auch er selbst durchläuft eine Verwandlung. Als einer der titelgebenden Meister kommt er zu dem Schluss, dass die Kunst nicht nur aus Regeln, sondern auch aus Gefühlen besteht.
Dieses Werk bietet Regisseuren die Möglichkeit, Elemente der Situationskomik einzubringen, was Matthias Davids voll ausgeschöpft hat. Dadurch hat er die Botschaft dieses Werks keineswegs vereinfacht, sondern im Gegenteil mit neuen Bedeutungen angereichert.
Die aufgeblasene, bunte Kuh aus dem dritten Akt hat eine Reihe von Fragen aufgeworfen. Soll dies eine Anspielung auf die Werbung für den französischen Käse „Wachkyrie“ aus der Zeit des Ersten Weltkriegs mit dem Bild einer lachenden Kuh sein? Oder auf den „aufgeblasenen“ Juden aus Barrie Koskys vorheriger Produktion der „Meistersinger“? Die Antwort scheint banal zu sein: Dies ist eine Allegorie auf Eva, die neben dem Meistertitel eine Belohnung für den besten Sänger ist. Das klingt antifeministisch, aber der Regisseur stellt diesen Stereotyp ungnädig bloß.

Als Eva tritt die schwedische Sopranistin Christina Nilsson auf. Die Verwandlung ihrer Figur von einem braven Mädchen zu einer selbstbewussten Frau sieht man in den von Susanne Hubrich entworfenen Kostümen: von regionaler Tracht bis hin zu Sportparka, Jeans und Bluse mit Schmetterlingsmuster, ähnlich wie auf Walthers Hemd. Während des Wettbewerbs verschwindet Eva in einer riesigen Blumenbeet-Kugel, welche ihre Objektivierung symbolisiert.

Walther befreit sie von den kleinbürgerlichen Konventionen und macht sie zu seiner Gleichgestellten. Nilssons heller, kristallklarer Sopran ergänzt sich hervorragend in Duetten mit dem dunkleren und wärmeren Mezzo von Christa Mayer, die Magdalena verkörpert.
Georg Zeppenfeld singt als Hans Sachs zwei Stunden und vierzig Minuten lang, ohne auch nur eine Note an Energie und Präzision zu verlieren. Sowohl in dem Schusterlied „Jerum! Jerum!“ als auch in „Wahn, Wahn, überall Wahn“ verleiht er diesem Charakter viel Wärme und Authentizität. Wie immer begeistert er mit seiner hervorragenden Diktion, aber alle Solisten sprechen deutlich aus, sodass die Endungen der Wörter im Festspielhaus regelrecht knallen.

Michael Spyres als Walther von Stolzing hat einen sensiblen Rebellen geschaffen. Seine Interpretation des Wettbewerbsliedes im dritten Akt bewegt sogar das Festspielpublikum. Der in Bayreuth debütierende Tenor Matthias Stier (David) verteilt seine Kräfte im ersten Akt ungleichmäßig, daher klingt er in der hohen Lage teilweise zu schwach. Dafür glänzt er im dritten Akt mit einer leidenschaftlichen und präzisen Darbietung der Arie „Am Jordan Sankt Johannes stand“. Der südkoreanische Bass Jongmin Park begeistert vor allem mit seinen sanft eingesetzten hohen Tönen in der Partie des gesetzten Veit Pogner.

Die größte Sympathie des Publikums gewinnt paradoxerweise Sixtus Beckmesser, dargestellt von Michael Nagy. Dieser hervorragende Bariton mit seinem breiten Stimmumfang und seiner tiefen, dunklen Stimme verleiht der Figur des Stadtschreibers die Züge eines gutmütigen Versagers. Er unterhält nicht nur das Publikum, sondern weckt auch Mitgefühl. Die Serenade für Eva trägt er im Stil eines Rockmusikers vor. Im dritten Akt bewegt er sich in der Stube von Hans Sachs wie Loriot in „Das Bild hängt schief“ und macht alles kaputt, was er anfasst. Verbittert über seine Niederlage im Gesangswettbewerb lässt er die Luft aus der Kuh ab, die beinahe auf die versammelte Menge fällt, aber Sachs schließt rechtzeitig das Ventil. Sixtus gibt jedoch nicht auf, und als die letzten Akkorde der Oper erklingen, diskutiert er immer noch mit Sachs und wedelt ihm mit der Aufzeichnung des Wettbewerbsliedes vor der Nase herum.
Daniele Gatti dirigiert die Oper fließend, ohne Pomp und Prunk. Selbst die Marschpassagen im punktierten Rhythmus klingen unter seiner Leitung tänzerisch, fast frivol. Das „Motiv der Resignation“ zu Beginn des dritten Aktes, wenn Hans Sachs in seiner Werkstatt traurigen Gedanken nachhängt, ist ein einziges großes Legatissimo.
Einige haben die Kompetenz des Regisseurs von vornherein infrage gestellt, nur weil er hauptsächlich Musicals inszeniert. Das ist nicht ganz richtig, denn Davids hat auch Erfahrung im Opernbereich. Übrigens, muss man Wagner – besonders diese Oper – immer auf „hohen Sohlen“ inszenieren? Ich habe noch nie so viel gelacht wie bei dieser Produktion von „Die Meistersinger…“ und bin dafür dem Regisseur, dem Dirigenten und allen Mitwirkenden dankbar.
Ich stelle mir vor, wie zwischen diesen kritischen Zeilen Reb Tevje aus „Anatevka“, mit mahnend erhobenem Zeigefinger und dem Ausruf: „Tradition?!“ auftaucht. Wie in der in „Die Meistersinger von Nürnberg“ erzählten Geschichte soll man bei den heutigen Wagner-Inszenierungen einen Mittelweg zwischen Tradition und Moderne finden. Meiner Meinung nach ist dies Matthias Davids gelungen.
Jolanta Łada-Zielke, 12. August 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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