CD-Besprechung:
Gaetano Donizetti
Lucia di Lammermoor
Lisette Oropesa
Stefan Pop
Mattia Olivieri
Orchester und Chor des Teatro Massimo Bellini
di Catania
Fabrizio Maria Carminati
San Francisco Classical Recording 2011175
von Peter Sommeregger
Wenn ein Plattenlabel eine neue Gesamtaufnahme dieser populären Oper Donizettis plant, steckt zumeist ein neuer Stern am Sopranistinnen-Himmel dahinter. So ist es auch diesmal: die US-amerikanische Sopranistin mit kubanischen Wurzeln, Lisette Oropesa, hat sich in den letzten Jahren zielstrebig in die erste Reihe der Koloratursoprane gesungen, und wird auch zu inzwischen selten gewordenen Studioaufnahmen kompletter Opern herangezogen. Nach Verdis „La Traviata“ und Bellinis „Puritani“ ist diese Lucia bereits die dritte Einspielung für das Label San Francisco Classical Recording.
Als Partner stellte man ihr diesmal den rumänischen Tenor Stefan Pop zur Seite, mit dem man sie gerade auch live in Berlin erleben konnte. Dort, wie auch in der Lucia-Aufnahme erweist sich diese Paarung als optimal.
Pops kräftiger Spinto-Tenor mit solider Grundierung, großem Volumen und ansprechendem Timbre verbindet sich in den gemeinsamen Szenen hervorragend mit Oropesas warmem, fraulichen Sopran, dessen Timbre man am besten mit dem altmodischen Begriff „Liebreiz“ beschreibt. Sie kann das dramatische Schicksal der um ihr Glück betrogenen jungen Frau glaubwürdig vermitteln, er die Seelenpein des ebenfalls hinters Licht geführten Liebenden Edgardo.
Lucias intriganter Bruder Enrico findet in Mattia Olivieri einen dem Liebespaar stimmlich ebenbürtigen Partner. Auch seine Stimme passt hervorragend zu den beiden Hauptfiguren, zu dritt bilden sie ein Spitzenensemble, mit dem die Sänger der kleinen Partien nicht ganz mithalten können.
Das Kernstück der Oper, die Wahnsinns-Szene Lucias, gelingt Oropesa bravourös, sie fügt den halsbrecherischen Koloraturen noch einige selten gehörte Verzierungen hinzu. Ihre Stimme hat eine intensive Strahlkraft, vielleicht reift da bereits eine zukünftige Norma und Troubadour-Leonora heran. Auch Stefan Pops Tenor zeigt deutliches Entwicklungspotential in Richtung Manrico und Alvaro.
Das Orchestra del Teatro Massimo Bellini di Catania und sein Chor werden von Fabrizio Maria Carminati kompetent geleitet, ein wenig mehr Temperament und Spannung hätte der Einspielung allerdings gut getan. Die Aufnahmetechnik der im August 2024 in Catania entstandenen Einspielung platziert die Sänger deutlich vorne, der Orchesterklang wird dadurch etwas in den Hintergrund gedrängt, aber das sind Einwände, die den insgesamt sehr guten Eindruck der Produktion nicht wirklich trüben können.
Die emotionale Musik Donizettis kann sich mit solchen Spitzeninterpreten voll entfalten, man wünscht sich noch viele Einspielungen mit diesen hervorragenden Sängern!
Peter Sommeregger, 4. November 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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