Das Wertinger OPERNGLAS-Plagiat, Teil 1

Analyse: DAS Wertinger OPERNGLAS-Plagiat, Teil 1  klassik-begeistert.de, 30. September 2024

Guttenberg lässt grüßen: Die Kaufzeitschrift DAS OPERNGLAS hat in der September-Ausgabe einen Beitrag über die Wertinger Festspiele 2024 veröffentlicht. Der Autor hat seinen Text zu 83 Prozent aus einem klassik-begeistert-Beitrag entnommen und die Autorenschaft nicht kenntlich gemacht. Eine Analyse.

Schüler vor der Tafel © Andrei Shumskiy

von Jörn Schmidt

Patrik Klein ist klassik-begeistert. Und vor allem: Ein Vollblut-Autor. Das muss hier mal gesagt werden, denn die Qualitätsmedien (Print) ordnen Blogger gerne mal als Influencer ein, die ohne Recherche und musiktheoretisches Knowhow schnell mal was raushauen. Manchmal ist es aber genau anders herum, darüber berichte ich heute und morgen am Beispiel der Wertinger Festspiele 2024. Als Würdigung von Patriks Arbeit und als Plädoyer für sorgfältige journalistische Arbeit. Denn ein anderer Autor hat ebenfalls aus Wertingen berichtet. Der Artikel ist mindestens genau so gut. Allein, der Beitrag besteht zu 83 Prozent aus Patriks  Worten…

Patrik hat sich als Blogger über die Jahre ein großes Künstler-Netzwerk aufgebaut. So kam es, dass mein Kollege diesen Sommer nicht zu den Bayreuther Festspielen gepilgert ist, sondern sich im schönen Wertingen eine Ferienwohnung gesucht hat. Übrigens auf eigene Kosten, einschließlich An- und Abreise sind für zehn Tage in Wertingen etwa 1.500 EUR aufgelaufen. Sie können nun sagen, das war eben sein Privatvergnügen, jeder muss wissen, wofür er sein Geld ausgibt. Aber im Grunde hat Patrik den Aufwand auch für Sie getrieben, liebe Leser.

© Patrik Klein

Also wieso gerade Wertingen, statt sich im Glanz von Bayreuth zu sonnen? Weil Patrik mit  den das Festival treibenden jungen Künstlern Annika Egert und Daniel Schliewa bekannt und ein Trüffelhund (das klingt besser als Trüffelschwein, finde ich)  ist. Die beiden hatten ihn vor einem Jahr auf Wertingen aufmerksam gemacht.

Und weil auch Patrik nicht wusste, wo dieser kleine Ort liegt, war sein journalistischer Spürsinn geweckt. Wie kann es sein, dass dort ein Musikfestival stattfindet, das weithin unbekannt ist und sogar Top Stars der Szene wie Camilla Nylund und ihren Ehemann Anton Saris in die bayerische Provinz (wertfrei formuliert: in den  nordschwäbischen Landkreis Dillingen an der Donau) lockt?

Patriks aufwändige journalistische Arbeit begann übrigens bereits im Vorfeld des Festspiele, als Daniel Schliewa Patrik das Programm vorab zukommen ließ. Und weil das Programm nur so von musikalischen Highlights strotzte und viele ihm bekannte Künstler eingeladen waren, wollte Patrik seine Vorfreude teilen. Ein Problem mit Konzertkritiken ist ja, dass man sie liest und denkt: Wie blöd, hätte ich das gewusst, ich wäre auch nach Wertingen gefahren statt nach Bayreuth… Einige Monate vor dem Festival hat Patrik daher bei klassik-begeistert ein Interview mit Manuela Uhl und Burckhard Fritz veröffentlicht. klassik-begeistert-Leser haben also frühzeitig zu den informierten Kreisen gezählt.

Manuela Uhl ©

Darüber hinaus führte mein Kollege mit den Künstlern Hintergrundgespräche, ein solcher Austausch hebt die Qualität der Beiträge nochmals ungemein. Im Ergebnis entstanden binnen sieben Abenden zwei Artikel für klassik-begeistert. Geschrieben in dem für Patrik typischen  Stil. In der Sprache der Anwälte  lässt sich seine Schreibe so beschreiben: „Herr Klein schreibt […] ausführlich und originell über die Wertinger Festspiele, insbesondere zu ihrem Programm, der Ausführung sowie den Reaktionen des Publikums und lässt hierbei seine individuellen Erlebnisse miteinfließen.“

Das, also das Juristische, wird später noch wichtig.

Die beiden Artikel über die Wertinger Festspiele waren übrigens ein voller Erfolg. Sie wurden mehrere hundertmal in den sozialen Medien geteilt, hatten bei klassik-begeistert tausende Klicks und erfreuen sich nicht nur beim Veranstalter hoher Beliebtheit. Akribische Arbeit zahlt sich eben auch aus. Mit journalistischem Erfolg, aber eben auch mit ideellem Gewinn und einer tollen Zeit. „Genau das ist für mich das Salz in der Suppe, nicht nur musikalische Besonderheiten zu genießen, sondern auch die Beteiligten zu treffen und sich auszutauschen“, hat mir Patrik über seine Zeit in Wertingen erzählt.

Vlnr: Daniel Schliewa, Camilla Nylund, Anton Saris, Annika Egert, Jobst Schneiderat – Stars in Wertingen; Foto © Patrik Klein

Leider war die Freude nicht lange ungetrübt. Ein Kumpel rief Patrik an, der liest DAS OPERNGLAS (im folgenden auch „OGLAS“). Das ist eine renommierte  deutschsprachige, 1980 gegründete Opernzeitschrift, Verlagsort Hamburg, am Kiosk  finden Sie die  Exemplare in fünfstelliger Auflage. Man kann seinem Kumpel natürlich nachsehen, dass der fremdliest und dafür auch noch 11,50 EUR hinblättert. Das passiert schon mal, und in diesem Falle war das schlussendlich eine glückliche Fügung. Denn was der Leser berichten konnte, hatte es in sich.

 

Ein OGLAS-Mitarbeiter hat gleich mehrere Abschnitte von Patriks  Artikel für klassik-begeistert fast identisch, mit wenigen Änderungen, übernommen. Sie können das in der September-Ausgabe (9/24) von OGLAS nachlesen. Der betreffende Artikel weist den Titel „Wertinger Festspiele“ auf und befindet sich auf Seite 55. Aus dem OGLAS-Online-Auftritt ist der Beitrag zwischenzeitlich entfernt worden.

Patrik fand das nicht gut: Mir  blieb fast das Herz stehen. So viel Zeit, Geld und Arbeit hatte ich da reingesteckt, und dieses Blatt macht mit meiner Arbeit Kohle. Ich war entsetzt und einfach nur traurig.  Wie der Herausgeber von klassik-begeistert mit der Urheberrechtsverletzung umgegangen ist und was sich aus der Geschichte lernen lässt, das lesen Sie morgen (1. Oktober 2024) hier auf klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at.

Einer der OPERNGLAS Herausgeber hat zwischenzeitlich seine Bestürzung geäußert, dass ein im OPERNGLAS veröffentlichter Text teilweise auf eine Rezension eines verlagsfremden Autoren zurückgreife. Man bedauere das außerordentlich und versichere, dass dies nicht dem eigenen Anspruch entspreche. Der Vorgang werde intern geklärt.

Jörn Schmidt, 30. September 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Teil 2 erscheint am Dienstag, 1. Oktober 2024, hier bei
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Analyse: DAS Wertinger OPERNGLAS-Plagiat, Teil 2 klassik-begeistert.at, 1. Oktober 2024

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert