© SF / Marco Borrelli
Also wieder mal ein denkwürdiges Konzert mit dem „Kapellmeister“ (die Bezeichnung wird von ihm gewünscht) und dem Wiener Meisterorchester. Das Publikum dankte mit frenetischen Applaus; der Dirigent wurde auch noch nach Abgang des Orchesters einige Male aufs Podium geholt.
Anton Bruckner
Symphonie Nr. 8 in c-moll (Fassung 1887/90, erstellt von Robert Haas)
Wiener Philharmoniker
Christian Thielemann, Dirigent
Musikverein Wien (Konzert der Gesellschaft der Musikfreunde), 25. Februar 2023
von Herbert Hiess
Maestro Thielemann hat mit diesem Konzert und dieser Symphonie von Anton Bruckner eine schwere Hypothek zu bewältigen. Gerade im Musikverein und mit den Wiener Philharmonikern haben Pultlegenden wie Herbert von Karajan, Sir Georg Solti, Carlo Maria Giulini, Bernard Haitink usw. dieses Werk einprägsam dirigiert; heute sind noch die Konzerte mit Karajan und Giulini in absolut aktueller Erinnerung.
Außerdem führen die Philharmoniker mit Thielemann dieses Werk in der traditionellen „Philharmoniker-Woche“ in New York auf. Dieses Konzertereignis wurde 1989 vom Orchester ins Leben gerufen, wo Herbert von Karajan auch diese Bruckner-Symphonie dirigierte. Und zwar so, dass man heute noch davon spricht und dieses Konzert als Legende einstuft.
Nun, 2023, bildet diese Symphonie auch eines der drei Konzertprogramme unter Thielemann. Und im jetzigen Konzert im Musikverein bewies der Stardirigent, dass er bald an seinen Mentor und Lehrmeister Karajan anschließen kann.
Dieses Konzert bildete den Abschluss der drei Programme, die jetzt auch in Wien gespielt wurden. Hier hat der deutsche Dirigent bewiesen, dass er vor allem im deutsch-romantischen Genre heute unangefochten an der Spitze steht – da wird auch schmerzlich bewusst, wie schlecht es heute an der „Weltspitze“ aussieht. Die wirklichen Stars sind schon im fortgeschrittenen Alter – Thielemann gehört da natürlich dazu.
Alle vier Sätze waren ereignishaft; Thielemann und das Orchester bilden mittlerweile eine künstlerische Symbiose, die ihresgleichen sucht. Auf wenige Fingerzeige reagieren die Musiker; der Dirigent dirigiert mittlerweile schon mehr mit den Augen als mit den Händen. Weltspitze natürlich die Musiker; angefangen von den wie immer wunderbaren Streichern als auch das exzellente Blech und die Holzbläser. Großartig auch das Schlagwert; gut, dass auch in diesem Konzert einige Paukenstellen (Durchführung im ersten Satz und Finaltakte im letzten Satz) mit zwei Paukisten gespielt werden. Die Wiener Pauke verträgt das; zwei Paukisten bedeuten ja nicht, dass es lauter wird, sondern vor allem, dass der Klang voller wird.
Also wieder mal ein denkwürdiges Konzert mit dem „Kapellmeister“ (die Bezeichnung wird von ihm gewünscht) und dem Wiener Meisterorchester. Das Publikum dankte mit frenetischem Applaus; der Dirigent wurde auch noch nach Abgang des Orchesters einige Male aufs Podium geholt.
Ein solches Konzert mit einem solchen Erfolg schreit nach einer baldigen Wiederholung. Die Veranstalter werden das schon zu nutzen wissen; Dresden und Salzburg sind zu bedauern, dass sie einen solchen Musiker wie Thielemann einfach vor die Tür gesetzt haben – das werden sie irgendwann mal mehr als bereuen!
Herbert Hiess, 26. Februar 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at