Dvořáks "Stabat Mater" beeindruckt ganz ohne Orchester

Antonín Dvořák, Stabat Mater, Chor des Bayerischen Rundfunks, Howard Arman  CD-Besprechung

CD-Besprechung: Antonín Dvořák, Stabat Mater

BR Klassik 900526

Chor des Bayerischen Rundfunks
Howard Arman

Sopran: Julia Kleiter
Alt: Gerhild Romberger
Tenor: Dmitry Korchak
Bass: Tareq Nazmi

Klavier: Julius Drake

von Peter Sommeregger

Trotz seinem nicht zu leugnenden aber aus dem Kontext seiner Entstehungsgeschichte resultierenden Schwermut ist dieses Werk des tschechischen Komponisten eines seiner erfolgreichsten.

Geschrieben noch ganz unter dem Eindruck des Verlustes einer Tochter im Säuglingsalter findet Dvořák im ersten Satz des Werkes zu einer bewegenden Schilderung des Leidens der Mutter Jesu. Im zweiten Satz setzt das Solistenquartett ein, die düstere Grundstimmung bleibt bestehen. In den folgenden Sätzen wechselt die Besetzung, manchmal treten Solisten einzeln hervor, dann wieder das komplette Solistenquartett, vereinzelt sogar nur der Chor a Capella.

Dvořák vermeidet in diesem Werk alle sonst bei ihm häufig zu findenden Anklänge an böhmische Folklore, auch hebt er sich deutlich von den Mustern katholischer Sakralmusik ab. Auch in diesem Werk geht er seinen eigenen, individuellen Weg.

Die für diese Einspielung gewählte Besetzung weicht von der üblichen in einem wesentlichen Punkt ab: Statt eines vollen Orchesters übernimmt das Klavier die Begleitung von Chor und Solisten. Das verändert natürlich den Gesamteindruck ganz wesentlich, hat aber seinen besonderen Reiz. Die Musik wirkt intimer, introvertierter und gibt Chor und Solisten ein schärferes Profil.

Der Klavierpart wird von Julius Drake höchst einfühlsam ausgeführt, ihm kommt die Aufgabe zu, das fehlende Orchester nicht vermissen zu lassen, was ihm auch vorzüglich gelingt.

Eine Klasse für sich ist der vorzügliche Chor des Bayerischen Rundfunks, einstudiert und dirigiert von Howard Arman.

Das Solistenquartett ist vorzüglich aufeinander abgestimmt, dadurch ist auch die erforderliche Harmonie und der Einklang der Stimmen gewährleistet. Julia Kleiter setzt ihren klaren, schlackenlosen Sopran wohltönend ein. Die Altistin Gerhild Romberger ist in den letzten Jahren so etwas wie der Star unter den reinen Konzertsängerinnen geworden und beweist mit jeder gesungenen Phrase, warum. Der Tenor Dmitry Korchak und der Bass Tareq Nazmi mischen ihre Stimmen höchst professionell mit denen der Frauen.

Beeindruckend insgesamt die Homogenität des Klangbildes dieser Aufnahme. Sie stellt eine interessante Alternative zu den zumeist mit vollem Orchester besetzten Aufnahmen dar.

Peter Sommeregger, 5. August 2020, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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