Jakub Hrůša © Dieter Nagl
Antonín Dvořák
Stabat mater op.58
Corinne Winters Sopran
Marvic Monreal Mezzosopran
David Butt Philip Tenor
Matthew Rose Bass
Rundfunkchor Berlin
Jakub Hrůša Dirigent
Philharmonie Berlin, 12. Oktober 2023
von Peter Sommeregger
Am Anfang dieses Konzertabends stand die Bitte an das Publikum, sich im Gedenken an die Opfer der Anschläge in Israel zu einer Schweigeminute zu erheben. Die ernste Stimmung im Saal fand in der Aufführung von Dvořáks geistlichem Oratorium ihre Entsprechung, aber die in dieser Musik ebenso zum Ausdruck kommende Tröstung und Hinwendung zur Erlösung konnte man dankbar annehmen.
Jakub Hrůša, am Pult der Berliner Philharmoniker hoch geschätzt und regelmäßig zu erleben, hat diesmal Musik aus seiner böhmischen Heimat mitgebracht. Dvořáks Stabat mater ist keine leichte Kost, geschrieben Ende der 1870er Jahre und bestimmt nicht unbeeinflusst vom Tod dreier Kinder des Komponisten, wird darin die tiefe Verwurzelung im Katholizismus seines Schöpfers hörbar. Klage und Trauer stehen im Vordergrund, aber gegen das Ende hin erwachsen daraus hoffnungsvolle Passagen, die Musik beginnt zu leuchten, das Tal der Tränen ist durchschritten.
Für die vier anspruchsvollen Solopartien standen Sänger der Extraklasse zur Verfügung. Corinne Winters, mit leicht erdigem Timbre, setzte das ganze Spektrum ihres Parts inklusive schwebender hoher Passagen souverän um, ihr ebenbürtig die Mezzosopranistin Marvic Monreal, ein Neuling in der Klassikszene, aber souverän in der Auslotung ihrer Gesangslinie. David Butt Philip gelang es, seinen Part, der zwischen Heldentenor und lyrischen Passagen wechselt, sowohl mit der erforderlichen Strahlkraft, als auch der Rücknahme zu leiseren Tönen souverän und eindrucksvoll zu gestalten. Matthew Roses groß und üppig dimensionierter Bass wirkte wie ein vokales Ausrufungszeichen, sein schönes Timbre rundet das Solistenquartett perfekt ab.
Großartig auch die Leistung des Rundfunkchores Berlin, der mit Hingabe und äußerster Präzision agierte und so dem gewaltigen Werk mehr als gerecht wurde. Dem Programmheft konnte man entnehmen, dass die Berliner Philharmoniker dieses Werk seit über 40 Jahren nicht mehr aufgeführt haben, schwer nachvollziehbar, bei der offenkundigen Qualität und Wirkung dieser Musik.
An diesem Abend schien es das perfekt in die allgemein aufgewühlte Stimmung passende Musikstück zu sein, obwohl Programm und Termin dieses Konzertes natürlich schon lange im Vorfeld geplant waren. Immer wieder erweist es sich, dass die Musik Antworten auf die elementaren Gefühle der Menschen bereithält und Trost bietet, wenn man ihn nur annehmen will. Erfreut konnte man registrieren, dass am Ende bei aller Intensität des Applauses und dem verdienten Jubel für alle Beteiligten das schon üblich gewordene Johlen und Pfeifen ausblieb. Ein großer Abend!
Peter Sommeregger, 13. Oktober 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Johann Sebastian Bach, Messe h-Moll BWV 232 Philharmonie Berlin, 13. September 2023