Il Trovatore 2024 © Brinkhoff/Mögenburg
Am 17. März 2024, zur Premiere von Giuseppe Verdis Il Trovatore an der Staatsoper Hamburg, habe ich noch nicht für klassik-begeistert geschrieben. Was ich erinnere: Best Man war seinerzeit der italienische Dirigent Giampaolo Bisanti. Der Rest war Frust. Ein indisponierter Tenor. Die weiteren Sänger eher uninspiriert. Die Regie hat es auch nicht rausgerissen. Im Gegenteil.
Il trovatore
Oper von Giuseppe Verdi
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Chor der Hamburgischen Staatsoper
Paolo Arrivabeni / Dirigent
Hamburgische Staatsoper, 5. April 2025
von Jörn Schmidt
Gestern, gut ein Jahr später ein anderes Bild. Erneut eine gelungene Wiederaufnahme. Die Sänger zum Beispiel, die waren einfach besser als am Abend der Premiere. Marco Berti war standhaft, was häufig mit Zurückhaltung in der Höhe erkauft wird. Berti hatte das nicht nötig, sein Manrico war mit hinreichend tenoralem Schmelz ausgestattet.
Mezzosopran Kristina Stanek wies stimmlich alle Mittel auf, um das Schicksal Azucenas höchst empathisch zu interpretieren. Das, also eine sichere Umsetzung des Rollenverständnisses, gelang ebenfalls Olga Peretyatko (Leonora). Das Quäntchen Lautstärke, das ihrem Sopran fehlt, macht ein Überangebot an Wärme vergessen. Wie ein Platz am Kamin fühlte sich das an.

George Petean (Luna) ist durch und durch Verdi-Bariton. Elegant, kräftig und leidenschaftlich. Paolo Arrivabeni muss also ein ziemlich glücklicher Dirigent gewesen sein. Kein Sänger, auf den es besonders Rücksicht zu nehmen galt.
Und mit dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg eine Truppe an der Hand, die bereit ist, jeden orchestralen Wunsch zu erfüllen. Arrivabeni nutzt die Gunst der Stunde und weigert sich, die Partitur auf Verdi-Humtata herunterzubrechen.
Statt dessen arbeitet Arrivabeni heraus, was jenseits von Schlager und Kitsch in der Partitur steckt. Bei Verdi führt das schnell zu Kritik. Es fehle dem Dirigat an italienischer Spritzigkeit und Feuer, heißt es dann.
Gerade beim Vedi! Le fosche notturne spoglie ist die Enttäuschung groß, wenn es nicht ordentlich scheppert. Im deutschen Fach, zuvörderst bei Richard Wagner, kann ein Dirigent dagegen viel Lob ernten, wenn die Emotionen gezügelt werden.
Wagner ohne Bombast und Kitsch, das lieben Rezensenten besonders. Dabei steht Verdi ein solcher kalkulierender Ansatz ebenfalls bestens. Zumal es Arrivabeni gelang, den Verdi-Klang zu entschlacken, ohne der Musik ihre Kraft und Wucht zu nehmen.
Ein weiteres Plus von Arrivabenis analytischem Dirigat war, dass die Melodien im Orchester von Spektakeln ungestört fließen und in berückenden Klangfarben schillern konnten. Wenn man so will sinfonisch und fast schon Wagner-like transzendental.
Während der designierte neue Chef Tobias Kratzer in den Startlöchern steht und die Aufmerksamkeit der Feuilletons auf sich zieht, beginnt der Blick zurück. Was bleibt von der Ära des scheidenden Intendanten Georges Delnon? Richtig spannend dürfte ein Vergleich werden, wenn Kratzer seine Arbeit aufgenommen hat.
Eine hervorragende Repertoirepflege möchte ich Delnon heute schon attestieren. Das Niveau der Wiederaufnahmen ist die letzten Jahre erfreulich gestiegen. Axel Kobers Turandot mit Catherine Foster und Rodrigo Porras Garulo möchte ich beispielhaft aus 2023 nennen.
Als Beispiel aus 2024 fällt mir sofort Leoš Janáčeks Oper Jenůfa ein, grandios dirigiert von Tomáš Netopil. Und die Italienischen Opernwochen 2025 haben bereits mit Puccinis La fanciulla del West begeistert. Selbst das Hamburger Abendblatt hat dazu einen Text veröffentlicht. Obwohl seit einiger Zeit sonst nur bei Premieren zur Stelle.
Auch wenn mir die Statistiken zur Auslastung des Hamburger Hauses nicht recht geben, hochkarätige Wiederaufnahmen sind ein Schlüssel, wieder mehr Publikum in die Opernhäuser zu locken. Dranbleiben!
Jörn Schmidt, 6. April 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Giuseppe Verdi, Il Trovatore Hamburgische Staatsoper, 27. März 2025
Giuseppe Verdi, Il Trovatore Hamburgische Staatsoper, 27. März 2025
Giuseppe Verdi, Il Trovatore Staatsoper Hamburg, 30. März 2024