Kirill Petrenko lädt zu Entdeckungen abseits des Mainstreams ein

Berliner Philharmoniker, Kirill Petrenko  Philharmonie Berlin, 13. Februar 2020 

Philharmonie Berlin, 13. Februar 2020
Berliner Philharmoniker
Kirill Petrenko  Dirigent
Foto: © Wilfried Hösl

Igor Strawinsky  Symphonie in drei Sätzen
Bernd Alois Zimmermann  Alagoana Caprichos Brasileiros
Sergej Rachmaninow  Symphonische Tänze op.45

von Peter Sommeregger

Schon zu Beginn seiner Amtszeit macht Kirill Petrenko deutlich, dass ihm für sein Orchester und speziell für die von ihm geleiteten Konzerte ein breit aufgestelltes Repertoire vorschwebt. In den letzten Monaten hat er einen breiten Bogen von Beethovens 9. Symphonie, seinem amerikanischen Broadway-Melodien gewidmeten Silvesterkonzert, der Asrael-Symphonie von Josef Suk und Mahlers monumentaler 6. Symphonie gespannt.

Petrenko, der seine Laufbahn als Opernkapellmeister begann, verdankt diesem Umstand wahrscheinlich seine Sicherheit in den verschiedensten  Stilen. In der Oper liegen ja teilweise Welten zwischen den aufgeführten Komponisten, Flexibilität ist da für den Dirigenten elementar wichtig und kommt ihm nun sehr zugute.

Im aktuellen Konzert konzentriert er sich auf Werke aus der Mitte des 20. Jahrhunderts, dass es sich dabei sämtlich um tänzerische Stücke handelt, mag vielleicht dem bevorstehenden Höhepunkt des Faschings geschuldet sein. Den Anfang macht Strawinskys Symphonie in drei Sätzen, ein sehr ansprechendes Stück, in dem der durchaus auch ökonomisch denkende Komponist Teile von nicht zu Ende gebrachten Projekten gleichsam recycelte. Erstaunlich, wie gut sich Fragmente eines nie vollendeten Klavierkonzertes mit Teilen der ebenfalls nicht fertig gestellten Filmmusik für die Verfilmung von Franz Werfels Roman „Das Lied von Bernadette“ verbinden lassen, und zu einer inspirierten Komposition verschmelzen.

Sehr reizvoll ist auch die Herangehensweise Bernd Alois Zimmermanns an die Motive der Brasilianischen Folklore, die er zu einer Ballettsuite verarbeitete. Der Komponist befindet sich da ganz bewusst in der Tradition eines Debussy , Chabriers , Bizets und Ravels. Raffiniert versteht er es, das verwendete musikalische Material in eine gemäßigt moderne Form und Instrumentation zu transformieren, die ihre Wirkung nicht verfehlt.

Philharmonie Berlin, © Schirmer

Den Abend beschließt Sergej Rachmaninows letztes vollendetes Orchesterwerk, die Symphonischen Tänze op.45.Das dreiteilige Werk enthält zahlreiche musikalische Zitate, Rimsky-Korsakow kann man da heraushören, ebenso ein Eigenzitat aus der bei der Uraufführung durchgefallener ersten Symphonie. Im mittleren, walzerseligen Teil finden sich mehrere Zitate aus Tschaikowskys Ballettmusiken. All dies verbindet sich erfreulich harmonisch zu einem Ganzen, und erzeugt auch beim Publikum gute Laune.

Dieses Konzertprogramm, das vielleicht sogar bewusst auf ein besonders populäres Werk verzichtet, scheint mir Petrenkos Vorstellungen seiner Programmgestaltung widerzuspiegeln. Nicht immer das Bekannte, Erwartbare und schon unzählige Male Gehörte, lieber nimmt er sein Orchester und das Publikum auf Entdeckungsreisen mit, die wie in diesem Fall zu interessanten Zielen führt.

Peter Sommeregger, 14. Februar 2020, für
klassik-begeistert.de, klassik-begeistert.at und klassik-begeistert.ch

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