Mit etwas mehr Pomp und weniger klassischem Können könnte es sich auch um eine Show in Las Vegas gehandelt haben

Black Sabbath – The Ballet, Gastspiel Birmingham Ballet (Direktor Carlos Acosta)  Staatsoper Hamburg, 9. Juli 2024

Das Birminghamer Black Sabbath-Ensemble mit dem Dirigenten Paul Murphy (gleich rechts hinter dem Blumenstrauß) und dem Ballettdirektor Jona Acosta (rechts davon mit der dunkelblauen Jacke). Bei dem Hintergrund handelt es sich nicht um die Bühnendekoration, sondern um das (bei schräger Sicht aus der Loge) am rechten Bühnenrand aufgebaute Gewirr von Scheinwerfern (Foto: RW)

Die musikalische Darbietung fand ich bemerkenswert, vor allem im ersten Teil. Wenn man einen guten Platz in der Mitte des Parketts hat, beeindruckt wohl auch die Bühne. Und in Las Vegas könnte die Birminghamer Truppe mit Black Sabbath – The Ballet in der riesigen Sphere wohl über Monate ein begeistertes Publikum zufriedenstellen.

Das Birmingham Royal Ballett mit dem Stück Black Sabbath – The Ballet bei den 49. Hamburger Ballett-Tagen

Black Sabbath – The Ballet
Gastspiel Birmingham Ballet (Direktor Carlos Acosta)

49. Hamburger Ballett-Tage am 9. Juli 2024

Originalmusik: Black Sabbath

Choreographie: 1. Akt (Heavy Metal Ballet) Raúl Reinoso, 2. Akt (The Band) Cassi Abranches, 3. Akt (Everybody is a Fan) Pontus Lidberg

Designer: Alexandre Arrechea

Royal Ballet Sinfonia, musikalische Leitung Paul Murphy

Staatsoper Hamburg, 9. Juli 2024

von Dr. Ralf Wegner

Der Blick in den Orchestergraben war interessanter als das Bühnengeschehen. Das lag auch an den direkt vor der ersten Loge im ersten Rang aufgebauten mächtigen Lautsprechern, denn damit waren aus der Loge große Teile des linksseitigen Geschehens nicht mehr einsehbar. Außerdem wagten sich die Tänzerinnen und Tänzer kaum nach vorn zur Bühnenrampe hin, sondern tanzten weitgehend im Hintergrund. Eigentlich hätte der Einrichter des Stücks sich auf die Hamburger Gegebenheiten mit zahlreichen, bis nach vorn zum Bühnenrand reichenden, sehr seitlich gelegenen Logen anpassen sollen.

Eine Nachbarin bemerkte am Ende, es hätte ihr gut gefallen, man habe sich wieder jung gefühlt; das wäre aber wohl auch nach einer entsprechenden Las Vegas-Revue oder einem Discobesuch der Fall gewesen. Auch das Wort Disney fiel, das bezog sich wohl auf die silbrige, gehörnte und geflügelte Satansfigur, die wie ein Surfer auf einem um 180 Grad gedrehten PKW ritt und im dritten Teil von den Tänzerinnen und Tänzern immer wieder über die Bühne geschoben wurde.

Die Bläsergruppe mit den Posaunisten Andrew White und Ed Hilton sowie der Harfenistin Elin Samuel, die, wie auch andere Musiker, hinter dem Kopf durch einen durchsichtigen Akustikschirm vor den Emissionen der Bläser zumindest etwas geschützt werden (Foto: RW)

An einem filmischen Duktus ist etwas dran. Es begann mit zahlreichen Spotscheinwerfern, die vom Bühnenhimmel her ihre gebündelten Lichtstrahlen über den Bühnenboden rotieren ließen. So etwas gab es vor wenigen Tage im Fernsehen zu sehen. Tom Cruise will mit seinen Kindern eine Fähre erreichen, als sich von hinten von den Bergen herab außerirdische Tripoden nähern und alles zerstören, was ihnen in den Weg kommt (Steven Spielberg: Krieg der Welten, 2005). Dazu dröhnen im Film die Bässe, als ob die Queen Mary 2 elbabwärts fahrend ihr tiefes Horn ertönen lässt. Und tief, ganz im unteren Frequenzbereich, setzt dazu auch das offensichtlich elektronisch verstärkte Orchester ein.

Eigentlich habe ich noch nie so tiefe, durchdringende Töne von den Posaunen gehört (Andrew White und Ed Hilton). Zu den tiefen, fast stakkatohaften Bassrhythmen setzten die Tänzer ein. Was zeigten sie? Sie bewegten sich synchron zur Musik, mal allein, zu zweit oder in Gruppen. Das änderte sich auch den ganzen Abend über nicht. Immer wieder wurde auch klassisches Ballett-Vokabular eingebracht, denn immerhin handelt es sich ja um Tänzerinnen und Tänzer, die sonst beim Birmingham Royal Ballet in mehr dem klassischen Repertoire zuzuordnenden Balletten tanzen wir La Fille mal gardée, Nussknacker oder Cinderella. Im ersten und dritten Akt wurde auch noch ein Gitarrist (Marc Hayward) und im zweiten ein Sänger (Lachlan Monaghan) eingesetzt.

Am Ende bewegte sich das gesamt Ensemble fröhlich tanzend auf der Bühne. Das Publikum übte sich im rhythmischen Mitklatschen und wäre wohl am liebsten auf die Bühne gestürmt. Aber so etwas schickt sich in der ehrwürdigen Hamburgischen Staatsoper eher nicht.

Das enthusiasmierte Publikum erklatschte sich am Ende sogar noch einen Extra-Vorhang. Die wegen der lauten, elektronisch verstärkten Musik vorher ausgegebenen Ohrstöpsel setzte ich erst zum ausartenden, dem Stück wohl adäquaten Beifallsgejohle ein. Während der musikalischen Darbietung war das nicht nötig, da die Stücke weitgehend frei von gehörschädigenden hochfrequenten Geräuschen blieben.

Aus dem dritten Teil: Everybody is a Fan (Foto: Johan Persson; Birmingham Royal Ballet)
  1. Mein Fazit: Die musikalische Darbietung fand ich bemerkenswert, vor allem im ersten Teil. Wenn man einen guten Platz in der Mitte des Parketts hat, beeindruckt wohl auch die Bühne, wie vorstehendes Bild zeigt. Und in Las Vegas könnte die Birminghamer Truppe mit Black Sabbath – The Ballet in der riesigen Sphere (einer 110 m hohen globusartig runden, völlig mit LEDs ausgeleuchteten Konzerthalle mit ca. 18.000 Sitzplätzen) wohl über Monate ein begeistertes Publikum zufriedenstellen.

Dr. Ralf Wegner, 10. Juli 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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