„Ein Muss nicht nur für spezielle Verehrer der Briefschreiber, es ist ein wichtiger Beitrag zur Kulturgeschichte jener Zeit.“
Buch-Rezension: Hugo von Hofmannsthal, Alfred Roller, Richard Strauss. „Mit dir keine Oper zu lang…“ Briefwechsel
Benevento Verlag
von Peter Sommeregger
Bei der kulturgeschichtlichen Bedeutung, die man zweifellos allen dreien dieser Briefschreiber zugestehen muss, verwundert es, dass die Veröffentlichung dieser hoch interessanten Briefe erst viele Jahrzehnte nach deren Tod erfolgt. Der Briefwechsel Strauss-von Hofmannsthal liegt schließlich seit fast siebzig Jahren vor. Umso dankbarer ist man, mit dieser musterhaft sorgfältigen Edition einen wichtigen Lückenschluss der Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte der Strauss-Opern in Händen zu halten. Alfred Roller hatte sich bereits während der Direktionszeit Gustav Mahlers als kongenialer Partner beim Bestreben, eine Opernreform auf den Weg zu bringen, profiliert. Sein gestalterischer Anteil an Inszenierungen ging jeweils deutlich über die Bühnenbilder und Kostüme hinaus.
Die Herausgeberinnen, Dr. Christiane Mühlegger-Henhapel und Prof. Dr. Ursula Renner, haben in akribischer, jahrelanger Arbeit ein bemerkenswertes Resultat erzielt. Sämtliche bisher bekannten Briefe, Postkarten und Telegramme, die zwischen Roller und Strauss, sowie Hofmannsthal und Roller gewechselt wurden, sind in dem Band enthalten, ergänzend dazu auch in inhaltlichem Zusammenhang stehende Briefe von und an die jeweiligen Ehefrauen.
Ein wesentlicher Teil der Briefe an Alfred Roller befindet sich im Wiener Theatermuseum, die Briefe an Hofmannsthal im Freien Deutschen Hochstift in Frankfurt am Main, jene an Strauss im Richard-Strauss-Archiv in Garmisch. In einem ausführlichen editorischen Bericht erläutern die Herausgeberinnen ihre Vorgehensweise, die zum Teil noch über wissenschaftliche Standards hinausgeht und dem interessierten Leser die Inhalte perfekt aufbereitet präsentiert.
Was dieses opulent ausgestattete Buch darüber hinaus so wertvoll macht, ist die Fülle von Abbildungen, die auf Farbtafeln eine große Zahl von Rollers Bühnenbildentwürfen und Figurinen enthält, darüber hinaus Fotos der drei Künstler und ihrer Familien. Ein Großteil des Bildmaterials stammt aus der umfangreichen Sammlung des Wiener Theatermuseums. Im Anhang findet sich noch eine mit Fotos illustrierte Chronik, welche die zeitlichen Abläufe der Beziehung zwischen den drei Briefschreibern im Überblick wiedergibt.
Die Anordnung der Briefe erfolgte chronologisch, sie sind durchgehend nummeriert. Die originale Orthografie der Dokumente wurde übernommen, ebenso abweichende Schreibweisen von Namen, etc. Besonders hilfreich für den Benutzer sind die jedem Brief hinzugefügten Hinweise zu Personen, Ereignissen und Begriffen, die zum Verständnis wesentlich beitragen. Dass diese Hinweise unmittelbar im Anschluss an das jeweilige Dokument abgedruckt werden, erleichtert die Benutzung des Buches ungemein. Ein mühsames Hin- und Herblättern bleibt dem Leser erspart.
Den Wert dieser Publikation sowohl für die Wissenschaft, als auch für den großen Kreis von interessierten Laien kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Hier hat man es mit einer gewichtigen Publikation zu tun, die über den Inhalt hinaus auch noch ansprechend gestaltet ist. Ein Muss nicht nur für spezielle Verehrer der Briefschreiber, es ist ein wichtiger Beitrag zur Kulturgeschichte jener Zeit.
Peter Sommeregger, 18. Juli 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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