Reto Weiler (Hrsg.)
»Den Ring muss ich haben«
Multiperspektivische Annäherung an Richard Wagners
Ring des Nibelungen
218 Seiten
ISBN: 978-3-8260-7630-5
Verlag Königshausen & Neumann
von Axel Wuttke
Der im Februar 2017 begonnene und 2019 vollendete Ring am Oldenburgischen Staatstheater konnte erst, Corona-bedingt, 2022 in drei Zyklen komplett aufgeführt werden. Die von Publikum und Kritik bejubelte Inszenierung von Paul Esterhazy war der erste vollständige Ring in Oldenburg, vorherige Produktionen konnten aus unterschiedlichen Gründen nicht zu Ende geführt werden.
Anfang 2024 gab es noch drei Aufführungen der Walküre, ich habe für Klassik begeistert darüber berichtet, sozusagen als letzte Möglichkeit, sich von diesem für Oldenburg so wichtigen und überregional mit begeisterter Anteilnahme aufgenommenem Ring zu verabschieden.
Es ist Prof. Dr. Reto Weiler, dem Freundeskreis des Oldenburgischen Staatstheaters und letztendlich dem Oldenburgischen Staatstheater nicht hoch genug anzurechnen, dass die 2022 gespielten Ring-Zyklen von einer großen Vortragsreihe begleitet wurden. Doch ging es hier natürlich nicht, wie der Titel vorgibt, um das „Haben“, sondern, wie der Hausgeber im Vorwort sagt, um das „Verstehen“ des Ring des Nibelungen.
Besonders auffallend ist die große Bandbreite der Themenauswahl und der verschiedenen Blickwinkel, mit dem die Autorinnen und Autoren auf den Ring des Nibelungen, Richard Wagner, aber auch auf andere Werke eingehen und viele neue Gedankenansätze, wissenschaftliche Erkenntnisse und Interpretationsideen aufzeigen.
Dankenswerter Weise wurden die Manuskripte von den Autorinnen und Autoren für eine Veröffentlichung zu Verfügung gestellt und, herausgegeben und mit einem Vorwort versehen von Prof. Dr. Reto Weiler, beim Verlag Königshausen & Neumann in einem hochwertigen Buch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Stellvertretend für alle anderen seien hier sowohl Betrachtungen bzgl. der ständigen Angst Wagners vor den Juden als größtem Feind von Dr. Ulrich Drüner, als auch neuropsychologische Erörterung über das emotionale und körperliche Empfinden beim Hören Wagnerscher Musik von Prof. Dr. Eckart Altenmüller, angeführt.
Weiterhin spannt sich der Bogen über Kostümgestaltung, Machstrukturen, das Innenleben der Figuren und dem bei Wagner immer wieder stattfindenden Geschlechterkampf.
Natürlich darf auch in dieser Sammlung ein Beitrag von Dr. Sven Friedrich, dem Leiter des Richard-Wagner-Museum und Nationalarchiv in Bayreuth, nicht fehlen. Sein Vortrag gilt den Ring-Inszenierungen in Bayreuth von 1951 bis zum Castorf-Ring von 2017.
Die Beiträge des Regisseurs Paul Esterhazy zur Inszenierung am Oldenburgischen Staatstheater und der Dramaturgin Stephanie Twiehaus runden diesen äußerst interessanten, anregenden und neuen Gedankenansätze vermittelnden Beitrags-Reigen ab.
Und so sei dieses Buch nicht nur denjenigen, die den Oldenburger Ring gesehen haben und/oder die Vorträge besuchten, sondern auch allen, die sich mit Wagner, seinen Opern und auch darüber hinaus mit der Thematik beschäftigen möchten, ganz besonders ans Herz gelegt.
Die Vielfälligkeit der Themen regt zum Reflektieren der eigenen Erfahrungen und Meinungen an. Den nächsten Ring, wo auch immer man ihn sieht oder hört, wird man sicherlich neu durchdenken.
Axel Wuttke, 17. Juli 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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