Kirill Petrenko ist ein Glücksfall für Berlin

Berliner Philharmoniker © Monika Rittershaus

Auch wegen des Repertoires bleibt es in Berlin spannend: Ein Abend in Frankfurt mit den Berliner Philharmonikern und zwei komplexen Werken der Spätromantik, die transparenter nicht klingen könnten

Max Reger (1873-1916) – Variationen und Fuge für Orchester über ein Thema von Mozart op. 132 (1914)

Richard Strauss (1864-1949) – Ein Heldenleben op. 40. Tondichtung für großes Orchester (1897/98)

Berliner Philharmoniker
Kirill Petrenko Leitung

Frankfurt, Alte Oper, 7. November 2023

von Brian Cooper, Bonn

Auf den Tag genau ein Jahr nach ihrem begeisternden Mahler spielen die Berliner Philharmoniker wieder unter Chefdirigent Kirill Petrenko in Frankfurt. Wieder steht das Traditionsorchester am Vorabend einer Konzertreise: Diesmal geht es nach Südkorea und Japan. „Berliner Philharmoniker, Kirill Petrenko, Reger und Strauss
Frankfurt, Alte Oper, 7. November 2023“
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Die Wunderharfe aus Dresden malt in Frankfurt exquisite bayerische Alpenlandschaften

© Jörg Simanowski – Markenfotografie

„Über allen Gipfeln ist Ruh“ – aber dann bricht der Sturm los: Musik von Hindemith und Strauss in Vollendung. Umjubelter Auftritt der Sächsischen Staatskapelle Dresden unter Christian Thielemann in der Alten Oper in Frankfurt am Main.

Bei beiden Werken des Hauptprogramms dachte man: Schade, dass es schon vorbei ist. Besonders eindrücklich war die Stille im Publikum nach dem Ende der Alpensinfonie.

 Frankfurt, Alte Oper, 14. September 2023

Paul Hindemith (1895-1963) – Der Schwanendreher
Richard Strauss (1864-1949) – Eine Alpensinfonie op. 64

Antoine Tamestit, Viola
Sächsische Staatskapelle Dresden
Christian Thielemann, Dirigent

von Brian Cooper, Bonn

„In Alpennähe leichte Schauer“, erzählt der DLF-Wetterfrosch im Autoradio auf dem Weg zum Siegburger Bahnhof. Was mir angesichts des bevorstehenden Programms zur Saisoneröffnung in der Frankfurter Alten Oper ein kurzes Lachen abringt.

Christian Thielemann ist erwiesenermaßen einer der Strauss-Dirigenten unserer Tage. Und sämtliche Erwartungen an die Aufführung der Alpensinfonie – sicher eine der bedeutendsten Tondichtungen des gebürtigen Münchners – wurden hier erfüllt und übertroffen. Die Musikerinnen und Musiker der Sächsischen Staatskapelle Dresden, eines Orchesters, das Richard Wagner als seine „Wunderharfe“ bezeichnete und das in diesen Tagen seinen 475. Geburtstag feiert, waren großartig aufgelegt. „Sächsische Staatskapelle Dresden, Thielemann
Alte Oper, Frankfurt, 14. September 2023“
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Christian Thielemann und die Wiener Philharmoniker weben in der Alten Oper einen luxuriösen Klangteppich

Foto: © Alte Oper Frankfurt, Tibor-Florestan Pluto

Zum drin Versinken: Das romantische Programm mit Mendelssohn und Brahms wird zum exquisiten Ereignis.

Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847) – Konzertouvertüre „Die Hebriden“ h-Moll op. 26; Sinfonie Nr. 3 a-Moll op. 56 („Schottische“)

Johannes Brahms (1833-1897) – Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 73

Wiener Philharmoniker
Christian Thielemann, Dirigent

Frankfurt, Alte Oper, 28. Februar 2023

von Brian Cooper, Bonn

Christian Thielemann habe ich bislang selten im Konzert erlebt. In der Oper schon gar nicht, da er viel Wagner macht und ich Wagner eher meide. Diese miserablen Texte, die literaturferner nicht sein könnten, dann die fürchterlichen Namen (Wellgunde, Schwertleite, Hunding – ich bitte Sie) und schließlich das ganze Deutschtum drumherum: not my cup of tea, bzw. de gustibus. Ich halte es da eher mit Woody Allen: Höre ich Wagner, bekomme ich Lust, Polen zu erobern.

’Tschuldigung. Beim Namen Wagner hat es mich kurz geschüttelt. Und in diesen humorlosen Zeiten reflexhaft-schneller Empörung stelle ich klar: „Niemand hat die Absicht,…“ Nein, auch das ist weiß Gott kein guter Beginn. Also: Ich beabsichtige nicht, in irgendein Land einzumarschieren. Ich gehe noch nicht mal wandern. „Mendelssohn-Bartholdy, Brahms, Wiener Philharmoniker, Christian Thielemann, Dirigent
Frankfurt, Alte Oper, 28. Februar 2023“
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Paavo Järvi in der Alten Oper: Das kann man allenfalls anders spielen, aber beileibe nicht besser

Concertgebouworkest, Lisa Batiashvili  © Alte Oper Frankfurt, Tibor-Florestan Pluto

Diese Sternstunde wird lange in Erinnerung bleiben.

Ganz ohne Karneval bilden das Amsterdamer Concertgebouworkest und Lisa Batiashvili mit dem estnischen Meisterdirigenten im Frankfurter Rosenmontagskonzert ein perfektes Dreigestirn.


Ludwig van Beethoven (1770-1827) – Violinkonzert D-Dur, op. 61

Sergei Prokofjew (1891-1953) – Sinfonie Nr. 5 B-Dur, op. 100

Concertgebouworkest
Lisa Batiashvili, Violine
Paavo Järvi, Dirigent

Alte Oper, Frankfurt, 20. Februar 2023

von Brian Cooper, Bonn

„Sachma, bist Du jeck, am Rosenmontag Deine Wohnung zu verlassen?“, fragen mich Freunde, die meine Karnevalsträgheit kennen. „Sonst verschanzt Du Dich doch immer!“ Stimmt, aber ich habe einen wichtigen Termin und muss ja nur zum Bahnhof. Unterwegs sehe ich wenig bis gar keine originellen Verkleidungen, gepflegte Deiters-Langeweile halt, und bin froh, gleich nicht im Regionalzug zu sitzen. Die Straßenbahn war schlimm genug. „Concertgebouworkest Lisa Batiashvili, Violine Paavo Järvi, Dirigent
Alte Oper, Frankfurt, 20. Februar 2023“
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Sir Antonio Pappano, auf Abschiedstournee, bringt römische Wärme in die Alte Oper

Foto: Accademia Nazionale di Santa Cecilia © Salar Baygan

Mit seinem Spitzenorchester aus der italienischen Hauptstadt gastierte ein Meister der subtilen Schattierungen in der Alten Oper in Frankfurt, zum letzten Mal als Chefdirigent.


Sergei Prokofjew (1891-1953) – Sinfonie Nr. 1 D-Dur, op. 25

Maurice Ravel (1875-1937) – Klavierkonzert G-Dur

Jean Sibelius (1865-1957) – Sinfonie Nr. 5 Es-Dur, op. 82

Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia, Rom
Seong-Jin Cho, Klavier
Sir Antonio Pappano, Dirigent

Frankfurt, Alte Oper, 27. Januar 2023

von Brian Cooper, Bonn

Mein 40. Konzert in der gefühlt noch jungen Saison 2022/23 bringt mich zum dritten Mal mit Sir Antonio Pappano zusammen, den ich tatsächlich auch zum dritten Mal mit Ravel erlebe. Und was soll ich sagen: Der freundliche und charismatische Herr, liebevoll „Tony“ genannt, ist einfach ein großartiger Ravel-Dirigent! Mit dem Chamber Orchestra of Europe gab er im vergangenen Dezember in Köln ein Tombeau de Couperin, an das man sich noch lange erinnern wird. Was für Holzbläser! Wer’s gehört hat, weiß, wovon ich spreche. „Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia, Rom Seong-Jin Cho, Klavier, Sir Antonio Pappano
Frankfurt, Alte Oper, 27. Januar 2023“
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Der Wald, das Meer und der fulminante Tanz: Sibelius und Rachmaninow überzeugen in Frankfurt

Foto: © Alte Oper Frankfurt, Tibor Florestan Pluto

Sir Simon Rattle und das LSO brillieren in der Alten Oper


Jean Sibelius (1865-1957) – Die Okeaniden. Tondichtung für großes Orchester, op. 73

Jean Sibelius (1865-1957) – Tapiola. Tondichtung für großes Orchester, op. 112

Sergej Rachmaninow (1873-1943) – Sinfonie Nr. 3 a-Moll, op. 44


London Symphony Orchestra
Sir Simon Rattle, Dirigent

Alte Oper, Frankfurt, 5. Dezember 2022

von Brian Cooper, Bonn

Okeaniden sind Töchter eines offenbar ziemlich potenten Wassergottes, denn es gibt von ihnen gleich 3000. Schöne Schwestern allesamt, Töchter der Wellen werden sie auch genannt, Aallottaret auf Finnisch.

Ohne zu wissen, was Okeaniden sind, war ich schon in jungen Jahren beim Hören der Tondichtung op. 73 von Jean Sibelius in der frühen Aufnahme von 1985 mit dem City of Birmingham Symphony Orchestra (CBSO) unter Sir Simon Rattle sehr fasziniert von diesem Spiel mit Licht und Wasser, mit zarten Holzblasinstrumenten – insbesondere den Flöten – auf der einen und grummelnden Bässen auf der anderen Seite. Mal stürmisch, mal ruhig – wie das Meer halt so ist. „London Symphony Orchestra, Sir Simon Rattle, Dirigent, Sibelius und Rachmaninow
Alte Oper, Frankfurt, 5. Dezember 2022“
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Den Schalk im Nacken: Kirill Petrenko dirigiert Mahlers Siebte

Foto: Berliner-Philharmoniker © Stephan Rabold

Es war insgesamt eine Darbietung, die Sternstundencharakter hatte. Mein Begleiter erzählte mir hinterher, für ihn sei es die beste Aufführung der Siebten gewesen, die er je erlebt habe, es sei für ihn sogar „ein Mahler für die Insel“.


Ein außergewöhnlicher Abend in Frankfurt

Gustav Mahler (1860-1911) – Sinfonie Nr. 7 in e-Moll

Frankfurt, Alte Oper, 7. November 2022

von Brian Cooper, Bonn

Tradition, das besagt wahrscheinlich nicht nur der rheinische Volksmund, ist alles, was zweimal oder öfter geschieht. Und so ist es guter Brauch geworden, dass das Traditionsorchester Berliner Philharmoniker am Vorabend einer langen Konzertreise in der Frankfurter Alten Oper gastiert. Ein Pflichttermin für alle Fans großer Sinfonik.

Diesmal geht es in die USA, unter anderem mit der äußerst selten gespielten Fis-Dur-Sinfonie von Erich Wolfgang Korngold, die vergangene Woche zum ersten Mal überhaupt von den Berlinern öffentlich aufgeführt wurde. (Ein Blick in die Digital Concert Hall lohnt sich unbedingt, nicht nur für Menschen, die selten gespieltes Repertoire schätzen.) „Gustav Mahler (1860-1911) – Sinfonie Nr. 7 in e-Moll
Alte Oper, Frankfurt, 7. November 2022“
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Große Spielfreude in Frankfurt: Konzertante „Elektra“ mit glänzendem hr-Sinfonieorchester

Foto: © Alte Oper Frankfurt / Norbert Miguletz
Alte Oper Frankfurt
, 15. März 2019
Richard Strauss, Elektra

von Sarah Schnoor

Mit schrecklicher Lichtregie von völlig theatral überaffektiertem Rot zu den ersten Tönen des Orchesters fließend in Orange übergehend beginnt der Abend. Das hr-Sinfonieorchester ist am Anfang noch etwas leise, das kann durchaus akustische Gründe haben, da es quasi keine Podeste gibt und man sich erst in den Saal der Alten Oper reinhören muss.

Als Elena Pankratova auf die Bühne kommt, geht es gleich los. Sie spielt schon vor den ersten Tönen und das bei einer konzertanten Aufführung. Sie singt eher lyrisch, bewegt sich dynamisch oft unterhalb des Fortes, lässt aber trotzdem Gänsehaut aufkommen mit ihren Agamemnon-Rufen, die vom Orchester tragisch unterlegt werden. Sie hat alle technischen Möglichkeiten diese durchaus anspruchsvolle Rolle zu meistern, aber so ganz will sie nicht zur Elektra werden. Es fehlt grad in der Höhe an kräftiger Fülle, ja Gewalt, dafür ist die Mittellage einfach zauberhaft. Ihre Linien sind ein Traum und auch ihr Vibrato ist genau richtig. Auch ohne wirkliches Kostüm oder Bühne, nimmt sie den Raum ein, tanzt ringsum das Grab, aber es bleibt eine schöne, erhabene und nur leicht verstörte Elektra, ganz im Gegensatz zu ihrer Mutter. „Richard Strauss, Elektra, Elena Pankratova, hr-Sinfonieorchester,
Alte Oper Frankfurt, 15. März 2019“
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Rigoletto in Frankfurt - Die Inszenierung trifft nicht nur den Kern der Oper, sondern bringt auch eine neue Dimension hervor

Bilder: © Monika Rittershaus
Giuseppe Verdi, Rigoletto, Oper Frankfurt, 17. Februar 2018

Alexander Prior, Dirigent
Hendrik Müller, Inszenierung
Rifail Ajdarpasic, Bühne

Zeljko Lucic, Rigoletto
Brenda Rae, Gilda
Mario Chang, Der Herzog von Mantua

von Yehya Alazem

La Maledizione (Der Fluch) war der ursprüngliche Name von Giuseppe Verdis Meisterwerk „Rigoletto“. Diese Oper, die auf dem Melodrama „Le Roi s’amuse“ von Victor Hugo beruht, wurde 1851 vor der Uraufführung am Teatro La Fenice in Venedig von der Zensur verboten. Verdi und sein Librettist mussten sowohl den Titel als auch den Ort ändern. Der Name der Oper wurde Rigoletto, und die Handlung wurde von Paris nach Mantua verlegt. „Giuseppe Verdi, Rigoletto, Oper Frankfurt, 17. Februar 2018“ weiterlesen

Ekstase, Raum für Details und Durchsichtigkeit zeugen von Thielemanns Meisterschaft

Sächsische Staatskapelle Dresden
Christian Thielemann, Dirigent
Rudolf Buchbinder, Klavier
Ludwig van Beethoven: Klavierkonzert Nr. 1 in C-Dur, op.15
Johannes Brahms: Sinfonie Nr. 2 in D-Dur, op.73
Alte Oper, Frankfurt am Main, 4. September 2017

von David Fuchs

Es ist nicht ohne ein gewisses Risiko, wenn zwei so verschiedene Künstler wie der eigenwillige, mitunter polarisierende Dirigent Christian Thielemann und der gewissenhaft zurückhaltende Pianist Rudolf Buchbinder aufeinandertreffen. Allzu oft hört man Konzerte, bei denen Solist und Orchester lustlos und widerwillig gegeneinander musizieren. An diesem Abend in der völlig ausverkauften Alten Oper in Frankfurt jedoch gelang das Treffen der beiden Meister auf das Schönste. „Sächsische Staatskapelle Dresden, Christian Thielemann, Rudolf Buchbinder, Ludwig van Beethoven, Johannes Brahms,
Alte Oper, Frankfurt am Main“
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