Plácido Domingo entschuldigt sich für das Verona-Debakel – er will 2023 trotzdem wieder in die Arena

Foto: Turandot, Arena di Verona 2022, Foto: Dr. Charles E. Ritterband

von Dr. Charles E. Ritterband

Es war ein ernüchternder Beleg dafür, dass große Namen keineswegs immer Garanten für große künstlerische Leistungen sind: Wir haben an dieser Stelle über die beiden Abende mit Plácido Domingo in der Arena di Verona ausführlich berichtet – die Verdi-Gala mit Domingo als Sänger am 25. August und „Turandot“ mit Domingo am Dirigentenpult am 26. August 2022. Beide Abende waren desaströs: Der Weltstar schlug sich schlecht und recht durch zwei Verdi-Opern, „Aida“ und „Don Carlo“, bei der dritten, „Macbeth“, versagte die Stimme und er konnte seinen Auftritt nicht zu Ende führen. Dafür stand er am nächsten Abend voll Vitalität vor dem Orchester – und aus der grandiosen „Turandot“ wurde eine lustlos-temperamentlose Angelegenheit, noch dazu mit einer Turandot, die man lieber nicht hätte hören wollen. „Arena di Verona, Plácido Domingos Debakel
klassik-begeistert.de 8. September 2022“
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Arena di Verona – Jonas Kaufmann und Daniel Oren triumphieren in Verdis „Aida“

Foto: Arena di Verona, AIDA  © Dr. E. Ritterband

Wir hatten das große Glück, an drei aufeinanderfolgenden Abenden in der Arena di Verona drei Zeffirelli-Inszenierungen (Turandot, Carmen und Aida) zu sehen – die Bühnenwerke des berühmten italienischen Regisseurs sind wie geschaffen für die gewaltigen Dimensionen dieser größten und beeindruckendsten Freiluftbühne der Welt! Außerdem war uns das Glück hold: Die seit Tagen just für den Zeitpunkt des Vorstellungsbeginns jeden Abend angekündigten Unwetter fanden nicht statt – das von weither herbeigeströmte Publikum und die Hundertschaften von Künstlern und Bühnenarbeitern blieben verschont. Zu sehen gibt es auf dieser Bühne viel,  beinahe zu viel: überwältigende Bühnenbilder mit einer gewaltigen, drehbaren Pyramide im Zentrum, effektvoll beleuchtete Statuen, Heerscharen  von Statisten, Choristen und Tänzern. Zeffirelli schafft immer wieder den optimalen Mix zwischen atemberaubenden, bühnenfüllenden Massenszenen und intimen Darstellungen mit nur ein bis zwei Sängerinnen und Sängern an der Rampe. Wenn nun aber, zusätzlich zu diesem Augenschmaus, auch die musikalische Darbietung bis ins feinste Detail stimmt, so sind unvergessliche Opernabende gesichert – gestern „Carmen“, heute „Aida“; wohl die besten Aufführungen dieser Opern, die ich je gesehen habe.

Giuseppe Verdi, Aida

Arena di Verona, 28. August 2022

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Fotos)

Diese musikalische Perfektion war vor allem zwei Musikern zu verdanken: Dem genialen und wohl weltbesten Verdi-Dirigenten, dem Israeli Daniel Oren, dessen überragendes Engagement am Dirigentenpult von der Arena ich schon seit Jahren bewundern durfte. Für mich ist er der welt-beste Verdi-Dirigent. Dies kommt in Verona ganz besonders zum Tragen, wo er ein riesiges Orchester, eine immens große Bühne mit Dutzenden von Choristen und Weltklasse-Solisten mit einer Präzision und Musikalität dirigiert, die ihresgleichen sucht. „Giuseppe Verdi, Aida
Arena di Verona, 28. August 2022“
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Die Arena di Verona fasziniert mit einer grandiosen „Carmen“

Foto: Carmen, Arena di Verona 2022 © Dr. E. Ritterband

Bizets „Carmen“ ist die meistgespielte Oper in der auf das Jahr 1913 zurückgehenden Tradition der Opernfestspiele der Arena di Verona. Auch an diesem Sommerabend, an dem der befürchtete Gewitterregen ausblieb, waren die Steinstufen und das Parterre des römischen Monumentalbaus bis auf den letzten Platz besetzt. Und die Zuschauer sollten auf ihre Rechnung kommen: Eine „Carmen“ wie noch nie.

Georges Bizet, Carmen
Arena di Verona, 27. August 2022

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Fotos)

Als Maestro Marco Armiliato, elegant geleitet von einem Assistenten, mit federnden Schritten das Dirigentenpult betrat, war schon klar: Hier wird sich an diesem Abend nicht nur szenisch sondern auch musikalisch Außerordentliches abspielen. Und so war es auch: Die dynamische und zugleich präzise Stabführung des 1967 in Genua geborenen Operndirigenten holte aus dem umfangreichen Hausorchester der Arena das Allerbeste heraus: Dynamik, Dramatik und Subtilität in den feineren Passagen dieser hochpopulären Oper. „Georges Bizet, Carmen
Arena di Verona, 27. August 2022“
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Plácido Domingo dirigiert „Turandot“ in Verona nicht immer präzise

Foto: Turandot, Arena di Verona 2022

Plácido Domingo, dessen Stimme am Vorabend bei der großen Verdi-Gala versagt hatte, sodass er im dritten Teil – Macbeth – nicht mehr auftreten konnte und durch den russischen Bariton Roman Burdenko ersetzt werden musste, trat am Freitagabend augenscheinlich mit frischer Energie ans Dirigentenpult. Für die rund 16.000 Zuschauer in der Arena di Verona, diesem berühmtesten, größten und großartigsten aller Freilufttheater der Welt, war es ein besonderes und wohl für den Rest des Lebens unvergessliches Ereignis, die lebende Legende Domingo als Sänger und gleich am Abend danach als Dirigent zu erleben.


Giacomo Puccini, Turandot, Arena di Verona,
26. August 2022

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Fotos)

Plácido Domingo, vor Jonas Kaufmann und neben Luciano Pavarotti der berühmteste Tenor der Welt, hat seinen sängerischen Zenit längst überschritten (obwohl er mit seiner überragenden Technik und seiner nach wie vor wohlklingenden Stimme durchaus immer noch ein Erlebnis auf der Opernbühne ist). Und als ausgebildeter, professioneller Dirigent ist Domingo dank seiner immensen, jahrzehntelangen Erfahrung im Opernrepertoire und seiner fantastischen Musikalität zwar durchaus ein ausgezeichneter Dirigent – doch mit den wirklich überragenden Kollegen am Dirigentenpult kann er sich nicht messen. „Giacomo Puccini, Turandot
Arena di Verona, 26. August 2022“
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Plácido Domingo singt in Verona – bis die Stimme versagt

Arena di Verona, 25. August 2022

Plácido Domingo in „Verdi Opera Night“

Die Erwartungen waren hoch – und für viele Domingo-Fans war der Besuch dieser voll inszenierten Verdi-Gala zu Ehren von Plácido Domingo insgeheim von der leisen Vorahnung überschattet, dass ihr inzwischen 81-jähriges Idol an diesem heißen August-Abend in der Arena von Verona zum letzten Mal auf einer großen Bühne zu sehen sein könnte. Diese Vermutung bestärkte sich: Während Domingo sich als Amonasro im ersten Teil dieses Abends, einem Auszug aus „Aida“, noch standhaft geschlagen hatte, streikte seine Stimme nach dem Duett mit Lady Macbeth. In einer Lautsprecherdurchsage wurde dies taktvoll als „Versagen der Stimme“ erklärt und der russische lyrische Bariton Roman Burdenko als Ersatz angekündigt. Beim Schlussapplaus trat dann Domingo, sichtlich geschwächt aber von allen Kollegen und Kolleginnen liebevoll eskortiert, wieder auf. Vielleicht das letzte Mal, zumindest in Verona, wo er 1969 als Calaf in der „Turandot“ sowie als Don Carlo erstmals aufgetreten war. Die „Verdi Opera Night“ am 25. August war eine Hommage an jene Vorstellung.

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Fotos)

Die Arena di Verona gab an diesem Abend ihr Bestes: drei Ausschnitte aus drei der berühmtesten Verdi-Opern, „Aida“, „Don Carlo“ und „Macbeth“ in voller Inszenierung (Stefano Trespidi) mit großartig kostümierter Statisterie und Ballett: Der Triumphzug, im Gegensatz zu vergangenen Zeiten längst ohne Elefanten oder auch „nur“ Pferde, aber mit üppig goldenem Gepränge, zehn Trompeter mit ihren speziellen Verdi-Trompeten und das gesamte Personal, ägyptische Krieger und äthiopische Kriegsgefangene. „Plácido Domingo in „Verdi Opera Night“
Arena di Verona, 25. August 2022“
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„Nessun dorma“ gerät zum grandiosen "Turandot"-Triumph in Verona

Alle Protagonisten dieses Abends waren exzellent: Die Turandot der Russin Elena Pankratova zeigte überragende Stimmkraft, die aber der Schönheit ihres Gesangs sowie Präzision und Sicherheit des Vortrags keinerlei Abbruch taten. Die berührende Liù der italienischen Sopranistin Ruth Iniesta begeisterte mit Subtilität und stimmlichem Wohlklang. Die beiden aus Italien stammenden Sänger Carlo Bosi, der mit betont männlicher Tenorstimme einen majestätischen Kaiser Altoum auf die Bühne brachte und Giorgio Giuseppini als Timur riefen beim Publikum einhellig enthusiastischen Applaus hervor – doch der Star des Abends war eindeutig der Calaf von Murat Karahan – kraftvoll und doch, beim Tod der Liù und beim Liebeswerben um die vorerst eiskalte Turandot, in den leiseren Tönen äußerst subtil.

Arena di Verona, 3. September 2021
Giacomo Puccini, Turandot

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Fotos)

Hatte das Publikum in der Arena am Vorabend noch der musikalisch ausgezeichneten (aber szenisch durchzogenen) „Traviata“ großzügig Beifall gespendet, so wurde die „Turandot“ am folgenden Abend zu einem Triumph: Die Begeisterung des Publikums brandete auf wie ein Orkan, als der türkische Tenor Murat Karahan in der Rolle des Calaf das weltberühmte „Nessun dorma“ ins gewaltige Rund der römischen Arena schmetterte – und gleich wie einige Abende zuvor beim „Va’, pensiero“ im „Nabucco“ forderte das Publikum unerbittlich eine Zugabe, die der Dirigent bereitwillig gewährte.

Der mit dem Römer Konservatorium „Santa Cecilia“ verbundene Francesco Ivan Ciampa, aus der süditalienischen Stadt Avellino stammend, lief an diesem denkwürdigen Abend ebenfalls zur Hochform auf: Zeigte er am Vorabend bei der „Traviata“ noch Zurückhaltung, peitschte er das großartige Hausorchester der Arena zu geradezu überwältigendem Sound an. Bläser, Pauken und Streicher verliehen den an chinesischen Tonfolgen inspirierten Klängen des Altmeisters Puccini imposante Kraft und Farbe in fantastischer Vielfalt. Hier wirkte die uralte gigantische Arena wie ein natürlicher Verstärker, der dieser großartigen Musik ein Vielfaches an Stärke verlieh.

„Giacomo Puccini „Turandot” Arena di Verona 03. September 2021“ weiterlesen

Großer Jubel für „La Traviata“ in der Arena von Verona

Erstklassige sängerische Leistungen – zwiespältige Regie

Arena di Verona, 2. September 2021
Giuseppe Verdi, La Traviata

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Fotos)

Ein letztlich eher unbefriedigendes Regiekonzept mit einer zumeist unglücklichen Wahl des virtuellen Bühnenbilds auf den riesigen, digitalen LED-Screens kontrastierte mit zumeist hervorragenden sängerischen Leistungen. Sehr berührend und musikalisch subtil sämtliche Duette und vor allem das Terzett im zweiten Akt, vorbehaltlos erstklassig, stimmlich souverän und vom Publikum mit entsprechendem Beifall honoriert: der Giorgio Germont von Simone Piazzola. In den lauten Solo-Passagen kamen jedoch sowohl der Tenor Francesco Demuro als auch die Sopranistin Zuzana Marková an ihre Grenzen, so wohlklingend und fein ihr Gesang in den leiseren Passagen auch war.

Verona ist, um das abgenutzte Wort hier dennoch zu verwenden – ein Gesamtkunstwerk: Die herrliche Stadt mit ihren unzähligen Palazzi und Kirchen verschmilzt Nacht für Nacht mit den grandiosen Opernaufführungen in der römischen Arena. Und zu diesem Gesamtkunstwerk gehört auch die hübsche Tradition, dass, lange nach Mitternacht, nachdem die letzten Noten in der Arena verklungen und die Sängerinnen und Sänger abgeschminkt sind und sich ihrer Kostüme entledigt haben, die Solistinnen und Solisten an den Restaurants vorbeischreiten, und von den Zuschauern, die dort noch ihr Post-Opera-Diner genießen, spontanen Applaus ernten. So war es auch in dieser lauen Veroneser Sommernacht – und wir hatten das besondere Privileg, dass die wieder auferstandene Violetta (Zuzana Marková) und Alfredo (Francesco Demuro) just am Nachbartisch im selben Restaurant tafelten.

 

„Giuseppe Verdi, La Traviata, Arena di Verona, 02. September 2021“ weiterlesen

Die Jubiläums-„Aida“ fasziniert in der Arena von Verona

 

Man durfte gespannt sein, markierte die Neuinszenierung der „Aida“ in der Arena von Verona immerhin das 150. Jubiläum der Erstaufführung dieser prominentesten aller Verdi-Opern – und wie auch bei den anderen Opern, welche diesen Sommer unter dem Schatten der Covid-Pandemie in diesem grandiosen römischen Bauwerk über die Bühne gehen wurden innovative High-Tech-Lösungen verwirklicht.

Arena di Verona, 27. August 2021
Giuseppe Verdi, Aida

Erstaufführung im Khedivial Opernhaus Kairo am 27. 12. 1871

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Fotos)

Man durfte gespannt sein, markierte die Neuinszenierung der „Aida“ in der Arena von Verona immerhin das 150. Jubiläum der Erstaufführung, dieser prominentesten aller Verdi-Opern – und wie auch bei den anderen Opern, welche diesen Sommer unter dem Schatten der Covid-Pandemie in diesem grandiosen römischen Bauwerk über die Bühne gehen wurden innovative High-Tech-Lösungen verwirklicht. „Aida“ ist seit Jahrzehnten das Aushängeschild und stärkster Publikumsmagnet der sommerlichen Arena-Festspiele. Und Jahr für Jahr stapelten sich auf der Piazza Bra, vor der Arena, die mächtigen, farbenprächtigen Kulissen – riesige Tempelsäulen, überdimensionierte Skulpturen unter denen natürlich die Sphinx nicht fehlen durfte.

Dieses Jahr war alles anders: Statt der üblichen 1350 Besucher wurde wegen der vorgeschriebenen Distanz das Publikum in der Arena drastisch auf 600 reduziert und die Piazza Bra blieb leer. Das pharaonische Ägypten der „Aida“ fand nicht mehr in den üblichen imposanten Kulissen statt, sondern vor ebenfalls riesigen Flüssigkristall-Bildschirmwänden, auf denen computergesteuert die Welt der „Aida“ aufleuchtete – und sie war zum allgemeinen Erstaunen prachtvoller, realistischer denn je. Im Handumdrehen vollzog sich der virtuelle Kulissenwechsel, erschien vor den Augen des verblüfften Publikums ein prunkvoller Saal im Palast des Pharao, ganz in Marmor – und dann wieder die Wüste mit Tempeln, der im Schein der Mondsichel funkelnde Nil, und in der letzten Szene versank der Tempel und ein unterirdisches Verlies wurde sichtbar, in welchem der zum Tode verurteilte Radamès schließlich doch noch seine Aida wiederfand.

„Giuseppe Verdi, „Aida“, Arena di Verona, 27. August 2021“ weiterlesen

„Nabucco“ als erschütterndes Holocaust-Drama in der Arena von Verona

Innovatives Regiekonzept im Zeichen von Covid mit musikalischen Höhepunkten

Arena di Verona, 26. August 2021
Giuseppe Verdi, Nabucco

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Fotos)

Die römische Arena von Verona – das größte und am besten erhaltene antike Freilufttheater der Welt – hat mit der Wiederaufnahme von Live-Aufführungen trotz der Covid-Pandemie Pionierleistungen erbracht: Es gelang in dieser Saison, nicht nur (im Gegensatz zu 2020) wieder vor Publikum zu spielen, sondern sechs verschiedene Opern in 42 Vorstellungen auf die immense Bühne des Amphitheaters zu bringen und mit einigen der prominentesten Namen der Opernszene – Jonas Kaufmann, Anna Netrebko, Plácido Domingo – aufzuwarten. Riccardo Muti, der zweifellos beliebteste Dirigent Italiens, dirigierte die festliche Premiere der „Aida“ zum 150-Jahr-Jubiläum der Uraufführung. Üblicherweise werden in der Arena 13 500 Plätze angeboten; pandemiebedingt sind es dieses Jahr nur 6000, mit zahlreichen freien Sitzen, rigoros durchgeführter Eingangskontrolle und streng durchgehaltener Maskenpflicht. „Giuseppe Verdi, Nabucco
Arena di Verona, 26. August 2021“
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