Die English National Opera ENO in ihrer prachtvollen Spielstätte London Coliseum hatte mich bei der letzten Aufführung – La Bohème – in einer allzu brav-konventionellen Produktion enttäuscht. Doch mit dieser Inszenierung (einer Wiederaufnahme aus dem Jahr 2014 und Co-Produktion mit der Metropolitan Opera New York) erfüllte sich all das, was man sich von den Opern-Produktionen der ENO erhofft und auch erwarten darf: Spritzige, originelle, musikalisch hervorragende und intelligente Inszenierungen – Kontrapunkte zu den aufwendigen, eher traditionellen Aufführungen der unweit vom Coliseum in Covent Garden beheimateten Royal Opera. Der brillante und überaus humorvolle Regisseur Phelim McDermott entführt den Zuschauer mit viel augenzwinkerndem englischen Humor und einem Flair für die kleinsten Details aus dem Barock in einen Rummelplatz, ein Varieté in einem der damals so populären englischen Badeorte der 50er Jahre. Eine Augen- und Ohrenweide.
English National Opera, London Coliseum, 20. März 2022
Wolfgang Amadeus Mozart, Cosí fan tutte oder „So machen sie’s, oder: Die Schule der Liebhaber.“
Ein komisches Singspiel in zwey Aufzügen (Opera Buffa).
Libretto: Lorenzo Da Ponte
von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Foto)
In dieser turbulent-frivolen Oper ist nichts was es scheint – welch besserer Schauplatz also als ein Varieté mit seinen Künstlern, die virtuos Illusionen und Sinnestäuschungen produzieren.
Bühnenbild und Kostüme (Laura Hopkins) boten ein Fest der Sinne, farbenfroh und originell, und – wie das zum Varieté und den englischen „Seaside Resorts“ unweigerlich dazugehört – gigantisch kitschig.
Don Alfonso ist der zynische Strippenzieher, der Regisseur, der seine Statisten und Artisten herumkommandiert (und die lassen es sich begeistert gefallen) um die Fiktion der Einberufung der beiden jungen Offiziere zum fiktiven Kriegsdienst zu inszenieren. Die Verzweiflung der beiden Schwestern, die in diesem Moment die schlagartige Verwandlung von schalkhaften, einen Scherz mit ihren Liebhabern ausheckenden reichen Mädchen zu „Drama Queens“ durchleben, macht Mozart/Da Pontes Opera Buffa nun plötzlich zur „Opera Seria“ – aber das ist ja auch nur Schein und Täuschung: Mozart parodiert hier ganz bewusst die „ernste Oper“.
Die zentrale Täuschung in dieser Oper ist natürlich die Verkleidung der beiden „Betrüger“ (über deren rockerhafte Aufmachung sich Despina ungehemmt das Maul zerreißt) – und die theatralischen Liebesschwüre der Beiden, die sich allmählich vom Spiel zum Ernst wandeln. Die parodistischen, überspitzten Höhepunkt dieses Theater im Theater sind die grotestk-komischen Auftritte der zuvor in ihrem Job als Kammermädchen so gelangweilten Despina als„Doctor Magneticus“ und dann als Notar(in), welche die scheinbare Hochzeit mit den neuen Paaren vollzieht, die ja bekanntlich auch nur Theater ist. „Wolfgang Amadeus Mozart, Cosí fan tutte,
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