Pathys Stehplatz (45): Trotz berechtigter Kritik an der Wiener Staatsoper sollte man die Kirche im Dorf lassen

Bogdan Roščić © Lalo Jodlbauer

Ein Blick auf den Spielplan der Wiener Staatsoper offenbart Unerfreuliches: Als Wagner-, Puccini- & Mozart-Liebhaber bleibt einem im Februar nichts anderes übrig, als das Haus zu meiden. Bis auf eine Ausnahme – „Tosca“ – liegt der Focus eher auf Belcanto und leichterer italienischer Kost. Das ist per se nichts Verwerfliches, muss und soll die Wiener Staatsoper doch ein breit gefächertes Repertoire anbieten. Bei Inszenierungen wie der von Tatjana Gürbacas biederem 1960er-Jahre „Il Trittico“-Abklatsch oder dem „Barbiere di Siviglia“ von Herbert Fritsch bleibt man aber lieber zuhause. Dennoch möchte ich eine Lanze brechen für die Wiener Staatsoper. Betrachtet man das Gesamtkonzept der Wiener Staatsoper, bleibt dieses Opernhaus weltweit ohne Vergleich.

von Jürgen Pathy

An der Wiener Staatsoper spielt man an fast 300 Tagen im Jahr, rund 60 unterschiedliche Opern, davon meist mehrere Neuproduktionen. Pro Woche stehen somit mindestens vier unterschiedliche Produktionen auf dem Spielplan. Täglich eine andere. Um das zu bewältigen, benötigt es einen ungeheuren Logistik-Apparat im Hintergrund. Mit diesem Mammutprogramm kann kein Opernhaus auf der Welt mithalten. Dass man unter diesen Voraussetzungen nicht immer musikalische Höchstleistungen liefern kann, liegt auf der Hand. „Pathys Stehplatz (45): Trotz berechtigter Kritik an der Wiener Staatsoper sollte man die Kirche im Dorf lassen“ weiterlesen

Pathys Stehplatz (44): Teodor Currentzis – wer ihn verjagt, schadet der Klassik

Teodor Currentzis © Liliya Olkhovaya

Was treibt Teodor Currentzis eigentlich so? Lange galt der exzentrische Pultstar als DIE heißeste Aktie der Klassikwelt. Seit Ausbruch des Ukrainekriegs bröckelt seine Fassade ein wenig. Der Forderung, ein klares Statement gegen Russland zu setzen, ist der griechisch-russische Stardirigent nicht gefolgt. Die Folgen sind bekannt und teils gravierend.

von Jürgen Pathy

Während Teodor Currentzis in einigen Hallen noch konzertiert – in der Elbphilharmonie erst vor kurzem –, ist er in Wien, der Musikhauptstadt, vollkommen von der Bildfläche verschwunden. „Das wird schon noch eine Weile dauern“, trösten Verantwortliche im Backstagebereich des Wiener Konzerthauses neugierige Gäste, die sich nach Auftritten des charismatischen Künstlers sehnen. Dabei war das Wiener Konzerthaus so etwas wie ein Ausgangspunkt der steilen Karriere, die Currentzis in andere Klassiksphären katapultiert hat.

Gegründet und in penibler Probenarbeit zu dem getrimmt, was es heute ist, hat Currentzis sein eigens gegründetes Orchester musicAeterna zwar in Perm. Tief im russischen Hinterland, von wo aus er einen Haufen ambitionierter Musikstudenten zu einem Weltklasse-Orchester geformt hat, das 2017 die Salzburger Festspiele eröffnen durfte. Zu richtigen Höhenflügen angesetzt hat es aber in den großen Musikmetropolen und Zentren der klassischen Musik.

In Wien musste man sich dem Druck beugen. Zu groß waren die Anschuldigungen, die Verbindungen, die man zu Currentzis und musicAeterna nicht nur rein künstlerischer Natur aufgebaut hat. Matthias Naske, Intendant des Wiener Konzerthauses, war zeichnungsberechtigt bei der musicAeterna Stiftung mit Sitz in Lichtenstein. Der Reibungspunkt, an dem sich bei dieser Verbindung einige stoßen, ist bekannt: musicAeterna selbst hat seinen Sitz in St. Petersburg, Russland. Als Hauptsponsor unterstützt wird das Orchester durch die russische VTB-Bank, ein von der EU sanktioniertes Unternehmen.

Starke Rückendeckung für Currentzis aus Salzburg

In Salzburg sieht die Welt noch anders aus. Dort hat man dem Druck bislang nicht nur standgehalten, im kommenden Sommer wagt man sogar einen Schritt nach vorne. Hatte Currentzis in der letzten Festspielsaison noch eher aus der zweiten Reihe agiert, steht er im Sommer 2024 mit Romeo Castelluccis Neueinstudierung von Mozarts „Don Giovanni“ wieder im Rampenlicht. Trotz vehementer Kritik, die Intendant Markus Hinterhäuser nicht nur in der Causa Currentzis entgegenweht.

Nach anfänglicher Harmonie spaltete die Kompetenzenverteilung anscheinend die Führung. Neo-Festspielchefin Kristina Hammer musste einige Zuständigkeitsbereiche abgeben, die in Richtung Salzburger Intendanz gewandert sind. Seit Anfang 2022 hat sie das Amt von Langzeitpräsidentin Helga Rabl-Stadler übernommen. Der Wirbel um Currentzis war sowieso nie wirklich ad acta gelegt worden.

Dazu gesellt sich nun eine Klage, weil man während der Corona-Pandemie 2020 angeblich die Zahlungspflichten verabsäumt habe. Die Verhandlungen vor dem Arbeits- und Sozialgericht (ASG) sind auf den 8. April 2024 vertagt worden. Nicht zu vergessen, die für viele überraschend abgesetzte „Jedermann“-Inszenierung von Michael Sturminger – inklusive kompletter Neubesetzung des berühmtesten Theaterstücks im deutschsprachigen Raum. Genügend Zündstoff also, um den medialen Shitstorm im kommenden Sommer wieder so richtig lostreten zu können.

Dass Hinterhäuser dennoch unbeirrt seinen Weg geht, ist ihm hoch anzurechnen. Aus politischer Sicht könnte man der riskanten aber mutigen Entscheidung, Currentzis die große Bühne zu bieten, natürlich Contra liefern. Currentzis konzertiert noch immer in Russland. Dirigiert mit musicAeterna gelegentlich auf Veranstaltungen, die man direkt oder indirekt mit der russischen Führung in Verbindung bringen könnte. Aus rein künstlerischer und persönlicher Perspektive sollte man dieser Entscheidung jedoch volle Rückendeckung bieten.

Der Rang von Currentzis

Currentzis ist der Rockstar unter den Dirigenten. Er ist vom Typ her das, was es heutzutage benötigt, um außerhalb des gewohnten Klassikteichs nach Publikum zu fischen. Sein gewinnendes Lächeln strahlt von U-Bahnzeitungen, seine künstlerische Ausnahmestellung ist nur in einigen Kreisen umstritten, seine Kleidung erregt Aufsehen. Das benötigt es, um dem von vielen thematisierten Aussterben des Klassikpublikums entgegenzuwirken.

Lasst ihm seine roten Schuhbänder, seine Röhrenjeans und seine exzentrische Frisur, die eher an einen Indierock-Frontman erinnert als an einen Dirigenten. Damit zieht ein frischer Wind in die verstaubten Hallen, die medial sowieso nur noch präsent sind auf dem Rücken einer aussterbenden Generation von Dirigenten.

Currentzis ist aber mehr. Currentzis ist der moderne Bernstein. Was der 1990 verstorbene Bernstein mit seinen „Young People’s Concerts“ erreicht hat, versucht Currentzis mit seinen „Currentzis LABs“ in Stuttgart. Natürlich spricht er damit eher Erwachsene an, die tiefe Einblicke in seine Arbeit erhalten wollen. Aber Currentzis geht neue Wege. Er wagt künstlerisch neues Terrain zu betreten, liefert andere Perspektiven, und – er ist ein Zugpferd.

Aufgrund seiner charismatischen Persönlichkeit erreicht er eine viel größere Zielgruppe als konservative Kollegen, deren Auftritte nicht derart mystisch inszeniert werden. Neben wenigen Ausnahmen, die vor allem von ihrer künstlerischen Nähe zu den Wiener Philharmonikern und deren Neujahrskonzert profitieren – Thielemann, Muti & Co –, ist kaum ein Dirigent derart vermarktbar wie Currentzis.

Das füllt einerseits natürlich die Kassen. Dass ein Festival, das sich nur zu rund einem Drittel aus Subventionen finanziert, die Profitabilität nicht aus den Augen verlieren darf, sollte keine Überraschung sein. Auf der anderen Seite erfüllt Markus Hinterhäuser mit seiner Hartnäckigkeit in puncto Currentzis aber eine viel wichtigere Aufgabe: Den Auftrag die Kunst und Kultur weit über die sowieso schon schrumpfende Klassikblase hinaus im Gespräch zu halten. Um charismatische Persönlichkeiten wie Currentzis also nicht komplett von der medialen Bildfläche zu löschen, ist seine Präsenz beim bedeutendsten und größten Klassikfestival dieser Welt von immenser Bedeutung. Markus Hinterhäuser deswegen als Retter der Klassik zu bezeichnen, wäre vielleicht mit etwas zu viel Pathos verbunden. Zu unterschätzen ist seine Vermittlerrolle allerdings auf keinen Fall.

Wie wir unsere Musikkultur retten

Das sollten sich alle seine Kritiker hinter die Ohren schreiben. Dass die beim Versuch, Currentzis zu schaden, sich nur selbst ins Knie schießen, sollte einigen selbsternannten Scharfrichtern nämlich durchaus in den Sinn kommen. Überhaupt, wenn der Hauptkläger, der seit Jahren einen vehementen Feldzug gegen Currentzis führt, ein Buch vermarktet, dessen Titel sich um eines sorgt. „Die Zweiklassik-Gesellschaft: Wie wir unsere Musikkultur retten“.

Die Contras sind natürlich nicht von der Hand zu weisen. Currentzis tritt bei kremlnahen Veranstaltungen auf, sein Orchester musicAeterna hängt an der russischen Nabelschnur. Zieht man allerdings in Erwägung, dass Currentzis vielleicht aus reiner Loyalität die Seile nach Russland nicht kappt, wirft das ein komplett anderes Licht auf seine Person. Seit über 20 Jahren hat man ihm dort den Nährboden geschaffen, um musicAeterna zu dem zu formen, was es heute ist. Ein Weltklasseorchester, das den Vergleich mit renommierten Symphonieorchestern nicht scheuen muss. Ein Bruch mit Russland wäre das Ende der über 100 Musiker des Orchesters, zu denen Currentzis so etwas wie eine väterliche Beziehung pflegt.

Mit musicAeterna tritt Currentzis mittlerweile sowieso nur mehr in Russland auf. Im restlichen Europa konzertiert er mit Utopia, einem neu gegründeten Orchester mit Musikern aus dutzenden Nationen inklusive der Ukraine. In Anbetracht dessen, sollte das Pendel der Pros und Contras zu seinen Gunsten ausschlagen – auch wenn einige versuchen werden, die schrecklichen Kriegsbilder, die im Augenblick die Medien beherrschen, in zynischer Weise wieder gegen Currentzis ins Rennen zu werfen. Für seine Loyalität zahlt er sowieso schon einen hohen Preis: Im September 2025 folgt ihm François-Xavier Roth auf dem Posten des Chefdirigenten des SWR Symphonieorchesters. Aus Wien hat man ihn einstweilen verbannt, und auch andernorts steht die Personalie Currentzis am gnadenlosen Prüfstand.

Jürgen Pathy (klassikpunk.de), 31. Dezember 2023, für klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Jürgen Pathy, Baujahr: 1976, lebt in Wien. Von dort möchte der gebürtige Burgenländer auch nicht so schnell weg. Der Grund: die kulturelle Vielfalt, die in dieser Stadt geboten wird. Seit 2017 bloggt und schreibt der Wiener für Klassik-begeistert. Sein musikalisches Interesse ist breit gefächert: Von Bach über Pink Floyd, Nick Cave und AC/DC bis zu Miles Davis und Richard Wagner findet man fast alles in seinem imaginären CD-Schrank. Zur „klassischen Musik“, wie man sie landläufig nennt, ist der Rotwein-Liebhaber und Fitness-Enthusiast gekommen, wie die sprichwörtliche Jungfrau zum Kind: durch Zufall – aber auch relativ spät. Ein Umstand, weswegen ihn ein Freund wie folgt charakterisiert: „Du gehörst zu derjenigen ideellen Art der Zuhörer, die ich am meisten bewundere. Du verbindest Interesse, Leidenschaft und intelligente Intuition, ohne von irgend einer musikalischen Ausbildung ‚vorbelastet‘ zu sein.“

SWR Symphonieorchester, Teodor Currentzis Dirigent, MAHLER unFINISHED Philharmonie Berlin, 18. Dezember 2023

Klein beleuchtet kurz 6: Teodor Currentzis in der Elphi Elbphilharmonie, 12. Dezember 2023

 

Utopia, Teodor Currentzis, Barnabás Kelemen, Violine Berliner Philharmonie, 14. November 2023

SWR Symphonieorchester, Teodor Currentzis, Antoine Tamestit Elbphilharmonie, Hamburg, 30. September 2023

Pathys Stehplatz (43) – Dresscode und Regietheater: Herrscht an der Wiener Staatsoper seit neuestem Sodom und Gomorra?

Staatsoperndirekor Bogdan Roščić © Lalo Jodlbauer

Hotpants, Flip-Fops und behaarte Männerbeine. An der Wiener Staatsoper gehts zu wie am Arbeiterstrandbad, empfinden zumindest einige, die im ehrenwerten „Haus am Ring“ seit Jahren ein– und ausgehen. Dazu Kaffee in Pappbechern und mitgebrachte Jausen, die genüsslich in den Logen verspeist werden. Anstand und Benehmen: Fehlanzeige! Glaubt man den kritischen Stimmen, habe sich die Situation seit der Direktion Bogdan Roščić verschlimmert. Dass die Realität nicht ganz so düster aussieht, liegt in der Natur der Sache. Roščićs neuer Weg, die „Oper 4.0″, ist einigen ein Dorn im Auge. Da nutzt man jede Angriffsfläche mit Handkuss.

von Jürgen Pathy

Manieren gehören dazu. In einem Opernhaus sind sie das A & O. Nur: Welcher Definition die unterliegen, ist eine rein subjektive Angelegenheit. Während Ruhe und Hygiene für einige schon reichen, fordern andere deutlich mehr. „Ein Sakko und eine Stoffhose“, müsse bei jedem männlichen Besucher sein. Kurze Hosen, T-Shirts und Jeans – ein Affront, der in einem Opernhaus nichts zu suchen habe. Die Begründung ist oft die gleiche: Das erfordere der Respekt, den man den Künstlern gegenüber schuldig sei. Ein Vorwand, der sich bei genauer Betrachtung schnell in Luft auflöst.

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Pathys Stehplatz (42): Christian Thielemann – ein Maestro oder nur mehr ein Kapellmeister?

Christian Thielemann © Matthias Creutziger

Am Samstagabend hat man an der Wiener Staatsoper mal wieder Christian Thielemann bejubelt – oder besser: bejubeln dürfen. Die Thielemann-Fans sind wieder in Massen erschienen. Altbekannte Gesichter, die sich sonst eher rar machen. Beim „Kapellmeister“ sind sie alle zur Stelle. Dabei erlebt man seltenes: Dirigenten, die bereits beim Einzug derart auf Händen getragen werden, sind eine Rarität. Neben Thielemann erlebt man das an der Wiener Staatsoper eigentlich nur bei zwei weiteren Kollegen: Philippe Jordan und Franz Welser-Möst sind die einzigen, die das Publikum hinter sich scharen können, bevor sie überhaupt noch einen Ton haben erklingen lassen. Das Resultat allerdings eher ernüchternd.

von Jürgen Pathy

Bei Thielemann zieht sich fort, was bereits vor zwei Jahren bei den Salzburger Festspielen seinen Lauf genommen hat. Thielemann lässt seine Fähigkeiten als „Kapellmeister“ – seine Kernkompetenz, auf der er sich selbst gerne ausruht – zwar immer zur Geltung kommen. Lässt aber im Gegenzug den „Maestro“, dem er sich immer mehr abwendet, weit in den Hintergrund rücken. Das mag viele begeistern: Vor allem diejenigen, bei denen Thielemann sowieso tun und lassen könnte, was er will. Selbst, wenn der seitengescheitelte Berliner, der optisch immer mehr Ähnlichkeit mit Richard Wagner gewinnt, auf dem Pult schlafen würde, wäre es für einige vermutlich ein exzeptioneller Abend wie eh und je. „Pathys Stehplatz (42): Christian Thielemann – ein Maestro oder nur mehr ein Kapellmeister?
klassik-begeistert.de, 15. Oktober 2023“
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Pathys Stehplatz (41) – Ist Thielemann die richtige Wahl für Berlin?

Christian Thielemann © Matthias Creutziger

Die Nachfolge von Daniel Barenboim an der Berliner Staatsoper steht fest. Christian Thielemann übernimmt die Position des Generalmusikdirektors. Für Zündstoff scheint gesorgt.

von Jürgen Pathy

Gesprächsthema Nummer 1 zurzeit: Christian Thielemann wird neuer Generalmusikdirektor an der Berliner Staatsoper. Nachdem die Gerüchte sich Tage zuvor schon verdichtet haben, hat Berlins Kulturstadtrat Joe Chialo (CDU) diese Entscheidung letzten Mittwoch bei einer Pressekonferenz bestätigt. Ab September 2024 tritt Thielemann die Nachfolge von Daniel Barenboim an. Der hatte aus gesundheitlichen Gründen bereits Anfangs des Jahres sein Amt niedergelegt. „Pathys Stehplatz (41) – Ist Thielemann die richtige Wahl für Berlin?
klassik-begeistert.de, 1. Oktober 2023“
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Pathys Stehplatz (40): Kein stiller Ort im Häusl am Wiener Ring

Foto: Ehemalige öffentliche WC-Anlage in der Passage am Wiener Karlsplatz ©  www.instagram.com/bernard.kenner

An der Wiener Staatsoper hat man Hand angelegt. Über die Sommermonate hat man Teile des Hauses fast schon einer Generalsanierung unterzogen. Der Blick in die ein oder andere Toilette offenbart allerdings eine grobe Fehlplanung.

von Jürgen Pathy

Nur wenigen scheint es wirklich aufgefallen zu sein. Schleicht man so durch die Gänge der Wiener Staatsoper, könnte man meinen: zum Start der Saison 2023/24 nichts Neues, alles beim Alten. Der Streit zwischen Direktor Bogdan Roščić und Noch-Musikdirektor Philippe Jordan scheint beigelegt. Ende 2022 ist man sich medienwirksam in die Haare geraten. Der Grund: Die Nichtverlängerung des Vertrags von Philippe Jordan, der das Haus mit 2025 als Musikdirektor verlassen wird.

„Pathys Stehplatz (40) – Ein Griff ins Klo!
klassik-begeistert.de, 14. September 2023“
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Pathys Stehplatz (39): Frisst die Kultur dem Steuerzahler die Haare vom Kopf?

Foto © Michael Pöhn  

Kulturförderung, das sei nur verbranntes Geld. Es ist ein Rätsel, wieso sich dieses Gerücht so hartnäckig in das Gehirn des ein oder anderen gebrannt hat. Vor allem dann, wenn man mal ernsthaft das Internet nach fundierten Berichten durchforstet. Subventionen, die in die Kultur fließen, haben einen enormen Mehrwert für andere Branchen.

von Jürgen Pathy

Nur einer kleinen Elite vorbehalten, die sich in ihrer eigenen Überheblichkeit suhlt. Auf diesen Konsens stößt man immer wieder, liest man vor allem eines in großen Tageszeitungen: die Kommentare. Der Standard, eine österreichische Tageszeitung, hat sich dieser Tage zu einem Resümee verpflichtet gefühlt. Thema des etwas fragwürdigen Berichts, dessen Absicht nicht ganz klar ersichtlich wird: die Salzburger Festspiele 2023.

Das Schaulaufen an der Salzach habe zwar seine Lichtblicke gehabt – explizit hervorgehoben werden Krzysztof Warlikowskis Inszenierung von „Macbeth“ oder Simon Stones Deutung von „The Greek Passion“. Dennoch seien die Salzburger Festspiele ein Ort der Routine. Frischer Wind und junge Künstler zwar nicht Fehlanzeige, aber etwas vernachlässigt. Ein heißes Thema, das sich dieser Tage, wo das Festival in die Zielgerade biegt, natürlich anbietet. Viel mehr Aufmerksamkeit hat allerdings mal wieder der Blick in die Kommentare verdient.

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Pathys Stehplatz (38): Gstaad Conducting Academy – Der Weg an die Spitze ist steinig

Gstaad Conducting Academy © Jürgen Pathy

„Let it happen“, scheint so das Zauberwort zu sein. Das ist es, was Mirga Gražinytė-Tyla ihren Schützlingen unbedingt mit auf den Weg geben will. Viel mehr geschehen lassen also, nicht alles unbedingt erzwingen wollen. In Gstaad hat sie gerade die Gstaad Conducting Academy geleitet. Ein Nachwuchsprogramm, das man beim Schweizer Klassikfestival vor einigen Jahren ins Programm genommen hat. Das Ziel: Junge Dirigenten auf ihrem möglichen Weg an die Spitze unterstützen.

von Jürgen Pathy

Dort ist Mirga Gražinytė-Tyla schon länger angelangt. 2016 hat die junge Litauerin für internationales Aufsehen gesorgt. Als erste Frau hatte die zierliche Person damals den Chefposten beim City of Birmingham Symphony Orchestra übernommen. Ein renommierter Chefsessel, den zuvor schon Größen wie Sir Simon Rattle oder Andris Nelsons bekleidet hatten. „Pathys Stehplatz (38): Gstaad Conducting Academy
klassik-begeistert.de, 19. August 2023“
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Pathys Stehplatz (37) – Ein Komponist, zwei Welten: Wagner zwischen Sopot und Bayreuth

© Krzysztof Mystkowski

 von Jürgen Pathy

Völlig durchgeknallt. In Bayreuth stürmt man das Festspielhaus. Künstlerisch natürlich nur: In Tobias Kratzers „Tannhäuser“-Inszenierung steht die Revolution vor der Tür. Einen Teil davon erlebt man gar hautnah mit. Während der Pausenshow am Teich, wo die Venus mit Punkrock-Attitüde zum Aufruhr anzettelt – im Anhang ein Kleinwüchsiger und eine farbige Dragqueen. Mit modernem Regietheater will man anscheinend aufhalten, was überall zu beobachten ist. Der Publikumsschwund ist nicht mehr zu verleugnen. Selbst bei den Bayreuther Festspielen nicht, wo man früher jahrelang auf Karten warten musste. Die Situation in diesem Jahr: Für viele Aufführungen gibt es sogar noch Karten. „Pathys Stehplatz (37) – Ein Komponist, zwei Welten: Wagner zwischen Sopot und Bayreuth
klassik-begeistert.de 22. Juli 2023“
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Pathys Stehplatz (36) – Was der Klassikbetrieb von Billy Joel lernen kann

Billy Joel © Myrna Suárez

Klassik und Pop. Beides einfach nur Musik, könnte man meinen. Doch da gibt es Unterschiede. Betrachtet man das Zuschauerinteresse, teilweise sogar enorme, Billy Joel im Hyde Park in London – 65.000 Tausend Zuschauer. Brooklyn Rider, ein Streichquartett, in der Londoner Wigmore Wall – überschaubare 300 Besucher, wenn es hochkommt. Der Grund ist vermutlich lapidar.

von Jürgen Pathy

„Oh, oh, oh, for the longest time“, grölt ein Pärchen, das sich in einer Fahrrad-Rikscha durch die Londoner Innenstadt karren lässt. Die Straße ist leergefegt von Autos. Fast schon wirkt es so, als habe man extra wegen des Billy-Joel-Konzerts die Zufahrten rund um den Londoner Hyde Park gesperrt. Dort hat der US-amerikanische Sänger, Pianist und Songschreiber kurz zuvor sein einziges Europakonzert gegeben. Sonst spielt er generell nur in den USA. Die Uhrzeit: Es ist ca. 11.30 p.m Greenwich mean time (GMT). Das heißt spät in der Nacht.

„Pathys Stehplatz (36) – Was der Klassikbetrieb von Billy Joel lernen kann
klassik-begeistert.de, 19. Juli 2023“
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