Pathys Stehplatz (39): Frisst die Kultur dem Steuerzahler die Haare vom Kopf?

Foto © Michael Pöhn  

Kulturförderung, das sei nur verbranntes Geld. Es ist ein Rätsel, wieso sich dieses Gerücht so hartnäckig in das Gehirn des ein oder anderen gebrannt hat. Vor allem dann, wenn man mal ernsthaft das Internet nach fundierten Berichten durchforstet. Subventionen, die in die Kultur fließen, haben einen enormen Mehrwert für andere Branchen.

von Jürgen Pathy

Nur einer kleinen Elite vorbehalten, die sich in ihrer eigenen Überheblichkeit suhlt. Auf diesen Konsens stößt man immer wieder, liest man vor allem eines in großen Tageszeitungen: die Kommentare. Der Standard, eine österreichische Tageszeitung, hat sich dieser Tage zu einem Resümee verpflichtet gefühlt. Thema des etwas fragwürdigen Berichts, dessen Absicht nicht ganz klar ersichtlich wird: die Salzburger Festspiele 2023.

Das Schaulaufen an der Salzach habe zwar seine Lichtblicke gehabt – explizit hervorgehoben werden Krzysztof Warlikowskis Inszenierung von „Macbeth“ oder Simon Stones Deutung von „The Greek Passion“. Dennoch seien die Salzburger Festspiele ein Ort der Routine. Frischer Wind und junge Künstler zwar nicht Fehlanzeige, aber etwas vernachlässigt. Ein heißes Thema, das sich dieser Tage, wo das Festival in die Zielgerade biegt, natürlich anbietet. Viel mehr Aufmerksamkeit hat allerdings mal wieder der Blick in die Kommentare verdient.

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Pathys Stehplatz (38): Gstaad Conducting Academy – Der Weg an die Spitze ist steinig

Gstaad Conducting Academy © Jürgen Pathy

„Let it happen“, scheint so das Zauberwort zu sein. Das ist es, was Mirga Gražinytė-Tyla ihren Schützlingen unbedingt mit auf den Weg geben will. Viel mehr geschehen lassen also, nicht alles unbedingt erzwingen wollen. In Gstaad hat sie gerade die Gstaad Conducting Academy geleitet. Ein Nachwuchsprogramm, das man beim Schweizer Klassikfestival vor einigen Jahren ins Programm genommen hat. Das Ziel: Junge Dirigenten auf ihrem möglichen Weg an die Spitze unterstützen.

von Jürgen Pathy

Dort ist Mirga Gražinytė-Tyla schon länger angelangt. 2016 hat die junge Litauerin für internationales Aufsehen gesorgt. Als erste Frau hatte die zierliche Person damals den Chefposten beim City of Birmingham Symphony Orchestra übernommen. Ein renommierter Chefsessel, den zuvor schon Größen wie Sir Simon Rattle oder Andris Nelsons bekleidet hatten. „Pathys Stehplatz (38): Gstaad Conducting Academy
klassik-begeistert.de, 19. August 2023“
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Pathys Stehplatz (37) – Ein Komponist, zwei Welten: Wagner zwischen Sopot und Bayreuth

© Krzysztof Mystkowski

 von Jürgen Pathy

Völlig durchgeknallt. In Bayreuth stürmt man das Festspielhaus. Künstlerisch natürlich nur: In Tobias Kratzers „Tannhäuser“-Inszenierung steht die Revolution vor der Tür. Einen Teil davon erlebt man gar hautnah mit. Während der Pausenshow am Teich, wo die Venus mit Punkrock-Attitüde zum Aufruhr anzettelt – im Anhang ein Kleinwüchsiger und eine farbige Dragqueen. Mit modernem Regietheater will man anscheinend aufhalten, was überall zu beobachten ist. Der Publikumsschwund ist nicht mehr zu verleugnen. Selbst bei den Bayreuther Festspielen nicht, wo man früher jahrelang auf Karten warten musste. Die Situation in diesem Jahr: Für viele Aufführungen gibt es sogar noch Karten. „Pathys Stehplatz (37) – Ein Komponist, zwei Welten: Wagner zwischen Sopot und Bayreuth
klassik-begeistert.de 22. Juli 2023“
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Pathys Stehplatz (36) – Was der Klassikbetrieb von Billy Joel lernen kann

Billy Joel © Myrna Suárez

Klassik und Pop. Beides einfach nur Musik, könnte man meinen. Doch da gibt es Unterschiede. Betrachtet man das Zuschauerinteresse, teilweise sogar enorme, Billy Joel im Hyde Park in London – 65.000 Tausend Zuschauer. Brooklyn Rider, ein Streichquartett, in der Londoner Wigmore Wall – überschaubare 300 Besucher, wenn es hochkommt. Der Grund ist vermutlich lapidar.

von Jürgen Pathy

„Oh, oh, oh, for the longest time“, grölt ein Pärchen, das sich in einer Fahrrad-Rikscha durch die Londoner Innenstadt karren lässt. Die Straße ist leergefegt von Autos. Fast schon wirkt es so, als habe man extra wegen des Billy-Joel-Konzerts die Zufahrten rund um den Londoner Hyde Park gesperrt. Dort hat der US-amerikanische Sänger, Pianist und Songschreiber kurz zuvor sein einziges Europakonzert gegeben. Sonst spielt er generell nur in den USA. Die Uhrzeit: Es ist ca. 11.30 p.m Greenwich mean time (GMT). Das heißt spät in der Nacht.

„Pathys Stehplatz (36) – Was der Klassikbetrieb von Billy Joel lernen kann
klassik-begeistert.de, 19. Juli 2023“
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Pathys Stehplatz (35) – Abschied von Teodor Currentzis?

Teodor Currentzis © Gyunai Musaeva

Fast schon still ist es um ihn geworden. Nachdem die Aufregung um Teodor Currentzis bis vor kurzem noch groß war, ist mittlerweile zumindest etwas Ruhe eingekehrt. Der Grund des Aufruhrs ist bekannt: Der gebürtige Grieche bezieht öffentlich keine Stellung gegen den Ukrainekrieg. Sein eigens gegründetes Orchester musicAeterna mit Sitz in St. Petersburg wird von der VTB-Bank mitfinanziert. Der zweitgrößten russischen Bank, die auf der Sanktionsliste der EU steht. Der Preis, den Currentzis für sein Schweigen zahlt, ist hoch: Kaum ein namhafter Veranstalter bietet ihm noch die Bühne.

von Jürgen Pathy

Das Wiener Publikum steht hinter Currentzis

„Eine wahre Sternstunde“, hört man einige Stimmen. „Da wird sich der Thielemann aber warm anziehen müssen nächste Woche“. Überschwänglicher Jubel, kurz nachdem im Wiener Konzerthaus der letzte Ton verklungen ist. Currentzis hatte sich da mit Utopia, seinem neuen Orchester, in Mahlers Dritte verbissen. Ein Monstrum einer Symphonie, die von den Beteiligten alles abverlangt. Rund neunzig Minuten, sechs Sätze, davon der letzte schon so lang wie eine ganze Symphonie von Mozart oder Haydn. Das geht schon an die Substanz. Noch dazu, weil viele Musiker – wie bei Currentzis nicht unüblich – im Stehen agieren.

„Pathys Stehplatz (35) – Abschied von Teodor Currentzis?
klassik-begeistert.de, 18. Juni 2023“
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Pathys Stehplatz (30) – Saison 2023/24 in Wien: Mit Christian Thielemann kickt man den „Lohengrin" aus der Stube

Foto: Christian Thielemann © Matthias Creutziger

Schluss mit lustig. Nach neun Jahren Bierstubengaudi reicht es auch an der Wiener Staatsoper. Die „Lohengrin“-Inszenierung von Andreas Homoki fliegt endgültig raus. Die Rufe danach waren schon lange laut. Stattdessen folgt 2024 eine Neuproduktion. Jossi Wieler & Sergio Morabito zeichnen dafür verantwortlich. Am Pult: Christian Thielemann. Mit dem Wagner-Spezialisten kehrt auch sicherlich wieder ein anderer Wind in den Graben zurück. Da hatte Omer Meir Wellber sich vor kurzem erst Hals über Kopf in die Partitur gestürzt.

von Jürgen Pathy

Christian Thielemann ist zurück

„Tannhäuser hat es schon lange keinen gegeben“, bemerkt ein Herr. „Stimmt“, erwidert seine Begleitung. Um die 55, unscheinbar, bieder in dunkel gekleidet. Genau genommen seit Ende 2014 nicht mehr. Da hat man zuletzt Claus Guths Inszenierung hier auf der Bühne gesehen. Wird vorerst auch so bleiben. Nächste Saison steht der „Tannhäuser“ ebenfalls nicht auf dem Programm. Pausengespräche beim letzten „Lohengrin“ an der Wiener Staatsoper.

„Pathys Stehplatz (30) – Saison 2023/24 in Wien: Mit Christian Thielemann kickt man den „Lohengrin“ aus der Stube
klassik-begeistert.de, 29. April 2023“
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Pathys Stehplatz (34) – Wiener Konzerthaus: Ein Hörgerät zerfetzt Mozart

Foto: Grigory Sokolov © Klaus Rudolph

Störenfriede. Meistens sind sie menschlicher Natur. Husten, rotzen und lärmen, was das Zeug hält. Diese Szenen sind nichts Neues und werden auch heftig diskutiert. Was allerdings machen, wenn einem die Technik einen Strich durch die Rechnung zieht? Im Wiener Konzerthaus stört ein Hörgerät den ganzen Abend. Es piepst und rauscht in einem fort. Ein „Problem“, das nicht als Einzelerscheinung zu Tage tritt. Hier sind alle gefordert.

von Jürgen Pathy

„Der kann spielen, was er will“. Nächstes Jahr habe sich der Herr schon vorgemerkt. „Er spielt eh das ganze Jahr dasselbe Programm“, erwidert sein Kollege. Die Rede ist von Grigory Sokolov. Im Wiener Konzerthaus, wo er seit Jahren schon seinen fixen Österreichstop einschiebt, bestätigt der gebürtige Russe alles, was die Herren so während der Pause besprochen haben. Schumann und Brahms hat er bereits letztes Jahr gespielt. Chopin und Rachmaninoff das Jahr zuvor. Bach spielt er auch ganz gerne. An diesem Abend setzt er mit Henry Purcell einen Komponisten aufs Programm, dessen Werke einem nun aber weniger geläufig sind. „Pathys Stehplatz (34) – Wiener Konzerthaus: Ein Hörgerät zerfetzt Mozart
klassik-begeistert.de, 29. Mai 2023“
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Pathys Stehplatz (32) – Die Zweiklassengesellschaft an der Wiener Staatsoper

Foto: Wiener Staatsoper © Michael Pöhn

Oper ist nicht gleich Oper. Opernhaus nicht gleich Opernhaus. Das dürfte den meisten bewusst sein. Publikum ist aber auch nicht Publikum. Wer regelmäßig die Wiener Staatsoper besucht, der wird das auch schon beobachtet haben. Im Parkett schwebt man im Smoking und im Abendkleid. In den Logen mischt sich das Publikum schon ein wenig durch. Auf der Galerie: Da tummelt sich ein bunt zusammengewürfelter Mix aus Opernnarren, biederen Bildungsbürgern und einer Horde an Touristen, die sich mal besser und mal weniger angemessen zu benehmen weiß. Zwischen allen herrscht eine gewisse Kluft.

von Jürgen Pathy

„Das ist doch alles mittlerweile viel entspannter“. Seit man die U27-Tickets eingeführt hat, sei das alles nicht mehr ganz so streng. Meint zumindest ein Stammgast, der sich in allen Bereichen des Hauses sicher zu bewegen weiß. Die Jugend erhält nämlich vereinzelt Tickets fürs Parkett. Zu einem adäquaten Preis: 20 Euro zahlt der „Nachwuchs“ da nur. Eine Initiative, die sicherlich gut gemeint ist. Ob sie aber wirklich zum Ziel führt, wage ich zu bezweifeln. Direktor Bogdan Roščić erhofft sich dadurch vermutlich Schützenhilfe, endlich seiner Hauptagenda näherzukommen: Den Altersdurchschnitt an der Wiener Staatsoper deutlich zu senken. Ähnliche Angebote gibt es natürlich schon länger. Die Erfolgsaussichten sind aber überschaubar.

„Pathys Stehplatz (32) – Die Zweiklassengesellschaft an der Wiener Staatsoper
klassik-begeistert.de, 26. Mai 2023“
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Pathys Stehplatz (33) – Salzburger Festspiele: Wie viel Mozart spürt man da noch?

Foto: Hofstallgasse auf dem Festspielgelände in Salzburg © Salzburger Festspiele / Kolarik

Er ist der Salzburger schlechthin. Wolfgang Amadeus Mozart ist das Aushängeschild der Stadt. Mit ihm macht man Kasse. Teilweise schamlos und ohne Rücksicht: An allen Ecken findet man Souvenirs mit seinem Konterfei. T-Shirts, Kühlschrankmagneten und natürlich Mozartkugeln, wohin das Auge blickt. Original von Mirabell, nachgemachte aus Wien oder sogar als Sonderedition. Handgemacht. Um den doppelten Preis. Den blättert man in Salzburg auch beinahe auf den Tisch, wenn man Zutritt zu einem der Festspielhäuser finden will. Zumindest im Vergleich zu anderen Großstädten. Dafür wird aber einiges geboten.

von Jürgen Pathy

Cecilia Bartolis Triumph

„Der Villazón, eh klar – a Kasperle“. Clown wollte er auch werden. Ob das den Herrschaften im Parkett rechts, Reihe 9, so auch bewusst ist, sei mal dahingestellt. Zum Kommentieren finden sie jedenfalls genug. Im lupenreinen Kärntner-Dialekt, der sich hier unter viele andere mischt. Deutsche zieht es zu Pfingsten natürlich zuhauf nach Salzburg. Kein Wunder, ist doch die Grenze nicht mal einen Katzensprung von der Festspielstadt entfernt. Rund 50% der Festspielgäste kommen aus dem großen Nachbarland.  „Pathys Stehplatz (33) – Salzburger Festspiele: Wie viel Mozart spürt man da noch?
klassik-begeistert.de, 28. Mai 2023“
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Pathys Stehplatz (31) – Baltic Opera Festival: Wagners „Holländer“ wirft den Anker

Tomasz Konieczny © Igor-Omulecki

No risk, no fun. Das hat KS Tomasz Konieczny sich anscheinend auch gedacht. Mit dem Baltic Opera Festival wagt er den Versuch, Wagner wieder an der polnischen Ostsee heimisch zu machen. Bereits vor dem Krieg hatte der sich dort etabliert. Im Sommer 2021 hätte das Festival reaktiviert werden sollen. Corona kam dazwischen. Nun folgt der endgültige Startschuss.


von Jürgen Pathy

„Mutig, sehr mutig“, tönt es durch die Hallen. Nachdem Tomasz Konieczny sich einen Slot erkämpft hat, um sein Herzensprojekt an der Wiener Staatsoper kurz vor Publikum zu präsentieren. Direktor Bogdan Roščić zählt nämlich zum Ehrenkomitee. Einer von vielen, der sich bereit erklärt hat, das Baltic Opera Festival zu unterstützen. Dominique Meyer und Peter Gelb sind ebenfalls mit an Board. Die Schirmherrschaft haben der deutsche und der polnische Bundespräsident inne. Vom 14. bis 17. Juli 2023 folgt die erste Ausgabe. Nach einiger Verzögerung. „Pathys Stehplatz (31) – Baltic Opera Festival: Wagners „Holländer“ wirft den Anker
14. bis 17. Juli 2023“
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