Grandy entfacht ein musikalisches Beben und die Bühne stolpert hinterher

Foto © Barbara Aumüller 

Giacomo Puccini (1858–1924)
Tosca

Melodramma in drei Akten
Text von Giuseppe Giacosa und Luigi Illica
Uraufführung 1900

Premiere vom 16. Januar 2011
In italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Inszenierung: Andreas Kriegenburg
Musikalische Leitung: Elias Grandy

Chor und Kinderchor der Oper Frankfurt
Frankfurter Opern- und Museumsorchester

Oper Frankfurt, 20. September 2025

von Dirk Schauß

Repertoirevorstellungen haben den zweifelhaften Ruf, auf Autopilot zu laufen: ein paar solide Stimmen, ein routiniertes Orchester, dazu die gefühlt hundertste Wiederholung der alten Regieideen. Man kennt das und rechnet längst nicht mehr mit Funkenflug. „Giacomo Puccini (1858–1924), Tosca
Oper Frankfurt, 20. September 2025“
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Die Oper Frankfurt bringt mit Brittens “Peter Grimes” ergreifendes Musiktheater auf die Bühne

Allan Clayton als Peter Grimes und Jakob Fritschi als Lehrjunge John © Barbara Aumüller

“Peter Grimes”, die wohl bekannteste Oper von Benjamin Britten, steht zu Saisonbeginn als Wiederaufnahme von Keith Warners Inszenierung aus dem Jahre 2017 auf dem Programm der Oper Frankfurt. Mit einem überragenden Titelhelden (Allan Clayton), einem tollen Opernensemble, einem fulminanten Opernchor und einem großartig aufspielenden Orchester unter der Leitung des Generalmusikdirektors Thomas Guggeis, entsteht erstklassiges Musiktheater, das viel Vorfreude auf die neue Saison an der Oper Frankfurt aufkommen lässt.

Benjamin Britten (1913-1976)
PETER GRIMES
Oper in drei Akten und einem Prolog (Text von Montagu Slater)

 Musikalische Leitung:  Thomas Guggeis

Inszenierung:  Keith Warner
Szenische Leitung der Wiederaufnahme: Axel Weidauer
Bühnenbild:  Ashley Martins-Davis
Kostüme:  Jon Morrell

Frankfurter Opern- und Museumsorchester
Chor und Extrachor Herren des Oper Frankfurt (Leitung:  Álvaro Corral Matute)

Oper Frankfurt, 6. September 2025

von Jean-Nico Schambourg

Schon 2017 zu der Premierenserie der Inszenierung in Frankfurt erklärte der Regisseur Keith Warner wie aktuell der Stoff des Werkes von Benjamin Britten sei. Und auch acht Jahre später hat dieser nicht an Aktualität verloren. Im Gegenteil!

Die Oper zeigt, wie die Bewohner eines Fischerdorfes, angestachelt von einigen radikalen Geistern, zum Mob mutieren. Sie richten sich gegen jene, die sich nicht ganz genau ihrem Willen unterwerfen. Sie selbst huren, saufen, nehmen Drogen, lynchen einen Obdachlosen (nein, die Handlung spielt nicht in Washington), und halten dabei die Bibel hoch.

„Benjamin Britten (1913-1976), Peter Grimes
Oper Frankfurt, 6. September 2025“
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Brittens „Peter Grimes“ an der Oper Frankfurt: An der Oberfläche musiziert

Fotos: Barbara Aumüller @ Oper Frankfurt

Denn Oper ist nicht dazu da, lediglich kunsthandwerklich zu gefallen. Idealerweise soll sie aufrütteln, erschüttern, Seelen öffnen, eine existenzielle Erfahrung sein.

Diese Frankfurter Aufführung dagegen hat gezeigt, wie schmerzhaft leer Musik klingt, wenn sie nicht als notwendig empfunden wird. Und das ist die eigentliche Tragik dieses Abends.

Benjamin Britten
Peter Grimes

Inszenierung:  Keith Warner

Musikalische Leitung:  Thomas Guggeis

Wiederaufnahme an der Oper Frankfurt, 6. September 2025

von Dirk Schauß

Benjamin Brittens „Peter Grimes“ ist keine Oper, die sich im schönen Singen oder gefälliger Orchesterarbeit erschöpft. Dieses Werk lebt aus der Spannung zwischen Individuum und Gemeinschaft, zwischen Außenseitertum und kleinstädtischer Enge, aus psychologischer Feinzeichnung, die jede Figur zu einer Miniatur von großer Wahrheit macht.

Wenn eine Aufführung diese Dringlichkeit nicht entfaltet, verliert „Peter Grimes“ sein Fundament. Genau dies geschah nun bei der Wiederaufnahme der 2017 in Frankfurt herausgekommenen Inszenierung von Keith Warner am 6. September 2025: eine solide gearbeitete, in Teilen wirkungsvolle Produktion, die aber unter der musikalischen Leitung von GMD Thomas Guggeis in einer geradezu schmerzlichen Belanglosigkeit versank. „Benjamin Britten, Peter Grimes
Oper Frankfurt, 6. September 2025“
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„Gibt es überhaupt eine Klärung?“: Brigitte Fassbaender entmythisiert Wagners „Parsifal“ in Frankfurt

Parsifal Frankfurt © Monika Rittershaus

Kann man Wagners „Parsifal“ ohne Berücksichtigung des religiösen Fundaments inszenieren? Lässt sich das von Wagner so betitelte „Bühnenweihfestspiel“ entmythologisieren, ohne dass zentrale Inhalte verlorengehen? Wenn man Kammersängerin Brigitte Fassbaender als Regisseurin gewinnen kann, dann funktioniert auch das!

Richard Wagner, „Parsifal“

Ian Koziara, Tenor
Andreas Bauer Kanabas, Bass
Jennifer Holloway, Sopran
Nicholas Brownlee, Bassbariton
Iain MacNeil, Bariton
Alfred Reiter, Bass

Thomas Guggeis, Dirigent

Brigitte Fassbaender, Inszenierung

Frankfurter Opern- und Museumsorchester
Chor und Extrachor der Oper Frankfurt

Oper Frankfurt, 18. Mai 2025

von Dr. Andreas Ströbl

Verschworene Gemeinschaft im Felsenkeller

Zunächst bar jeder sakraler Symbole versammelt sich eine Gesellschaft von dunkel und uniform gekleideten Herren samt straff erzogener Jugendorganisation in einer Art Felsenkeller mit perspektivisch den Blick zum Bühnenhintergrund leitenden Wänden. Dort gibt es nur eine Reproduktion von Claude Monets „Seine-Arm bei Giverny“, kein echtes Fenster nach draußen. Man hat sich in einer Art Höhlen-Existenz eingerichtet, das Personal wirkt wie die Staffage eines Kollektivs ohne wahre Mission. „Richard Wagner, Parsifal
Oper Frankfurt, 18. Mai 2025“
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Freunde, vernehmet die Geschichte vom Frankfurter Postillon!

Francesco Demuro (Chapelou; in Uniform) sowie Ensemble und Chor der Oper Frankfurt © Barbara Aumüller

 Am Fastnachtssonntag steigt an der Oper Frankfurt die Premiere der Opéra comique “Le Postillon de Longjumeau” von Adolphe Adam, Übernahme einer Produktion der Tiroler Festspiele Erl.

Das Werk ist hauptsächlich bekannt durch die Arie des Titelhelden mit seinen Spitzentönen bis hinauf zum hohen D! “Freunde vernehmet die Geschichte”, ein Zugpferd von allen berühmten lyrischen Tenören. Sogar Richard Wagner soll diese unwiderstehliche Romanze gesummt haben, wenn er nachts nicht schlafen konnte. Viele weitere exquisite Gesangstücke machen dieses Werk zu einem Prototypen des Genres “opéra comique” und des französischen Gesangstiles des 19. Jahrhunderts.

Adolphe Adam (1803 – 1856)
Le Postillon de Longjumeau

Opéra comique in 3 Akten (Text: Adolphe de Leuven und Léon-Lévy Brunswick)

 Musikalische Leitung:  Beomseok Yi

Inszenierung:  Hans Walter Richter
Bühnenbild & Kostüme:  Kaspar Glarner

Frankfurter Opern- und Museumsorchester
Chor und Extrachor Herren des Oper Frankfurt (Leitung:  Álvaro Corral Matute)

Oper Frankfurt, 2. März 2025 PREMIERE

von Jean-Nico Schambourg

Was hat Adolphe Adam mit der hessischen Fassenacht zu tun? Der “Meenzer Narrhallamarsch” beruht auf einem Motiv aus der Oper “Le brasseur de Preston” (Der Brauer von Preston), die Adam 1838 komponierte. Dieses Motiv wurde dann von einem Mainzer Kapellmeister und Mitglied eines Fassnachtvereins zum berühmten Marsch der 5. Jahreszeit adaptiert und 1840 erstmals aufgeführt. „Adolphe Adam, Le Postillon de Longjumeau
Oper Frankfurt, 2. März 2025 PREMIERE“
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Die Oper “Guercœur” von Albéric Magnard verliert auch nach 100 Jahren nicht an Aktualität

Claudia Mahnke (Giselle) und Domen Križaj (Guercœur) © Barbara Aumüller

Nachdem ich letzte Saison in Straßburg der französischen Wiederbelebung der Oper “Guercœur” von Albéric Magnard beiwohnen durfte, hegte ich die Hoffnung, dass weitere Opernhäuser dieses grandiose Werk übernehmen werden. Umso erfreuter war ich, als ich sah, dass die Oper Frankfurt meinen geheimen Wunsch gleich in der Saison 2024/2025 erfüllt. Meine Begeisterung für dieses Werk wird durch die Frankfurter Aufführung bestätigt, vor allem wegen der fulminanten Leistung des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters unter der Leitung von Marie Jacquot.

Albéric Magnard (1865-1914)  GUERCŒUR
Lyrische Tragödie in 3 Akten (Libretto:  Albéric Magnard)

Musikalische Leitung:  Marie Jacquot

Inszenierung:  David Hermann
Bühnenbild:  Jo Schramm
Kostüme:  Sibylle Wallum

Frankfurter Opern- und Museumsorchester
Chor und Extrachor Herren des Oper Frankfurt (Leitung:  Virginie Déjos)

Oper Frankfurt, 1. März 2025

von Jean-Nico Schambourg

 “Guercœur” bietet thematisch und musikalisch alles, was sich Regisseur und Dirigent wünschen können. Der Kampf um die politische Macht, den die Diktatur schlussendlich gegen die Demokratie gewinnt, ist hochaktuell: Guercœur, der Märtyrer der Freiheit.

„Albéric Magnard (1865-1914), Guercœur
Oper Frankfurt, 1. März 2025“
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Denn Schmutz bist du, und zum Schmutz wirst du zurückkehren!

Brenda Rae und Simon Neal © Barbara Aumüller

In ihrer Inszenierung an der Oper Frankfurt zeigt die Regisseurin Nadja Loschky mit durchdachten Ideen den Aufstieg und Fall von Lulu, einer Frau, die aus der Gosse kommt, sich in der glamourösen Gesellschaft hoch-heiratet, um dann wieder in der Gosse zu landen, wo sie als Prostituierte von Jack the Ripper ermordet wird. Musikalisch wird der Abend zum Ereignis, weil Thomas Guggeis dem Publikum die Komposition von Alban Berg sehr schlüssig zu Ohren führt, unterstützt von einem erstklassigen Gesangs-Ensemble.

Alban Berg (1885-1935),  Lulu
Oper in drei Akten / Text vom Komponisten nach Frank Wedekind

Musikalische Leitung: Thomas Guggeis
Inszenierung: Nadja Loschky
Bühnenbild: Katharina Schlipf
Kostüme: Irina Spreckelmeyer

Frankfurter Opern- und Museumsorchester

Lulu Brenda Rae
Dr. Schön/Jack the Ripper Simon Neal
Alwa  AJ Glueckert
Gräfin Geschwitz  Claudia Mahnke
Maler/Freier  Theo Lebow
Tierbändiger/Athlet Kihwan Sim
Schigolch  Alfred Reiter

Oper Frankfurt, 9. November 2024

von Jean-Nico Schambourg

Es ist meine erste “Lulu”, die ich live auf einer Opernbühne sehe. Sicherlich werde ich sie mir nicht so oft anschauen und anhören wie zum Beispiel “Tosca”, “Carmen”, “Aida” oder andere Opernhits! Allerdings ist das, was die Oper Frankfurt mit der Inszenierung von Nadja Loschky und der musikalischen Leitung von Thomas Guggeis auf die Bühne bringt, an Spannung kaum zu überbieten und hält mich über drei Stunden lang in ihrem Bann!

„Alban Berg (1885-1935), Lulu
Oper Frankfurt, 9. November 2024“
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Frankfurt, Opernhaus des Jahres 2024, zeigt eine fulminante “Lady Macbeth von Mzensk” von Dmitri Schostakowitsch

Aile Asszonyi, Dmitry Golovnin © Barbara Aumüller

Die Oper Frankfurt ist zum dritten Mal von der Zeitschrift “Die Opernwelt” zum Opernhaus des Jahres 2024 gewählt worden. Schaut man auf ihr Programm der Saison 2024/25 und hört man dann eine solch tolle Gesamtleistung wie bei dieser Wiederaufnahme der “Lady Macbeth von Mzensk” von Dmitri Schostakowitsch, kann man sich vorstellen, dass auch nächstes Jahr Frankfurt wieder zum absoluten Favoritenkreis gehören wird.


Dmitri D. Schostakowitsch (1906-1975)
LADY MACBETH VON MZENSK
Oper in vier Akten / Text vom Komponisten nach Nikolai S. Leskow

Musikalische Leitung: Thomas Guggeis
Inszenierung: Anselm Weber
Bühnenbild und Kostüme: Kaspar Glarner

Frankfurter Opern- und Museumsorchester
Chor und Extrachor der Oper Frankfurt (Leitung: Álvaro Corral Matute)


Oper Frankfurt, 29. September 2024

von Jean-Nico Schambourg

Unter ihrem Generalmusikdirektor Thomas Guggeis legt die Oper Frankfurt gleich zu Beginn mit der Wiederaufnahme aus dem Jahre 2019 in der Regie von Anselm Weber einen fulminanten Start hin. Aus dem Graben explodiert regelrecht eine berauschende Klangwelt, die Guggeis dem Frankfurter Opern- und Museumsorchester entlockt. Mit Momenten peitscht er das Orchester förmlich durch die Partitur. Die Liebesszene oder besser gesagt Sexszene zwischen Katerina und Sergei steigert sich nicht nur schauspielerisch, sondern auch klanglich zu einem riesigen Orgasmus, wunderbar vom Komponisten in Musik gesetzt und fantastisch vom Orchester wieder gegeben.

„Dmitri D. Schostakowitsch (1906-1975), Lady Macbeth von Mzensk
Oper Frankfurt, 29. September 2024“
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Der religiöse Wahnsinn, wie von Fromental Halévy in seiner Oper “La Juive” gezeichnet, ist auch heute noch immer aktuell

La Juive © Monika Rittershaus

An diesem Donnerstag findet nicht nur der zweite Spieltag der Fußball-EM in Frankfurt statt mit der Begegnung England gegen Dänemark, sondern auch die 2. Aufführung der Oper “La Juive” von Fromental Halévy. Während die Fußballfans beider Nationen gemeinsam dem Fußballgott huldigen, zerstreiten sich in der Oper Christen und Juden darüber, wessen Gott der größte sei. Dabei geht es in Wahrheit um Macht und nur in zweiter Linie um Religion, die nur das “Opium des Volkes” ist, wie schon unser guter alter Trierer Freund Karl Marx richtig bemerkte.

Fromental Halévy (1799-1862)

LA JUIVE (DIE JÜDIN)
Oper in fünf Akten / Text von Eugène Scribe

Musikalische Leitung          Henrik Nánási
Inszenierung                           Tatjana Gürbaca
Bühnenbild                              Klaus Grünberg
Kostüme                                   Silke Willrett

Frankfurter Opern- und Museumsorchester
Chor und Extrachor der Oper Frankfurt (Leitung: Tilman Michael)

Oper Frankfurt20. Juni 2024

von Jean-Nico Schambourg
Die grausame Auseinandersetzung der Handlung stellt den Rahmen für eine großartige französische “Grand Opéra” mit wunderbaren Arien, Duette, Terzetten, Ensembles und Chorszenen.

Rachel, die Tochter des jüdischen Goldschmieds Eléazar, ist in Samuel verliebt, in Wirklichkeit der christliche Fürst Leopold und mit Prinzessin Eudoxie verheiratet. Als ihre “schändliche” Liebesbeziehung auffliegt, werden Leopold, Rachel und Eléazar zum Tode verurteilt. Rachel rettet Leopolds Leben mit der Aussage, sie hätte gelogen betreffend ihre Liebesverbindung.

„Fromental Halévy (1799-1862) LA JUIVE (DIE JÜDIN)
Oper Frankfurt, 20. Juni 2024“
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Der Frankfurter Giulio Cesare besticht durch trefflichen Nachwuchs

Lawrence Zazzo (Giulio Cesare) © Monika Rittershaus

Georg-Friedrich Händel
Giulio Cesare in Egitto

Musikalische Leitung: Simone Di Felice
Inszenierung: Nadja Loschky
Bühnenbild: Étienne Pluss
Kostüme: Irina Spreckelmeyer
Licht: Joachim Klein
Chor: Tilman Michael


Oper Frankfurt,
14.April 2024

von Kirsten Liese

Der erste Blick fällt auf antike Büsten, aufgereiht auf Stelen, und etwas später auf einen Männertorso in einer Vitrine. Spielt diese Händeloper nun auch schon wieder in einem Museum wie vor nicht allzu langer Zeit in Paris die von Lotte de Beer verhunzte Aida?

Das wäre gewiss reiflich beliebig. Letztlich ließe sich jedes Stück in einem Museum verorten, ohne dass damit ein Erkenntnisgewinn einherginge. „Georg-Friedrich Händel, Giulio Cesare in Egitto
Oper Frankfurt, 14. April 2024“
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