CD-Besprechung:
Camille Saint-Saëns
L’Ancêtre
Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo
The Philharmonic Chorus of Tokyo
Kazuki Yamada
Palazzetto Bru Zane
von Peter Sommeregger
Der Ort für die – wenn auch nur konzertante – Wiederaufführung dieser Oper des Komponisten Saint-Saëns entsprach jenem der Uraufführung. Im Jahr 1906 war am prunkvollen Opernhaus von Monte Carlo „L’Ancêtre“ uraufgeführt worden, die erneute Aufführung in konzertanter Form erfolgte im Auditorium Rainer III., in unmittelbarer Nähe.
Das Werk wurde nach seiner Premiere von europäischen und außereuropäischen Opernhäusern nachgespielt, so führte es auch Angelo Neumann am Deutschen Theater in Prag auf. Spätestens nach dem 1. Weltkrieg verschwand das Werk aber von den Spielplänen.
Erneut ist es dem engagierten Institut Palazzetto Bru Zane zu danken, dass die nahezu vergessene Oper wieder aufgeführt wurde, und durch die Veröffentlichung des Konzertmitschnittes auf CD einem breiteren Publikum zugänglich gemacht wird.
Die Uraufführung 1906 war glänzend besetzt, die Namen Felia Litvine und Geraldine Farrar sind Opernfreunden heute noch ein Begriff. Bei der konzertanten Aufführung im Oktober 2024 mit dem Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo stand der japanische Dirigent Kazuki Yamada am Pult, der den Philharmonic Chorus of Tokyo mitgebracht hatte. Der Chor hat in dem Stück eine Art von die Handlung kommentierender Funktion.
Die Besetzung wird angeführt von der Sopranistin Jennifer Holloway in der Titelrolle der rachsüchtigen Ahnin Ninciata. Die Rolle gibt ihr ausgiebig Gelegenheit, ihren großen, dramatischen Sopran differenziert einzusetzen. In den kleineren Partien hinterlassen Gaëlle Arquez und Hélène Carpentier ebenfalls einen positiven Eindruck.
Dem Liebhaber Tébaldo gibt der Tenor Julien Henric ein schönes, lyrisches Profil, in kleineren Rollen sind Michael Arivony als Raphaël und Matthieu Lécroart zu hören, auch sie bewegen sich auf dem hohen Niveau der Besetzung.
Saint-Saëns orientierte sich bei dem Werk wohl an dem zu dieser Zeit speziell in der italienischen Oper populären Stil des Verismo. Leidenschaft, die sich in expressiven Ausbrüchen szenischer und musikalischer Form entfaltete, kennzeichnete diese Form. Eine Entsprechung dafür findet der Komponist in dieser Oper leider nicht. Selbst an dem dramaturgischen Höhepunkt des Dramas bleibt der Gesang der Protagonisten seltsam unterkühlt und leidenschaftslos. Es ist bedauerlich, aber schwer vorstellbar, dass dieses Werk erneut in das gängige Opernrepertoire Aufnahme finden wird. Die Einspielung hält sie aber als interessantes Dokument ihrer Entstehungszeit am Leben.
Peter Sommeregger, 25. September 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Camille Saint-Saëns, Samson und Dalila, Oper in drei Akten Opernhaus Kiel, 28. April 2024
Blu-ray: Camille Saint-Saëns, Samson et Dalila klassik-begeistert.de, 6. Februar 2024
Meine Lieblingsmusik 67: Camille Saint-Saëns, Sinfonie Nr. 3 in c-moll „Orgelsinfonie“ (1886)