Ohne Tenor wäre es eine herrliche Aufführung gewesen! Samson und Dalila in Kiel

Camille Saint-Saëns, Samson und Dalila, Oper in drei Akten  Opernhaus Kiel, 28. April 2024

Opern- und Extrachor, Statisterie © Olaf Struck

SAMSON UND DALILA
Oper in drei Akten
Musik von Camille Saint-Saëns
Text von Ferdinand Lemaire

Opernhaus Kiel, Premiere 7. Oktober 2024
Opernhaus Kiel, 28. April 2024

Musikalische Leitung:  Stefan Bone
Regie und Bühnenbild:  Immo Karaman
Choreografie und Kostüme:  Fabian Posca
Video:  Frank Böttcher
Choreinstudierung:  Gerald Krammer
Dramaturgie:  Ulrich Frey

Opernchor und Extrachor des Theaters Kiel
Philharmonisches Orchester Kiel


von Axel Wuttke

Camille Saint-Saëns’ 1877 in Weimar unter der Leitung von Franz Liszt uraufgeführte Oper Samson und Dalila hatte am 28.04.2024 in Kiel die letzte Vorstellung der vom Publikum und Presse gefeierten Inszenierung.

Immo Karaman schafft es mit seiner Regie, unterstützt vom Kostümbildner und Choreographen Fabian Posca, die biblische Geschichte klar und ohne Kitsch zu erzählen. Karaman und Posca verstehen es, alle Facetten aus den Figuren heraus zu holen und lassen in den Bewegungsabläufen den orientalischen Charakter und die Erotik nicht zu kurz kommen, ohne diese voyeuristisch auszustellen. Eine schlichte, sehr stimmungsvolle Arbeit.

Der Grundgedanke von Saint-Säens, ein Oratorium zu komponieren, wird immer wieder in den großen Chor-Szenen aufgenommen und ergreifend umgesetzt. Nur die aufwühlende Wirkung des Bacchanals im dritten Akt wird leider verschenk, da es zum großen Teil vor geschlossenem Vorhang gespielt wird. Schade, schließlich wäre so eine Lösung an einem Haus ohne eigene Ballett-Kompanie verständlich, in Kiel aber unnötig.

Opernchor und Extrachor des Theater Kiel © Olaf Struck

Stimmgewaltig der Chor und Extrachor, der auch darstellerisch hier stark eingebunden ist und sein Können unter beweis stellen kann.

Leider gab es immer wieder starke Wackelkontakte zwischen Chor und Orchester, die der Kapellmeister Stefan Bone mit großer Geste einfangen musste.  Bis auf einige leichte Wackler im Blech spielte das Orchester klangschön und inspiriert, sowohl an den lyrischen als auch an den auftrumpfenden Stellen.

Tatia Jibladze © Olaf Struck

Hervorragend die Dalila von Tatia Jibladze. Mit gleichmäßig strömendem, warmen Mezzo ist sie eine wunderbare Besetzung für die Partie, zumal sie auch darstellerisch und optisch keine Wünsche offenlässt. Zur recht wurde sie am Ende stürmisch bejubelt.

KS Tomohiro Takada, Tatia Jibladze © Olaf Struck

KS Tomohiro Takada gab einen volltönenden, sehr schönstimmigen Oberpriester, dessen Duett mit Tatia Jibladze ein Höhepunkt der Vorstellung war.

Tatia Jibldaze, Opern- und Extrachor, Tänzer*innen © Olaf Struck

Unverständlich das Engagement von Kostadin Andreev als Samson für diese letzte Aufführung. Die vorigen hatte Andeka Gorrotxategi erfolgreich gesungen. Der Sänger war einfach eine Zumutung. So wenig Musikalität und Stimmtechnik habe ich noch nie erleben müssen. Er überzieht die hohen Töne mit zurückgebogenem Körper bis sie wegbrechen. Oder er bereitet sie vor, indem er einfach Worte weglässt und nur einen hohen Ton schreit. Von Gesangskultur keine Spur. Legato, ein Fremdwort.

Eine allgemeine Anmerkung noch zum Schluss.

Es ist eine Zumutung für die Anwesenden und die Künstler, wenn nach Beginn der Vorstellung immer wieder verspätete Besucher eingelassen werden. Hier muss es klare Vorgaben von Seiten der Theaterleitung geben. Das gleiche gilt für das Zuspätkommen nach der Pause.

Und noch eine allgemeine Frage, wann wird endlich das nichtknisternde Bonbonpapier erfunden. Es wäre ein Segen.

Am Sonntag was es teilweise nicht mehr auszumachen, wo es überall knisterte. Von der alten Dame vor mir, die nach der Pause mit Weinglas und Brezel zurückkam, ganz zu schweigen. Und, welche Überraschung, das Glas zerschellte natürlich irgendwann am Ende laut auf dem Boden. Warum wird da vom Einlasspersonal nicht drauf geachtet.

Aber egal, da war bei mir die Stimmung schon lange ganz unten angekommen.

Axel Wuttke, 4. Mai 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Besetzung:

Dalila:  Tatia Jibladze
Samson:  Kostadin Andreev
Oberpriester des Dagon:  KS Tomohiro Takada
Abimélech, Satrap von Gaza:  Changdai Park
Ein alter Hebräer:  KS Jörg Sabrowski
Bote der Philister:  David Heimbucher
Erster Philister:  Wonjun Kim
Zweiter Philister:  Junggeun Choi

Camille Saint-Saëns: Samson et Dalila Staatsoper Unter den Linden, Berlin, 24. November 2019

Blu-ray: Camille Saint-Saëns, Samson et Dalila klassik-begeistert.de, 6. Februar 2024

Camille Saint-Saëns, SAMSON ET DALILA, Elina Garanca, Wiener Staatsoper

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