CD-Besprechung:
Richard Strauss
Elektra op. 58
Barbara Krieger
Sanja Anastasia
Astrid Weber
Jochen Kupfer
Sotiris Charalampous
Orchestre Experience
Julien Salemkour
Solo Musica SM 484
von Peter Sommeregger
Der Komponist Richard Strauss ging in seiner fünften Oper „Elektra“ bis an die Grenzen der Tonalität, und darüber hinaus. Auf einen Text von Hugo von Hofmannsthal, der in seiner Fassung die Erkenntnisse der Psychoanalyse in die griechische Tragödie einfließen ließ, entstand eines der kühnsten Werke der Opernliteratur.
Obwohl an allen großen Opernhäusern gespielt, gab es in jeder Sängergeneration nur eine überschaubare Zahl von Interpretinnen der Titelrolle. Das liegt eindeutig an den gewaltigen vokalen und darstellerischen Anforderungen an die Interpretin, aber auch die anderen Partien haben einen hohen Schwierigkeitsgrad. Deshalb verwundert es nicht, dass Schallplatteneinspielungen dieser Oper eher dünn gesät sind.
Dieser Tage erschien nun eine neue Einspielung des Werkes, die eine interessante Alternative zu den bereits historischen Aufnahmen von Karl Böhm, Georg Solti und Wolfgang Sawallisch darstellt.
Der Dirigent Julien Salemkour, lange Zeit an der Berliner Staatsoper tätig, dirigiert das nicht näher definierte Orchestre Experience. Er führt den Klangkörper zu einer glühenden, rauschhaften Intensität, die eine Steilvorlage für die Solisten bietet. Salemkour folgt exakt den Tempovorgaben des Komponisten, was für die Sänger nicht unproblematisch ist, aber ein hohes Maß an Authentizität erreicht. Es wurden auch alle Striche, die bei Bühnenaufführungen üblich sind, aufgemacht. Das Resultat ist eine Realisierung der Partitur, die in Zeitmaß und Vollständigkeit ohne Konkurrenz ist.
Die Sopranistin Barbara Krieger stellt sich beherzt der Herausforderung der Titelrolle. Sie legt die Rolle anfangs fast lyrisch an, kann aber ihren schlanken Sopran zu ungeheurer Intensität steigern, wobei ihre eine vorbildliche Textverständlichkeit gelingt. Dem hohen literarischen Rang des Librettos wird so endlich einmal Rechnung getragen. Krieger verdichtet ihre Interpretation durch permanente Steigerungen, bis sie sich am Ende zu Tode tanzt. Da werden viele Nuancen hörbar, die bei Live-Aufführungen oft nicht wahrzunehmen sind. Der Tonmeister Moritz Bergfeld hat hier wahre Wunder bewirkt, und trotz der mächtigen Orchesterpräsenz die Stimmen hörbar gemacht und ein transparentes Klangbild geschaffen.
Als Chrysothemis arbeitet Astrid Weber den Kontrast zur rachedurstigen Schwester deutlich heraus, ihr Verlangen nach weiblicher Erfüllung in der Mutterschaft kann sie glaubwürdig vermitteln. Den Part der schuldbeladenen Mutter der ungleichen Schwestern nutzt Sanja Anastasia für ein farbenreiches Porträt der von Ängsten geplagten Königin Klytämnestra. Jochen Kupfer gibt dem Orest mit seinem sonoren Bassbariton Wärme, aber auch kühne Entschlossenheit. Sotiris Charalampous lässt als Aegisth einen schönen, noch sehr entwicklungsfähigen Tenor mit großem Potential hören. Die kleinsten Rollen sind ebenfalls adäquat besetzt und runden den ausgewogenen Eindruck der Produktion positiv ab.
Peter Sommeregger, 11. April 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
CD/Blu-ray Besprechung: Richard Strauss, Arabella klassik-begeistert.de, 22. Februar 2025