Buchbesprechung:
Christian Thielemann
Richard Strauss Ein Zeitgenosse
C.H. Beck
von Peter Sommeregger
Christian Thielemann gilt heute zu Recht als einer der führenden Strauss-Dirigenten. In seinem von ihm bewusst überschaubar gehaltenen Repertoire nehmen die Werke von Richard Strauss neben denen Richard Wagners und Anton Bruckners den größten Raum ein.
Seit seinen Tagen als Korrepetitor hat der Dirigent sich in der Praxis ein kaum zu übertreffendes Wissen bis in Detailfragen des Oeuvres des Komponisten angeeignet. So gesehen ist er durchaus als Experte zu bezeichnen, jedes Detail seines neuen Buches weist ihn auch als solchen aus. So gelingt es ihm immer wieder, auch mit der umfangreichen Strauss-Literatur Vertraute zu überraschen.
Bereits 2012 hatte Thielemann ein ähnlich konzipiertes Buch über seine Erfahrungen mit der Musik Richard Wagners veröffentlicht, 2020 ein solches über Beethoven. Alle Publikationen entstanden unter Mitarbeit der Journalistin Christine Lemke-Matwey, Grundlage waren jeweils Gespräche zwischen Thielemann und Lemke-Matwey. Aufhorchen lässt Thielemanns Satz am Ende des Strauss-Buches über die Mitarbeiterin: „Sie hat mein Nachdenken über Richard Strauss so klug wie kenntnisreich hinterfragt und überaus trefflich in Worte gesetzt.“ Das klingt allerdings doch nach einem sehr wesentlichen Anteil an der textlichen Gestaltung der Publikation.
Wie auch immer, mit den Werken von Strauss ist Thielemann vertraut, seine Anmerkungen dazu geben seine praktischen Erfahrungen in der Aufführungspraxis wieder.
Er gliedert das Buch in die Abschnitte Tondichtungen, Opern der verschiedenen Schaffensperioden, Lieder, und spart natürlich auch Einlassungen über die Biographie des Komponisten nicht aus. Nicht mit allen Einschätzungen Thielemanns muss man einverstanden sein. Im gleichen Verlag wie Thielemanns Buch erschien vor Jahren eine Strauss-Biographie von Bryan Gilliam, die in ihrer Konzeption sehr ähnlich ist. Man will hier nichts unterstellen, aber sie könnte gut eine Blaupause für das neue Buch gewesen sein.
Dass Thielemann Richard Strauss als seinen Zeitgenossen beschreibt, soll bedeuten, dass Strauss für seine Laufbahn und in seiner Zeit sich schon als „moderner“ Künstler sah und auch wahrgenommen wurde.
Neue Erkenntnisse vermittelt das Buch nicht, aber aus der Feder eines Künstlers, der Strauss intensiv studiert und auch interpretiert hat, ist es in jedem Fall interessant. Es ist gut und flüssig lesbar, übersichtlich in der Gliederung, und mit einigen interessanten Abbildungen ausgestattet. Für viele Liebhaber des Strauss’schen Werkes und natürlich für die Anhängerschaft Christian Thielemanns durchaus zu empfehlen.
Peter Sommeregger, 23. September 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Buchrezension: Christian Thielemann. Meine Reise zu Beethoven