Benjamin Bernheim mischt Italienisches mit Französischem stilsicher und brillant

CD-Rezension: Benjamin Bernheim, Boulevard des Italiens,  klassik-begeistert.de

CD-Rezension

Benjamin Bernheim
Boulevard des Italiens

Orchestra del Teatro Comunale di Bologna
Frédéric Chaslin

Deutsche Grammophon 486 1964

von Peter Sommeregger

Der französische Tenor Benjamin Bernheim hat sich in den letzten Jahren zum großen Hoffnungsträger seines notorisch unterbesetzten Stimmfaches entwickelt. Noch bewegt er sich eher im lyrischen Fach, aber seine kräftige, schön gebildete Stimme lässt einen allmählichen Übergang zum Spinto-Fach vermuten. Bernheim verfügt über etwas, das man nicht lernen kann, nämlich ein charakteristisches persönliches Timbre, das man nach wenigen Tönen erkennt.

Das Konzept seines neuen, zweiten Recitals für die Deutsche Grammophon spielt mit der Wechselwirkung italienischer Komponisten mit der französischen Grand Opéra. Die sorgfältig ausgewählten Arien und Szenen dieser CD sind sämtlich von italienischen Komponisten auf französische Libretti geschrieben, und wurden für die Aufführungen in Paris, der damaligen Opernhauptstadt umgearbeitet.

Was vielleicht wie eine intellektuelle Spielerei erscheint, entpuppt sich bei genauem Hören als tatsächlich eigenständiger Stil. Der stilistische Ansatz der Interpretation ist deutlich durch den Duktus der französischen Sprache vorgegeben, die von französischen Sängern bevorzugte Kopfstimme ermöglicht einen fließenden Übergang zum Falsett, das Benjamin Bernheim souverän beherrscht.

Es ist tatsächlich so, dass man meint, einzelne bekannte Stücke zum ersten Mal zu hören. Das gilt besonders für die umfangreichen Ausschnitte aus „Don Carlos“ bei denen Florian Sempey seinen samtenen Bariton als Posa beisteuert, und sich optimal mit Bernheims Timbre verbindet.

Die Tradition des musikalischen Austausches zwischen italienischen Komponisten und der französischen Operntradition wird hier mit Beispielen verschiedener Epochen belegt. Sie reicht von Spontinis „La Vestale“, über Cherubinis „Alì Babà“, von Verdis „Don Carlos“, „Jerusalem“ und den „Vêpres Siciliennes“, bis zu der interessanten Ausgrabung von Mascagnis „Amica“  und zum Cavaradossi aus Puccinis „Tosca“.

Bernheim kann dabei seine Stilsicherheit und Brillanz beweisen, es gelingt ihm hervorragend, alle Stücke mit einer Eleganz des Stils anzureichern, die in der italienischen Version oft zu kurz kommt. Begleitet wird der Tenor vom Orchestra del Teatro Comunale di Bologna unter dem versierten Dirigenten Frédéric  Chaslin, auch dabei mischt sich Italienisches mit Französischem.

Eine interessante Veröffentlichung, nicht nur für Fans von Benjamin Bernheim, deren Zahl sich aber dadurch wohl noch steigern dürfte.

Peter Sommeregger, 22. März 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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