Hommage an Unsuk Chin, die in Berlin lebende bedeutende Koreanische Komponistin

CD-Rezension: Berliner Philharmoniker, Unsuk Chin  klassik-begeistert.de, 28. Dezember 2023

CD-Rezension:

Berliner Philharmoniker
Unsuk Chin

Edition Berliner Philharmoniker Recordings BPHR 230411

von Peter Sommeregger

Die der Koreanischen Komponistin Unsuk Chin gewidmete prächtig ausgestattete Edition ist erst die zweite, nach John Adams, die von den Berliner Philharmonikern einem zeitgenössischen Komponisten gewidmet wird. Sie dokumentiert die über die Jahre entstandene, fruchtbare Zusammenarbeit mit Unsuk Chin und enthält alle vom Orchester aufgeführten Kompositionen, mit Ausnahme des Violinkonzertes sogar als Video.

Die Komponistin studierte anfangs in ihrer koreanischen Heimat, das zur Zeit ihrer Jugend nach eigenen Aussagen kein guter Ort für eine Frau war. Mit Hilfe eines Stipendiums gelangte sie nach Hamburg, wo sie Schülerin György Ligetis wurde, zu dem sie allerdings ein schwieriges Verhältnis hatte. Als Komponistin aktiv wurde sie erst richtig in Berlin, wohin sie von Hamburg übersiedelte.

Unsuk Chins Stil ist schwer einzuordnen, die von großer Individualität zeugenden Kompositionen enthalten weder Elemente der Musik ihrer asiatischen Heimat, noch versuchen sie eine Brücke zwischen den Kulturen zu schlagen. Äußerlich folgen ihre Werke oft konventionellen Formen, in der Edition enthalten sind ein Violinkonzert, eines für Klavier und ein weiteres für Cello. Ihre reinen Orchesterstücke sind extrem farbenreich, jedes einzelne entwickelt einen höchst individuellen Ton, man meint, Farben förmlich hören zu können.

Erfolgreich wurde 2007 Chins Oper „Alice in Wonderland“ in München uraufgeführt, in der vorliegenden Edition ist das Stück „Le silence  des Sirènes“ für Sopran und Orchester enthalten, ein wahrer Höllenritt für einen Sopran, den die Sopranistin Barbara Hannigan aber souverän und virtuos meistert. Der Solist im Cellokonzert, das in einem Konzert von 2014 unter Myung-Whun Chung erklingt, ist Alban Gerhardt, der das Werk 2009 auch uraufgeführt hat.

Barbara Hannigan © Musacchio und Ianniello

Die Aufnahme des Violinkonzerts leitete Sir Simon Rattle 2005 mit Christian Tetzlaff als Solist. Beim Klavierkonzert war 2021 Sakari Oramo der Dirigent, der koreanische Pianist Sunwook Kim der Solist. Das Werk war bereits 1997 in Cardiff uraufgeführt worden.

Die Orchesterstücke Chorós Chordón wurden unter Sir Simon Rattle 2017, Rocaná von 2008 unter Daniel Harding 2022 aufgeführt.

Die Edition enthält außerdem ein über 40-minütiges Video-Porträt der Komponistin, in dem sie in perfektem Deutsch viel über ihren Werdegang und ihr künstlerisches Credo verrät. Dem Farbenreichtum von Chins Musik entspricht auch die aufwändige, sehr ansprechende Gestaltung der Box, die der Künstler Takahiro Kurashima besorgte. Zwei Audio-CDs enthalten in höchster Qualität sämtliche Tonaufnahmen, eine Blu-ray-Disc die Video-Mitschnitte mit Ausnahme des Violinkonzertes, dafür aber das Video-Porträt Chins.

Mit dieser Liebesgabe erfährt die Komponistin eine verdiente Würdigung, die vor allem auch ihre Verbundenheit mit dem Orchester dokumentiert. Die Auseinandersetzung mit dem beeindruckenden Werk der Künstlerin lohnt in jedem Fall und eröffnet den Zugang zu ungewohnten, aber höchst ansprechenden Klangwelten.

Peter Sommeregger, 28. Dezember 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

CD/Blu-ray-Rezension: Berliner Philharmoniker, Kirill Petrenko, Dmitri Shostakovich, Symphonies 8  9  10 klassik-begeistert.de, 21. April 2023

CD-Rezension: Violinkonzerte von Beethoven, Berg und Bartók, Frank Peter Zimmermann, Berliner Philharmoniker klassik-begeistert.de, 7. November 2021

CD- Rezension: Anton Bruckner, Symphonien 1-9, Berliner Philharmoniker

Gustav Mahlers „Blaues Wunder“, Berliner Philharmoniker CD/DVD-Rezension 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert