Foto: © Christoph Köstlin / DG
„Stimmlich ist Andrè Schuen der hier gestellten Aufgabe souverän gewachsen. Sein weicher, schlanker Bariton hat alles an Geschmeidigkeit und persönlichen Farben, was man sich nur wünschen kann, aber irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass er es noch besser könnte.“
CD-Rezension: Franz Schubert, Die schöne Müllerin
DG 483 9558
Andrè Schuen, Bariton
Daniel Heide, Klavier
von Peter Sommeregger
Der aus Südtirol stammende Bariton Andrè Schuen klettert trotz der durch Corona bedingten Ausdünnung der Kulturszene beständig höher auf seiner Karriereleiter. Sein Guglielmo bei den Salzburger Festspielen in einer reduzierten „Così fan tutte“, zuletzt sein Figaro-Graf in Wien in der Wiederaufnahme der klassischen Ponnelle-Inszenierung waren wichtige Stationen auf dem Weg an die Spitze. Die ehrwürdige Deutsche Grammophon-Gesellschaft tat gut daran, sich den Bariton mit einem Exklusiv-Vertrag zu sichern, eine Ehre, welche in Zeiten eines stetig sinkenden vokalen Niveaus nur wenigen Sängern zuteil wird.
Doppelt erfreulich, dass sich Schuen für sein Debütalbum Schuberts Liederzyklus „Die schöne Müllerin“ gewählt hat. Der Liedgesang, der leider mehr und mehr zu einer aussterbenden Kunst verkümmert, braucht dringend neue Interpreten. Schuen hat bereits mit mehreren Liederabenden bewiesen, dass das Kunstlied durchaus seine Domäne ist.
Als Pianist hat Schuen den aus Weimar stammenden renommierten Klavierbegleiter Daniel Heide gewählt. Der Einstieg in den Zyklus gelingt den Künstlern eher robust, Schuen markiert einen forschen Naturburschen, erst im weiteren Verlauf des Zyklus wird das Spektrum seiner Ausdrucksmöglichkeiten erweitert. Das wäre eine durchaus legitime Herangehensweise, würden sich die Stimmungswechsel nicht fast ausschließlich in der Wahl der Tempi und der Lautstärke manifestieren. Den deutlichen Bruch bei „Der Neugierige“ und später bei „Eifersucht und Stolz“ wünschte man sich im Ausdruck etwas differenzierter.
Keine Frage, stimmlich ist Andrè Schuen der hier gestellten Aufgabe souverän gewachsen. Sein weicher, schlanker Bariton hat alles an Geschmeidigkeit und persönlichen Farben, was man sich nur wünschen kann, aber irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass er es noch besser könnte. Gerne würde man eines Tages auch die „Winterreise“ und den „Schwanengesang“ von diesem Sänger hören, aber vielleicht sollte sich Andrè Schuen damit noch etwas Zeit lassen und seine Interpretationen in Ruhe reifen lassen.
Trotzdem: ein gelungener, hörenswerter Einstand!
Peter Sommeregger, 25. Februar 2021, für
klassik-begeister.de und klassik-begeistert.at
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Die „Winterreise“ habe ich von André Schuen am 25. August 2019 bei der Schubertiade in Schwarzenberg gehört, die „Müllerin“ am 29. August 2018 ebendort. Und für die heurige Schubertiade (wenn sie denn stattfinden kann) sind in Schwarzenberg alle drei Zyklen angekündigt. Immer mit Daniel Heide, der ist nämlich der ständige Klavierbegleiter von André Schuen
Die neue CD der „Müllerin“ mit Schuen und Heide ist seit gestern in meinem Besitz, zum Wochenende werde ich sie in aller Ruhe hören. Vielleicht kommentiere ich dann auch Ihre Kritik (robust, Lautstärke, …). Im Angelika-Kaufmann-Saal in Schwarzenberg waren beide Zyklen jedenfalls nahe an einer Sternstunde des Liedgesanges.
Michael Koling