CD/Blu-ray Rezension:
Der Dirigent Emmanuel Villaume leitet das Orchester und den Chor des Liceu mit Umsicht, und ist den Sängern ein guter und sensibler Begleiter. Die Defizite in den leider falsch besetzten Hauptpartien kann er leider nicht vergessen machen.
Giacomo Puccini
Manon Lescaut
Gregory Kunde Des Grieux
Ludmyla Monastyrska Manon
Emmanuel Villaume Dirigent
Davide Livermore Regie
Gran Teatre del Liceu
c-major 766404
von Peter Sommeregger
Diese Produktion des berühmten Liceu, des Opernhauses von Barcelona, stammt bereits aus dem Jahr 2018. Ihren Weg auf Blu-ray hat sie aktuell erst jetzt gefunden.
Der Regisseur Davide Livermore erzählt die Geschichte der leichtfertigen Manon eher konventionell, aber mit einigen originellen Einfällen. So stellt er der Oper eine Sprechszene voran, in welcher der alt gewordene Des Grieux das ehemalige Immigranten-Ghetto Ellis Island in New York besucht, und dort seinen Erinnerungen nachhängt.
Diese Figur wird während der gesamten Aufführung als alter ego des Liebhabers präsent bleiben, was dann vielleicht zu viel des Guten ist. Davon abgesehen belässt es der Regisseur bei einer nicht das Werk entstellenden Personenführung, die das Werk stringent erzählt.
Gut besetzt sind die kleineren Rollen, wie der Lescaut mit David Bižic und der Geronte di Ravoir mit Carlos Chausson. Die Besetzung des Liebespaares mit Gregory Kunde und Ludmyla Monastyrska ist allerdings problematisch.
Gregory Kunde war zum Zeitpunkt der Aufführung bereits deutlich über 60 Jahre alt, sein kräftiger Spinto-Tenor hat technisch mit der Partie des Grieux kein Problem, wenn man von einer steifen Höhe an exponierten Stellen absieht, aber die Aura eines feurigen jungen Liebhabers kann er nicht mehr glaubwürdig auf die Bühne bringen.
Anders liegt das Problem bei Ludmyla Monastyrska in der Titelrolle. Auch sie ist deutlich zu alt für das kapriziöse Mädchen, das sie verkörpern soll. Dazu kommt aber eine ausufernde Leibesfülle, die in Verbindung mit einem starken Tremolo ihres großen Soprans eher die Anmutung einer reifen Matrone vermittelt. Man trifft hier auf ein Paar in reifen Jahren, dem man den jugendlichen Leichtsinn nicht mehr wirklich zutraut.
Die Regie nimmt darauf durchaus Rücksicht, aus dem geschmacklichen Rahmen fällt allerdings der zweite Akt, der im Hause des reichen Geronte de Revoir spielt. Hier wird die Atmosphäre und Optik eines Bordells erzeugt, was sich mit dem Libretto nicht wirklich verträgt. Die letzte Szene spielt wieder auf Ellis Island, mit der Freiheitsstatue im Hintergrund.
Der Dirigent Emmanuel Villaume leitet das Orchester und den Chor des Liceu mit Umsicht, und ist den Sängern ein guter und sensibler Begleiter. Die Defizite in den leider falsch besetzten Hauptpartien kann er leider nicht vergessen machen.
Peter Sommeregger, 23. April 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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