CD-Rezension:
Giuseppe Verdi
La Traviata
Lisette Oropesa
René Barbera
Lester Lynch
Dresdner Philharmonie
Daniel Oren
Pentatone PTC 5186 956
von Peter Sommeregger
Giuseppe Verdis „La Traviata“ ist eine der am häufigsten gespielten Opern überhaupt. Auch der Katalog der existierenden Einspielungen auf Tonträgern ist umfangreich. So umfangreich, dass man schon gute Gründe braucht, um eine neue Aufnahme zu rechtfertigen. Im aktuellen Fall ist wohl die amerikanisch-kubanische Sopranistin Lisette Oropesa und ihre schnell an Fahrt aufnehmende Karriere ausschlaggebend gewesen.
Die Ära der großen, aufwändig produzierten Studioaufnahmen der 1970er und 80er-Jahre schien endgültig vorbei, aber gerade zeichnet sich eine Rückkehr dazu ab. Um es vorweg zu nehmen: Lisette Oropesa erfüllt die in sie gesetzten Erwartungen und singt eine technisch perfekte, nuancenreiche Violetta. Ihr zartes, ausgesprochen schönes Timbre prädestiniert sie für die Gestaltung der Kameliendame. Lediglich an den exponierten Stellen klingt die Stimme etwas kehlig. Leider hat man versäumt, Oropesa adäquate Partner zur Seite zu stellen. Der Tenor René Barbera verfügt über schönes Stimm-Material, mit der Partie des Alfredo scheint er sich aber (noch) zu viel zuzumuten. Es fehlt ein wenig an Volumen und dem für diese Rolle obligatorischen Schmelz der Stimme. Der Padre Germont von Lester Lynch ist eine eklatante Fehlbesetzung. Sein trockener Bariton klingt stellenweise beinahe heiser und kann nicht den gewünschten Eindruck väterlich sonorer Seriosität herstellen.
Eine Parallele drängt sich auf: die große Montserrat Caballé feierte einst mit einer Traviata ihr Schallplatten-Debüt, allerdings waren ihre damaligen Partner der Sopranistin durchaus ebenbürtig.
Auffallend schlecht besetzt sind die kleinen und kleinsten Rollen. Haben sich in der Musikstadt Dresden tatsächlich keine besseren Comprimarii finden lassen?
Punktgenau und souverän agiert der Sächsische Staatsopern-Chor, die Philharmonie Dresden musiziert einen geschmeidigen Verdi. Dem erfahrenen Dirigenten Daniel Oren gelingt es aber leider nicht, interpretatorische Akzente zu setzen, über weite Strecken holpert der Fluss der Musik ein wenig zu robust. Störend wirken auch auffallend lange Generalpausen zwischen den einzelnen Takes.
Für die zahlreichen Fans von Lisette Oropesa ist die Aufnahme ein Muss, aber der Gesamteindruck bleibt leider unbefriedigend. Eine Schwalbe macht eben noch keinen Sommer…
Peter Sommeregger, 9. Juni 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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Tchaikovsky & Glasunov, Violin Concertos klassik-begistert.de
Lieber Herr Sommeregger,
das Schallplatten-Debut (Operngesamtaufnahme) von M. Caballé war Donizettis „Lucrezia Borgia“ (nicht „La Traviata“).
Mit freundlichen Grüßen
Dieter Fuoß