Mariss Jansons zeigt Rachmaninov auf der Höhe seiner Schaffenskraft

CD-Rezension: Sergey Rachmaninov, Mariss Jansons, Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks

Symbolbild: Mariss Jansons und das Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks in der Carnegie Hall in New York. Foto: © BR / Astrid Ackermann

CD-Rezension: Sergey Rachmaninov (BR Klassik 900154)

„Die Glocken“ op. 35, Symphonisches Poem nach einem Gedicht von Edgar Allen Poe für Sopran, Tenor, Bariton, Chor und Orchester
Symphonische Tänze op. 45 für Orchester

Tatiana Pavlovskaya, Sopran
Oleg Dulgov, Tenor
Alexey Markov, Bariton

Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Leitung: Mariss Jansons

von Peter Sommeregger

Als der Chefdirigent des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks, Mariss Jansons im Dezember 2019 starb, ging eine lange, fruchtbare Zusammenarbeit zu Ende. Als Glücksfall muss man es bezeichnen, dass der Bayerische Rundfunk praktisch sämtliche Konzerte Jansons mitgeschnitten hat und diese nach und nach auf dem eigenen Label BR Klassik auf Tonträgern veröffentlicht.

Die vorliegende CD mit Werken Rachmaninovs gibt zwei Konzerte wieder, die bereits 2016 und 2017 im Münchner Herkulesssaal stattfanden. Die als symphonisches Poem bezeichnete Komposition „Die Glocken“ op. 35 ist eine vierteilige Chorsymphonie, die vier Arten von Glockenklängen symbolisieren sollen, die schicksalhafte Phasen des menschlichen Lebens charakterisieren, man denkt dabei auch an Schillers „Glocke“. Aber dieser Text ist die russische Übersetzung eines Gedichtes von Edgar Allan Poe

Der aufgebotene Apparat ist gewaltig, der vokale Hauptpart wird vom Chor übernommen, im ersten Teil tritt auch noch ein Tenor-Solist hervor. Oleg Dolgov bringt dafür einen kräftigen, heldischen Tenor mit, der es mit dem Chor durchaus aufnehmen kann und kraftvolle Akzente setzt. Der etwas schartige, schlecht fokussierte Sopran Tatiana Pavlovskayas im zweiten Abschnitt bereitet da schon weniger Freude. Im vierten Teil versöhnt der sonore Bariton Alexey Markovs mit strömender, ausdrucksvoller Stimme.

Ein Werk, das den russischen Komponisten auf der Höhe seiner Schaffenskraft zeigt. Man wundert sich, dass man ihm nicht öfter im Konzertsaal begegnet.

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Rudolf Buchbinder, Mariss Jansons, Elbphilharmonie, 29. Oktober 2019

Als zweites Werk finden sich auf der CD die später entstandenen „Symphonischen Tänze“ op. 45, die im Aufbau eigentlich wie eine dreisätzige Symphonie wirken. Es sollte das letzte Werk des Komponisten werden, entstanden nach Jahren im amerikanischen Exil. Der erste Satz beginnt mit einem schneidigen, kraftvollen Motiv, das aber bald von einer lyrischen Passage unterbrochen wird, ehe er mit der Rückkehr zum ersten Motiv schließt.

Der zweite Satz erinnert fast an einen Walzer, schwungvoll wird hier ein Tanzwirbel erzeugt, der allerdings bald in Melancholie umschlägt. Der dritte Satz: Rachmaninows letzte Komposition nimmt eindeutig eine spirituelle Wendung, der Komponist verarbeitet hier einen Gesang aus dem byzantinischen Abendlob. Dazwischen wird ein strenges Marschthema eingeführt. Das „Gesegnet sei der Herr“ bildet den feierlichen Schlusspunkt.

Mariss Jansons scheint eine starke Affinität zur Musik Rachmaninovs zu haben, es gelingt ihm ausgezeichnet, in beiden Werken den Spannungsbogen zu halten und eine äußerst homogene und stimmige Interpretation zu bieten. Für die Rachmaninov-Discographie stellt diese CD jedenfalls eindeutig eine Bereicherung dar.

Peter Sommeregger, 15. August 2020, für
klassik-begeistert.de und klassik- begeistert.at

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