Liebesdrama in Wien: Für Nadine Sierra stirbt Roméo zurecht

Charles Gounod, Roméo et Juliette   Wiener Staatsoper, 8. September 2024

Roméo et Juliette © Michaael Pöhn

Rot ist die Liebe. Deshalb spielen bei Jürgen Flimms Regie von „Roméo et Juliette“ Kostume in Rottönen eine Rolle. Von flammender Leidenschaft sonst wenig Spur. Bertrand de Billy bleibt am Pult der Wiener Staatsoper verhalten. Saimir Pirgu setzt als Roméo überwiegend auf Lautstärke. Nur Nadine Sierra holt die Kastanien aus dem Feuer und reißt zum Ende alle vom Hocker – Leidenschaft und Facettenreichtum pur!


Charles Gounod
Roméo et Juliette

Wiener Staatsoper, 8. September 2024

von Jürgen Pathy

„Sie g’foit ma net!“. Mit dieser Meinung steht die Dame allein auf weiter Flur. Dass Nadine Sierra „zu dünn“ in den Höhen sei, könnte man schon meinen. Anfangs, da wirkte die Stimme leicht, fast ohne Stütze. Das könnte die Meinung des Gasts beeinflusst haben. Dass das alles auf Konzept basieren dürfte, einem Ausdruck der Wandlung über rund zweieinhalb Stunden Liebesdrama, sollte die Dame nicht außer Acht lassen.

Die große Sierra-Show

Anfangs ein naives, kleines Mädchen, das glockenhell dahinträllert. Danach deutlich mehr Kraft, eine dunklere Farbe, satter, voller – ein Ausdruck des Wandels, des Lebens, das der liebenden Juliette nicht gerade wohlgesonnen ist. All das durchlebt man mit Nadine Sierra bis hin zur finstersten Stunde. Dem Schlaftrunk, um der Zwangsheirat des Vaters zu entfliehen und ihrer wahren Liebe zu folgen. Geht letztendlich in die Hose, wie man weiß. Roméo greift zum Gifttrank, Juliette folgt in den Freitod.

Saimir Pirgu und Nadine Sierra © Wiener Staatsoper

Von Sierra alles mit schier unfassbarer Leichtigkeit gesungen. Dazu der „Facettenreichtum“, der bei der Amerikanerin nicht bloß eine rhetorische Floskel ist. Drei Gemütszustände, drei unterschiedliche Farben in der Stimme. Dass die 36-Jährige dabei durch die Mega-Partitur fetzt, als gäb’s nichts Leichteres, ist sowieso kaum zu glauben. Zum Ende bleibt einem die Spucke weg. Da zuckt sie völlig aus, die Juliette, bevor sie in den Tiefschlaf fällt. So ein wenig die „Wahnsinnsszene“ von Gounod. Musikalität, Technik und Ausdruck auf höchstem Niveau. Der Rest ist ernüchternd.

Roméo et Juliette © Wiener Staatsoper

Graf Capulet muss es richten

Saimir Pirgu setzt als Roméo rein auf Dezibel. Sein Timbre ist bezaubernd, keine Frage. Seine „Italianità“ einprägsam. Nur: Als großspuriger Schreihals lässt er feine Nuancen und Legatogesang schwer vermissen.

Bertrand de Billy holt aus dem Staatsopernorchester ebenso nicht das Optimum heraus. Der Blick in den Graben lässt von Anbeginn böses erahnen. Fünf Pulte für die zweiten Geigen, zehn Musiker also – davon allein sieben junge Damen. Mehr fast als die Wiener Philharmoniker im ganzen Verein als Mitglieder zählen. Substitute mit Sicherheit, denen vermutlich keine Orchesterprobe vergönnt war. Keine Überraschung somit, dass die Partitur einer emotionalen Entschlackungskur unterzogen wird.

Glücksgefühle liefern die kleinen Rollen. Patricia Nolz als Stéphano, Wolfgang Bankl als Graf Capulet, der als Familienoberhaupt seine Phrasen mit viel Kantabilität und lyrischer Schönheit schmückt. Peter Kellner ist sowieso eine Bank. Zu jung halt noch, um ihn als Pfaffen ins Rennen zu senden. Damit verschleudert man seine Qualitäten. Bertrand de Billy sollte Direktor Roščić ebenso andere Aufgaben anvertrauen. „Tosca“, „Roméo und Julia“, romantisches Repertoire generell – nein, danke! Bei Mozart kann der Franzose sein intellektuelles Kalkül besser zur Entfaltung bringen.

43 Gedanken zu „Charles Gounod, Roméo et Juliette
  Wiener Staatsoper, 8. September 2024“

  1. Herr Pathy, ich erlaube es mir, den Bericht eines Kollegen zu zitieren. Wie so oft fragt man sich, wie viele Aufführungen hat es gegeben? Waren Sie und Ihr Kollege in einer und derselben Aufführung? Dass Meinungen um 180 Grad differenzieren, macht bedenklich, besonders weil Sie nicht darauf eingehen, WIE Ms. Sierra durch die „Mega-Partitur fetzt“. Und in dem WIE, da liegt der ganze Unterschied!
    Ms. Sierra war eine rollendeckende Juliette, mit guter Stimme und in der Regel ausreichender Kraft (mit der oben geäußerten Einschränkung), doch sang sie immer wieder Phrasen mit weit offenem Mund, formte den Ton dort, anstatt die Vokale im Kehlkopf entstehen zu lassen. Manch hoher Ton geriet schrill und wurde mit viel Kraft attackiert. Bei den Koloraturen in „Ah, je veux vivre“ wirkten die ersten Töne immer hervorgestoßen und vom Rest des Laufes getrennt, als habe Gounod einen Akzent darauf notiert. Auch sang Ms. Sierra jeden Lauf für sich, nicht, wie z.B. Eidé Norena oder andere Meisterinnen ihres Faches, auf dem Atem, ebenmäßig balanciert.

    Sheryl Cupps

    1. Noch ein Zusatz. Wer die Berichte des Kollegen kennt, kann unterm Strich behaupten: Er gibt mindestens eine 2+. Zwischen den Zeilen lesen ist da notwendig. Der verfällt nie in regelrechte Euphorie!

      Jürgen Pathy

  2. Merci M. Pathy, nous avons entendu la même chose…

    Nadine Sierra wird in 5 Jahren die Größte sein, wenn sie weiterhin die gleichen Lehrer behält und die Rollenwahl stimmt, egal was man ihr bietet. Bisher hat sie widerstanden, wie Flórez, der auch für kein Geld der Welt eine falsche Rolle annähme. Anders als Kaufmann, der einfach alles mitnimmt. Das hört man seit zehn Jahren.
    Amitiés
    Franco Bastiano, Paris v-ième

    1. Flórez HAT keine Entwicklungsmöglichkeiten. Das zeigen seine Verdi-Versuche. Er ist auf sein Ursprungs-Repertoire beschränkt, das er zur Perfektion ausgebaut hat.
      Vielseitigkeit und intelligente Rollengestaltung ist nicht jedem gegeben…

      Waltraud Becker

      1. Ich sehe das genauso, Frau Becker! Als Alfredo hat Flórez schon enorm zu kämpfen. Überhaupt an einem Haus wie der Wiener Staatsoper. Wenn die Regie noch dazu keine Rücksicht auf ihn nimmt, ist seine Stimme einfach zu „klein“, zu leise. So schön sie auch klingen mag. Als „Faust“ stand er komplett auf verlorenem Posten. Ich hatte fast Mitleid, als ich mir diese Pantomime-Show ansehen musste.

        Jürgen Pathy

  3. Mit Verlaub Sheryl Cupps, eine Eidé Norena hatte zeitlebens etwas Soubrettenhaftes an sich und ihr Vibrato war legendär im negativen Sinne.
    Dennoch eine gute Sängerin für gewisse Rollen.
    Ein Vergleich mit Nadine Sierra erscheint mir hingegen wie ein Witz. Dazwischen liegen Welten. Bei Sierra fließen Töne ohne Registeranstöße, also nahtlos bis ins Dreifachpiano. Auch bemängeln Sie, dass manche Töne vorn und nicht im Kehlkopf geformt werden; schon Caruso war berühmt für die Formung mancher Töne vorn im Mund. Das ist bewusst so gewählt und hat einen runden tragenden Effekt. Für die Phonation ist der musculus vocalis an den Stimmlippen entscheidend. Sierra beherrscht das alles makellos vorn und hinten, um mit Ihren Worten zu sprechen. Auch der perfekte Stimmlippenschluss ist bei Sierra außergewöhnlich stabil. Sie ist eine wahre Ausnahmeerscheinung, neben der viele Namen verblassen.
    Franco Bastiano, Paris V-ième

  4. Frau Becker beweist mal wieder, dass sie keine Ahnung über Flórez’ Möglichkeiten und Entwicklungsstufen hat. Flórez hat ein einziges Mal in seiner Karriere eine Rolle zu früh gesungen, wenn auch nur wenige Vorstellungen. Das war der Herzog von Mantua in Dresden, den er heute mit Glanz singt. In seiner Entwicklung zeigt er eine Stetigkeit, die erstaunt. So heben sich Rollen aus Werther, Hoffmann, Manon, Roméo et Juliette, Les Huguenots, Lucia di Lammermoor, Linda di Chamounix sowie La favorita von seinen ca. zwölf Opernrollen des frühen und mittleren Belcanto ab. Auch singt Flórez Mozart und zwar Così fan tutte, Le nozze di Figaro und Die Entführung… Er singt auch Barockopern und mit großem Erfolg La Traviata und La Bohème. Er hat ein riesiges Repertoire. Hinzu kommen noch etwa zehn weniger bekannte Opern, die ich nicht alle aufführen kann. Seine Stimmbeherrschung ist legendär und zu Recht ist er heute der höchstbezahlte Tenor.
    Wenn Frau Becker Flórez’ Stimme nicht gefällt, so gehört das zur Kategorie Geschmack. Man sollte das dann auch sagen und nicht seine Unkenntnis über die Entwicklung eines Sängers zur Schau stellen.
    Cordialmente
    Franco Bastiano, Paris V-ième, France

    1. Sorry, sein Alfredo konnte ganz und gar nicht überzeugen. Alle anderen Partien gehören genau in sein (beschränktes) Fach. Mozart habe ich noch nie von ihm gehört (wohl eine Hör-Lücke meinerseits oder es lag weit in der Jugendzeit).
      Mit keinem Wort habe ich gesagt, dass mir die Stimme nicht gefällt. Im Gegenteil, in seinem Fach ist er neben Camarena DER Sänger.
      Ein Repertoire ist ab etwa 40 Rollen riesig; zuvor vielleicht umfangreich. Um ein „riesiges“ Repertoire zu haben, muss man(n) schon mehrere Fächer erfolgreich beherrschen. Pavarotti war mit einer kleinen Anzahl an Rollen erfolgreich; Domingo hat allein als Tenor alle Zeitgenossen übertroffen (Der Tenor mit den meisten Partien war übrigens Andreas Dippel; 164 Rollen hat er gesungen, war auch eine zeitlang Co-Direktor der Met).
      Mann sollte nicht vor lauter Begeisterung zu Übertreibungen ausholen; das macht sich nicht gut.
      Höchstbezahlt? Das würde mich interessieren…

      Waltraud Becker

  5. Dippel gehört in ein ganz anderes Jahrhundert, stammte aus Kassel und bevor er in den USA reüssierte machte er sich auch in Deutschland einen Namen. Er war vor allem im heldischen Fach tätig und sang schwere Rollen vornehmlich im Italienischen und Deutschen Fach gleichermaßen erfolgreich.
    Flórez’ Einzigartigkeit zeigt sich auch darin, dass er die Rollen der ersten zehn Jahre seiner Karriere auch heute, nach einer bemerkenswerten Entwicklung, noch immer singen kann. Er beherrscht ein hohes D mit Bruststütze, während ein Domingo, obwohl zu Recht sehr erfolgreich, kein echtes hohes C besaß, das für manche Rollen unerlässlich ist. Er transponierte fleissig und drückte die Töne hoch wie auch Kaufmann. Auch er hatte nie ein echtes hohes C und schlabberte (komisches deutsches Wort) gern achtel- und sechzehntel-Noten, was in der Stretta im Trovatore gar nicht geht.
    Flórez beherrscht sechzig Opernrollen, ein riesiges Konzertprogramm, singt auch West Side Story und als Ausnahmetalent Zarzuela, eine ganz eigene Kategorie. Ich vergaß noch Opern wie Falstaff, Rosenkavalier, Jérusalem und Luisa Miller, Gianni Schicchi und La donna del lago sowie Maria Stuarda.
    Mozart singt Flórez erst seit ein paar Jahren. Bemerkenswert ist auch Orpheus et Euridice. Sein Edgardo hat die Wiener mitgerissen und da gibt es durchaus sehr dramatische Momente, sogar solche, die einen Spinto erfordern. Traviata singt Flórez vorbildlich mit der oft weggelassenen Stretta (doppelt). Dass mal ein Abend nicht ganz das höchste Niveau erreicht, ist normal beim Instrument Stimme, aber äußerst selten bei Flórez, wie auch seine ‚Absagekultur‘, die bei den Herren Domingo und Kaufmann vor allem, der gar nicht in diese Kategorien gehört, vernachlässigt werden kann.
    Ich muss mich hier verabschieden, denn trotz meines Alters bin ich noch immer als Stimm-Disponent unterwegs, seit 50 Jahren.
    Franco Bastiano, Paris V-ième

    1. Zwei Anfragen: was sind die 60 (!!!) Partien und wie hoch sind die Gagen (Zahlen bitte!)?
      Dass Sie ein Liebhaber hoher Tenorstimmen sind, zeigen schon die ständig eingeworfenen Seitenhiebe auf die Tenöre mit dunklerer Stimmfarbe.
      Flórez’ West Side Story und Ausflüge in der spanische Operette wird positiv ins Treffen geführt, Kaufmanns breites Programm über die klassische Oper hinaus wird beschimpft.
      Den Rosenkavalier-Sänger hat ja wohl schon jeder einigermaßen bekannte Tenor gesungen; das würde ich nicht als Facherweiterung ansehen. Bei Strauss gibt’s da noch ganz andere Partien, den Bacchus um Beispiel.
      Aber, was plage ich mich ab, jemandem die Grenzen einer Stimme darzulegen, der es nicht wissen will, obwohl er es wissen sollte.
      Dippel: danke, ich lebe in Kassel und weiß daher bestens Bescheid. Dippel hat zuletzt Cavaradossi an der Met 1903 gesungen, 107 Jahre später war Kaufmann der erste deutsche Tenor, den man danach für diese Partie dort engagierte…

      Waltraud Becker

      1. Hallo Signora Becker,
        ich kann nur in Tranchen auf Ihre letzte Anmerkung eingehen, denn ich bin zzt. beruflich auf Reisen zu Spaniens Opernhäusern: Real Madrid, Liceu Barcelona, Palau Reina Sofía Valencia, Euskalduna Bilbao, Auditorium Teneriffa, Santa Cruz und Teatro Pérez Galdós Las Palmas.
        Richtig ist: Andreas Dippel sang erstmalig am 19.12.1903 den Cavaradossi an der MET und in Folge 16 Mal bis zum 26.04.1907 dort. Ab 1908 hatte er auch die amerikanische Staatsangehörigkeit.
        Andere Korrekturen folgen –
        Franco Bastiano, actualmente Las Palmas/Gran Canaria

  6. Hallo, signora Becker, Sie haben gesehen, man kann in Kassel wohnen und doch nicht bestens Bescheid wissen, z.B. über Andreas Dippel. Und Sony schreibt viele Märchen auf seine Cover. Gern lügt man auch da, wenn man seine Stars lobt, siehe Kaufmann. Das Wissen über Stimmen: Kein Wunder, alle Datenbanken über Sänger und Opernhäuser sind in der Regel nur Leuten zugänglich, die, wie ich, beruflich damit zu tun haben. Sie meinten ja auch, weil ich Flórez derart lobe, meine Vorlieben lägen bei hohen Stimmen. Das Gegenteil ist der Fall, jedoch sprengt Flórez, was Stilsicherheit, Gesangskultur und Einsatz von Mitteln angeht, jeden Rahmen. Bei ihm gibt es weder gutturales Singen noch Knödeln, noch Mogeln und Schludern und keinerlei Registerbrüche. Hören Sie auf YouTube Fra poco a me ricovero aus Lucia di Lammermoor / Wien, Schlussszene 19 Min. und Sie verstehen, was ich meine. Das macht ihm niemand nach. Und Edgardo ist bereits ein jugendlich-dramatischer Tenor mit reichlich lyrischer Gestaltung. Demnächst folgt Pollione in Norma, der schon teilweise einen Spinto erfordert.
    Zu den Stimmen: Ich bevorzuge seit je den Verismo, Sänger wie Arturo Chacón-Cruz, Roberto Aronica, Enea Scala, Brandon Jovanovich, Giacomo Aragall, Franco Corelli, Ramon Vinay, Gianfranco Cecchele, Jon Vickes, Michael Spyres, Rodrigo Porras Garulo, Robert Dean Smith und Xavier Anduaga.
    Gestern habe ich das Geburtshaus von Alfredo Kraus besichtigt. Es steht mitten in der Altstadt von Las Palmas. Kraus war höhen- und stilsicher wie auch Nicolai Gedda. Beide gehören aber nicht zu meinen Favoriten. Es gibt in den Obertönen stets eine herbe, nüchterne, spröde Färbung. Das so wichtige Dolce für das Italienische Fach fehlt. Im Französichen Fach kann man das verschmerzen, da zählt die voix mixte.
    Cordialmente
    Franco Bastiano, actualmente Barcelona

  7. Kurznachricht: Man verachte mir die Zarzuela nicht. Die echte ist schwer zu singen und die West Side Story nicht minder. Da gibt es ein Video mit Bernstein selbst, wie er das Stück mit Carreras probt und beinahe verzweifelt, dass der renommierte Sänger die Sache kaum hinkriegt.
    Rosenkavalier: Flórez tat einem befreundeten Dirigenten den Gefallen, den Sänger zu singen. Das geschah zweimal zu einem symbolischen Gagewert in Südamerika, denn kein Opernhaus kann es sich leisten einen Flórez für eine Arie zu engagieren. Jedoch die Arie ist wichtig und ich habe es erlebt, dass sie einen Abend regelrecht herunterziehen konnte wie auch als Highlight den Rest vergessen machte.
    Bacchus, señora Becker, ist eine Heldenpartie, es zeugt nicht von Kenntnis, Flórez mit ihr in Verbindung zu bringen. Bei Strauss und Wagner sehe ich ihn gar nicht, eventuell in zehn Jahren Lohengrin, die italienischste Oper Wagners. Immerhin, die Stimme Flórez‘ hört sich, er ist fünfzig, an wie die eines 35-Jährigen, dank kluger Rollenwahl und Technik. Und den Kaiser wie auch Herodes wollen wir Flórez auch nicht anbieten.
    Kaufmanns Programm wird nicht bemängelt, jedoch wie der Sänger damit und mit Masse umgeht. Alles mitnehmen, egal was, wie die Firma Domingo, wie man in USA sagt und greedy, gierig, nennt man ihn da. Vor 15 Jahren, als Kaufmann noch oben war, hatte er die Angewohnheit, die ersten drei Vorstellungen zu singen und dann abzusagen. Manchmal nur eine. In den ersten drei Vorstellungen kamen oft die Aufzeichnungen und der Presse- und Medienzirkus. Darauf kam es ihm und der rabiaten Agentur Zemsky-Green in New York an. Auch Flórez war anfangs dort, verließ aber nach wenigen Saisons Zemsky-Green, als er erkannte, wie die Agentur die Sänger hetzt, und wechselte zu einer kleinen renommierten Agentur, der es auf Dauer, Schonung und Stimmerhalt ankommt. Kaufmann machte das auch in New York und kam zu einigen Proben nicht. Das gefiel dort nicht und man engagierte ihn zuletzt vor langer Zeit. Er erklärte, dann er wolle ohnehin nur noch in Europa singen, nur um in der nächsten Saison nach Korea und Australien aufzubrechen. Kommentar überflüssig.
    Franco Bastiano / Tenerife

  8. Hallo, señora Becker, hier die inzwischen über 70 Partien, die Flórez beherrscht, die Mühe habe ich mir gemacht: Il viaggio a Reims, Ermione, Il cappello di paglia, La alegría del batallón, El ultimo romántico, Rigoletto, Faust, La Traviata, I lombardi, Jerusalem, Il segreto di Susanna, Orféo et Euridice, Armida, Roméo et Juliette, La flor de la canela, Amapola, Le roi d’Ys, La pícara molinera, Cavalleria, Werther, Manon, Thaïs, Les Huguenots, Il crociato in Egitto, Così fan tutte, Le nozze di Figaro, Entführung, Il re pastore, Zauberflöte, La clemenza di Tito, Idomeneo, Il templario, Hoffmann, Gianni Schicchi, La Bohème, Semiramide, La Cenerentola, La donna del lago, Il barbiere di Siviglia, L’italiana in Algeri, Guillaume Tell, Otello (Rossini), Matilda di Shabran, Zelmira, Ricciardo e Zoraide, La sonnambula, I puritani, I Capuleti i Montecchi, Norma, Les pêcheurs de perles, La jolie fille de Perth, Griselda. Lakmé, Maria Stuarda, La fille du régiment, Linda di Chamounix, Don Pasquale, La favorita, L’elisir d’amore, Alahor in Granata, Lucrezia Borgia,Dom Sebastian, Rita, Il duca d’Alba, Roberto Devereux >>> Petite messe solennelle, Gräfin Maritza, Das Land des Lächelns,Giuditta, Stabat mater …
    Also 71 Partien beherrscht Flórez, davon 5 keine Opern. Einige Opern sind auch vielen Opernfreunden unbekannt und werden sehr selten gespielt, einige gibt man sogar ausschließlich mit Flórez, weil weder Camarena, Brownlee, Osborne oder Siragusa sich da herantrauen.
    Zu den Gagen: Mir stehen alle Datenbanken zur Verfügung, jedoch über Gagen kann und darf ich keine Auskunft geben. Sie werden stets aktualisiert, denn sie hängen von Leistung, Probenverhalten, Zuverlässigkeit und Kritiken ab. Soviel jedoch: Flórez ist an der Spitze, Kaufmann erreicht seit langem nur die dritte Kategorie. Machmal gibt es bei Spitzensängern auch Nebenabsprachen, die eine Gage noch aus besonderen Gründen aufbessern. Im Ganzen jedoch müssen Opernhäuser sparen und ein gegenseitiges Hochschaukeln gibt es nicht mehr.
    So viel und es war zu viel aus Valencia.
    Ich melde mich noch ein letztes Mal aus Bilbao. Ich werde nach dieser Reise aufhören, denn ich gehe auf meinen 86. Geburtstag zu.
    Cordialmente
    Franco Bastiano
    Valencia / Madrid

  9. Mon cher Franco Bastiano,

    zu allererst wünsche ich Ihnen noch viele ereignisreiche Lebensjahre bei guter Gesundheit ! Was Sie während Ihrer Musikreisen genau machen, entzieht sich meiner Kenntnis. Ihre Kommentare – nicht nur in diesem Blog – erwecken in mir zuweilen aber den Eindruck, in der Opernwelt geht ohne Sie gar nichts.

    Mit Musikliebhabern, die anders denken als Sie, gehen Sie sehr oft hart ins Gericht und es fällt Ihnen offenbar schwer, andere Ansichten und Meinungen zu akzeptieren. Deshalb muss ich Ihnen an dieser Stelle und am Ende Ihrer beruflichen Tätigkeit einmal ganz deutlich sagen, dass Sie vom künstlerischen Leistungsvermögen und Lebenswerk eines Jonas Kaufmann schlichtweg keine Ahnung haben. Vielleicht haben Sie auch eine derartige Aversion gegen ihn entwickelt, die eine vorurteilsfreie Bewertung nicht mehr zulässt.

    Auch ich höre gerne Juan Diego Flórez und schätze ihn sehr, doch Jonas Kaufmann, der „König der Tenöre“ im ersten Quartal des 21. Jahrhunderts begeistert mich und ganz viele Menschen wegen seiner Vielseitigkeit, überragenden Bühnenpräsenz, seines Intellekts und seiner Bescheidenheit eben mehr und immer wieder auf’s Neue.

    Amitiés

    Franz Büchel

  10. Cher Monsieur Büchel,
    Sie wollten gern wissen, was genau ich beruflich tue. Ich bin ein sog. Stimmen-Disponent (Oper). Früher für ein Agentur in London tätig. Seit 40 Jahren selbständig. An mich wenden sich Sänger, Intendanten, Agenturen. Ich vermittele vorwiegend jüngere Sänger und Sängerinnen und betreue sie weiter, damit eine kontinuierliche Entwicklung gewährleistet ist. Ich reise zu Vorstellungen, angemeldet aber auch anonym, um neue Talente zu finden. Auch werde ich beauftragt dies zu tun. Ich reise auch auf Einladung zu Vorsingdaten an Opernhäusern. Diese Reise jetzt war meine letzte in der Art. Vier Vorverträge konnte ich abschließen. Das ist ein schönes Resultat. Um 18:00 geht mein Flugzeug nach Paris Charles-de-Gaulle.
    Ab morgen werde ich mein Leben in meinem schönen Stadthaus (ein Hôtel particulier im ältesten Pariser Bezirk, nahe Panthéon und Jardin du Luxembourg) ruhiger genießen.
    Danke für Ihre Wünsche. Auch Ihnen das Beste. Meine Genauigkeit in Kommentaren hängt mit meiner Profession zusammen. Auch habe ich in der frühen Zeit Gesang studiert, bei David Ward, ein Bass von Covent-Garden. Das war schon aufregend in Probenräumen der englischen Oper. Ich war 19, als ich damit anfing. Nach dem Abitur in einem weltlichen, musischen, deutschen Internat, wo ich 9 Jahre war, ging meine Familie nach England (Vater Diplomat), wo ich in London und Cambridge längere Zeit lebte. Später ging es nach Paris (bin 3-4-sprachig aufgewachsen).
    Ich grüße auch Andreas Schmidt, den ich geschätzt habe, weil er weiß, was er tut und selbst auch singt.
    Beste Grüße
    Amitiés
    Best wishes
    Cordialmente
    Franco Bastiano, noch Bilbao

  11. Hallo, Herr Büchel,
    Jonas Kaufmann war noch nie der König der Tenöre. Bei einer Stimme mit so viel Mankos und Ausfällen kann man davon nicht reden. Kaufmanns Aussehen hat ihm geholfen von seiner CD-Firma und den Medien hochgeschrieben zu werden. Aber wenn Sie hören wollen, was nicht da ist, dann bleibt Ihnen das unbenommen. Und bescheiden? Na da ist doch bei Ihnen das falsche Türchen aufgegangen. Jedenfalls: Kaufmann wäre ohne in der Vorzeit sein gutes Aussehen in einem großen deutschen Stadttheater geblieben. z.B. Drei Weihnachts-CD s mit naheuzu gleichem Inhalt aber drei Cover-Farben, das nenne ich (schönes Wort) Chuzpe oder Raffgier oder auch Beschiss.

    Jan de Turovski

    1. Was müssen Sie für einen Neid haben, so abfällig zu schreiben…
      Gutes Aussehen schadet nie (siehe diverse Soprane); ohne entsprechende Qualitäten des Gesangs reicht das aber nicht weit, keinesfalls für eine 30-jährige internationale Karriere.
      Haben Sie schon bemerkt, dass es sehr viele weitere CDs gibt, die in der Fachwelt UND bei den Zuhörern als richtungsweisend bezeichnet werden?
      Und falls es Ihnen noch nicht aufgefallen ist: bei CDs sieht man nichts…

      Waltraud Becker

    2. … da fällt mir, lieber Jan de Turovski, zunächst nicht mehr ein als ein mitleidsvolles „oh mei“!
      Dabei nennt sich dieser Blog doch „Klassik-begeistert“ und sollte schon deswegen keine Müllhalde für Respektlosigkeiten übelster Art werden.
      Für Sie nicht, aber für ganz ganz viele Musikbegeisterte war er nun einmal in den vergangenen 30 Jahren der König der Tenöre. Ich hätte da speziell für Sie noch ein paar weitere Kaufmann-Attribute zu bieten: „Tenor for the Ages“ – „The World’s greatest Tenor“ – „Jahrhunderttenor“ hat man schon gelesen oder sogar „Tenore assoluto“, zu dem ihn Ioan Holender vor zwei Jahren in Neapel adelte. Alles frei erfunden?
      Und was hat eine Weihnachts-CD (bei mir steht übrigens die in der Farbe ‚gold‘ im Regal) mit alldem zu tun? Schon von Fritz Wunderlich gab es Anfang der 60er-Jahre Weihnachtsplatten zu kaufen und den Leuten gefiel das damals.
      Wäre noch ihr Märchen vom Stadttheater und dem Aussehen. JK war 1995 schon nahe dran, alles hinzuwerfen, als er durch eine Schicksalsfügung zu Michael Rhodes fand, der seine Stimme und die Gesangstechnik umkrempelte und ihm auch riet, sein Engagement in Saarbrücken zu beenden. DAS war der Katalysator für alles und die Weltkarriere danach.
      Ich hoffe, Sie damit auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt und Ihnen den Weg zu etwas mehr Aufrichtigkeit geebnet zu haben.

      Herzliche Grüße,

      Franz Büchel

      1. Bravo Herr Büchel!
        Die Neider werden allerdings immer weiter geifern. Merkwürdigerweise gehen viele von ihnen in Kaufmanns Vorstellungen (ich würde für einen Tenor, den ich schrecklich finde, weder Zeit noch Geld opfern)…

        Waltraud Becker

  12. Jonas Kaufmann ist der am meisten überschätzte Sänger unserer Zeit. Und Rhodes war ein schlechter Bariton am Trierer Stadttheater und kein guter Lehrer. Er hatte nur diesen einen Schüler mit Namen. Und Kaufmann war früher bei Metternich. Ein sehr guter Sänger aber ein schlechter Lehrer. Staumethode. Nur Pferdenaturen konnten das stimmlich überleben. All das hat Kaufmanns Stimme beschädigt. Was ein kritischer Stimmenliebhaber natürlich hört.

    Anna Schneider

    1. Oje, das ist wohl arg daneben, was Sie da hervorzerren…
      Kaufmann selber erzählt, wie schrecklich M. als Lehrer war und er nur wenige Male bei ihm war.
      R. braucht keine Heerscharen von Star-Schülern, ein Top-Sänger reicht für seinen Nachruhm!
      Aus Höflichkeit sehe ich davon ab, die meistüberschätzten Tenöre der Gegenwart aufzuzählen…

      Waltraud Becker

  13. Jonas Kaufmann war etwa ein Jahr bei Metternich. Ein halbes hätte genügt um Schaden anzurichten. Rhodes hat Kaufmann in einer schwierigen Berufslage psychologisch gestützt. Stimmlich konnte er nicht viel bieten. Und es ist bemerkenswert, dass keiner seiner zahlreichen Schüler es je bis zu einem kleinen Stadttheater geschafft hat. Rhodes nahm, weil er ja Kaufmann ‚unterrichtete‘, horrende Honorare von seinen ‚Schülern‘. Die dümmste Empfehlung Rhodes war Kaufmann von Mozart wegzuschieben in Richtung Verismo. Viel zu früh und der Knacks, den seine Stimme erhielt, existiert seitdem.
    Eine Zeit des Mangels an guten Tenören hat Kaufmann nach vorn geschwemmt. Sein Organ könnte heute nicht einmal gegen die zweite und dritte Reihe der goldenen Tenorzeit der sechziger siebziger und achtziger Jahre bestehen.

    Anna Schneider

    1. Bleiben Sie bei Ihrer Irrmeinung und verschwenden Sie keine Lebenszeit mehr an den von Fachleuten und Kollegen hochgelobten und vom Publikum geliebten Sänger Jonas Kaufmann. Im hochgespülten Tenor-Angebot finden Sie bestimmt einen, der Ihnen gefällt.

      Waltraud Becker

  14. Anna Schneider hat Recht. Zudem: Kaufmanns Stimme fehlt das so wichtige sotto voce, singen mit äußerster Zurücknahme in Dynamik und Ausdruck, wo verlangt. Man hört auch Registerwechsel, ein Beweis für unfertige Stimmbeherrschung. Kaufmann hat eine voce ingolata, also eine verschluckte Stimme, die gaumige, manchmal gurrende, röhrende Effekte erzielt. Seine Piani sind gehaucht und eigentlich reines falsetto. Nur noch wenn er forte singt gelingen gelegentlich gute Töne.

    Jan de Turovski

    1. Lieber Jan de Turovski,

      Sie drücken mit Ihrer Stimmenanalyse genau das aus, was ich empfinde, wenn ich Jonas Kaufmann höre. Leider missglücken dem Tausendsassa zunehmend auch Töne im forte-Bereich, was ihn dann, ja, sprechen wir es offen aus, phasenweise schreien lässt.
      Mein letztes Konzert mit Jonas Kaufmann im Nationaltheater in München (Liederabend mit Helmut Deutsch) am 11. Juli 2024 war eine stimmliche Katastrophe, eine Zumutung.

      Herzlich

      Andreas Schmidt

      1. Solche „stimmlichen Katastropen“ würde ich mir von anderen Tenören wünschen, die nie und nimmer auch nur annähernd das Niveau von JK erreichen…
        Ich weiss nicht, was für Hörvorstellungen Sie haben, aber für mich hören sich „Katastrophen“ anders an. Auf Beispiele verzichte ich aus Höflichkeit.
        Was ich nicht verstehe: da gehen Leute, die schon von vornherein wissen, dass es ihnen nicht gefallen wird, in Vorstellungen, geben Geld dafür aus und investieren Zeit. Nicht im Traum würde mir einfallen, bestimmten Tenören auch nur ums Hauseck zu folgen, selbst wenn man mir die Karte schenken würde. (Namen aus Gründen der Höflichkeit geheim).

        Waltraud Becker

        1. Liebe Frau Becker,

          man geht ja nicht nur wegen des Tausendsassas in die Oper, sondern freut sich auch auf andere Stimmen. Manche Menschen gehen auch aus beruflichen Gründen
          in die Oper (z.B. Journalisten). Die meisten kb-Leser und die meisten Experten konstatieren bei Herrn Kaufmann einen rapiden Stimmenverfall. Dass Sie das nicht hören, hat sicherlich seine Gründe.

          Andreas Schmidt

          1. Ist doch klar; die meisten kb-Leser waren schon immer gegen Kaufmann. Da war selten ein positives Wort zu lesen.
            Es wäre besser, sich auf die anderen Tenor-Sänger zu konzentrieren und dort mal genau hinzuhören. Sehr wenige können bei kundigen Ohren bestehen.
            Was muss das für ein masochistisches Vergnügen sein, immer wieder einem Sänger zuzuhören, den man nicht mag und der angeblich so schrecklich ist. Mir fällt das nicht ein; ich meide diverse hochgejubelte „Startenöre“, weil ich meine Zeit lieber mit dem Hören von etwas oder jemandem verbringe, was mir Freude macht.
            Übrigens: ich höre Kaufmann seit 2001…

            Waltraud Becker

  15. Frau Becker ist unbelehrbar. Es gibt ja Rauschmittel… wenn man von denen zu viel hatte, ist man benebelt. Schließen Sie sich ein und hören Sie weiter Kaufmann rauf und runter, aber verbreiten Sie nicht diesen Unsinn, der international bei Ernstzunehmenden seit Jahren widerlegt ist. Bei Kaufmann ist der Lack ab und das ist vielfach selbst verschuldet. Der Oldtimer-Liebhaber hört die Geräusche seines Liebesobjektes jedoch nicht mehr.
    Wenn jemand die Unverschämtheit hat, die gleiche Weihnachts-CD in drei aufeinanderfolgenden Jahren zu präsentieren, mit dem gleichen Cover-Foto nur mit anderen Hintergrundfarben, dann muss es schon im Gebälk schwer knistern. Jedenfalls ist Kaufmann stimmlich mit Mankos behaftet und seine Manierismen sind schwer erträglich. Die schrecklichen Hollywoodartigen Begleitmusiken in den Weihnachts-CDs unterschreiben das, was man von Kaufmann zu halten hat und was hier einige ernstzunehmende Leser beschrieben haben. Sowas kann man nicht durchgehen lassen. Aber: pecunia non olet. Zudem: Gesangskultur. Stimmbeherrschung, kein gutturales und gaumiges Singen, keine Piano, die mehr ein Säuseln sind, etc., das würde man erwarten können. Gott sei Dank gibt es zahlriche auch junge Stimmen ohne Makel.

    Anna Schneider

    1. Liebe Frau Schneider!
      Warum ereifern Sie sich so im Zusammenhang mit einem von Ihnen verachteten Sänger? Sie müssen ihn nicht anhören, müssen auch keine Tonträger kaufen. Also: lassen Sie Ihren Frust wo anders ab und bedienen sich bei den Tenören, die niemals so eine Karriere machen und so viel musikalisch leisten werden wie Kaufmann.
      Allein schon das Gemeckere über die Weihnachts-CDs zeigt Ihr Niveau. Von all den von Kaufmann bei seinem Plattenlabel durchgesetzten Lied-Produktionen kein Wort. Ist ja klar, das ist vielleicht zu hoch für Ihre Ohren…
      Also: es warten zahlreiche Tenöre auf eine Erweiterung ihres Bewundererkreises; nichts wie hin!

      Waltraud Becker

  16. Mein Studienfreund schrieb mir kürzlich aus L.A.:
    Kaufmann is called king of cancellations over here. A reason also why he has not been engaged by the MET since almost ten years. What concerns The Hollywood Bowl concert of september (18.000 seats) it is said that only nearly half the tickes were sold.
    Dann kriegt man natürlich eine Verschnupfung. Ein Schelm, wer ….

    Jan de Turovski

    1. Ein Schelm, der noch nie krank war… Es war ja leider nicht nur LA, sondern auch ein Konzert in Europa, das ausfallen musste.
      Mit der Met ist es genau umgekehrt. Kaufmann wollte nicht mehr so lange von zuhause weg bleiben und hat daher Neuproduktionen abgelehnt. Fanciulla war der letzte Auftritt, aber da das eine Uraltproduktion war und er die Partie drauf hatte, hat der ganze Vorgang (Proben und Aufführungsserie) nur gut 3 Wochen in Anspruch genommen.
      Bei den CORONA-Stream-Events der Met war Kaufmann jeweils dabei; immer als erster der Stars in der Auftrittsreihenfolge und sein Konzert hatte die meisten Buchungen (wenn ich mich recht erinnere waren es 44 000).
      Das neueste Event in NY (September 2023) hat am 9. November Kinopremiere: „Doppelgänger“ mit Kaufmann, Deutsch; Regie Claus Guth usw. Es ist eine szenische Umsetzung von Schuberts Schwanengesang in Armory Hall/NY.

      Waltraud Becker

  17. Peter Gelb war stocksauer auf Kaufmann, weil dieser Proben geschlabbert hatte (ein Unding, auch gegenüber Kollegen), obwohl er in N.Y. dann Vorstellungen absagte mit der Begründung, er wolle ja ohnehin nur noch in Europa singen, nur um danach in Korea, Japan und Australien aufzutreten. Das schlug hohe Wellen, denn das war schlichtweg mieses Benehmen und in aller Munde an den Opernhäusern.

    Anna Schneider

    1. Interna, von denen unsereins (zufällig) weiß, haben halt hier nichts verloren, muss sie deshalb weglassen…
      Eines nochmal: 6-8 Wochen NY für Proben (einer Oper, die im Portfolio ist und zudem in einer Produktion, die schon als Stream-Video vorliegt) mit einer 2-3 wöchigen Tour (wo auch immer) zu vergleichen, ist von einer eindeutigen Absicht bestimmt. Der damalige Wunsch, ja die Notwendigkeit, nicht länger als 3 Wochen außer Reichweite zu sein, sollte selbst von Kritisierern akzeptiert werden (bei anderen Sängern tut man das selbstverständlich).
      Dass Gelb keine Freude hat, wenn sein Zugpferd ihm das Haus nicht füllt, ist ja klar. Dem Sänger in den Rahmenbedingungen entgegen zu kommen, war damals noch nicht auf seinem Schirm.
      Die erwähnten „hohen Wellen“ waren wohl die Erfolgswellen auf den genannten Auslandsgastspielen…

  18. Ihre verkorkste Logik, Frau Becker, die Tatsachen einfach umdreht, ist schon fast unerträglich. Kaufmann ist und bleibt ein ärgerlicher Fall.
    Etwas Bezeichnendes: Folgenden Vorfall habe ich vor ein paar Jahren miterlebt. Es gibt einen guten Italiener direkt an der Wiener Staatsoper. Dort saß ich mit einer allseits bekannten Sängerin. Ein älterer Herr, stadtbekannt, weil er Signaturen sammelt, sprach einen Mann an, der mit ein paar Freunden am Tisch saß. Der Mann war Jonas Kaufmann und der ältere Herr, nahe achtzig, bat sehr höflich um einen Unterschrift. Eine Sekundensache und Essen war noch nicht serviert. Kaufmann brüllte den alten Mann an und machte ihn vor versammeltem Lokal zur Sau. Was ihm denn einfiele IHN zu stören usw. All das wiederholte sich zwei-drei Mal. Die Leute waren geschockt. Ob er sich nicht wie jeder anstellen könne etc. Ein großes Murren im Lokal. Die Preise in der Oper kann ich nicht bezahlen, sagte der ältere Mann. Wahrhaft ein ‚Star‘-Auftritt, den viele nicht vergessen werden. Die Sache landete natürlich in der Presse.
    Meine Begleitung und ich luden den Herrn zum Essen ein.

    Jan de Turovski

    1. Dieser Kaufmann-Vorfall, lieber Herr de Turovski, spricht Bände. Der arme alte Mann! Bei großen Tenören wie Pavarotti oder Domingo wäre ihm das nie und nimmer passiert.

      Mir ist einmal Ähnliches passiert. Anfang 2018 saß ich nach einem Konzert neben Christian Thielemann und seiner Entourage mit Freunden am Nebentisch, in einem Restaurant vis-à-vis der Elbphilharmonie in Hamburg. Beide Tischgesellschaften lagen noch fast eine halbe Stunde vor dem Servieren. Ich stellte mich Christian Thielemann mit einem Satz als Herausgeber von klassik-begeistert vor und sagte, ich wolle ihm nur kurz meine Karte überreichen. Antwort wörtlich: „Geben Sie sie meiner Assistentin!“ Das war die junge Dame neben CT. Diese Begebenheit passt bestens zu den negativen Charaktereigenschaften, die von Herrn Thielemann bekannt sind.

      Andreas Schmidt
      Herausgeber

  19. Es ist in der Tat sehr bedauerlich, dass vielen Stars der Ruhm derart zu Kopf steigt, dass sie sich arrogant, überheblich und bisweilen – mit Verlaub – großkotzig aufführen. Ich habe das schon mehrfach erleben müssen und mich dann meist von diesen Personen persönlich zurückgezogen. In der Filmbranche ist es leider nicht besser, aber mitunter – selten noch, aber immerhin! – geschieht auch mal was Tolles wie zuletzt auf dem Filmfestival in San Sebastián. Johnny Depp war mit seinem zweiten Regie-Werk angereist und ließ die Journalisten, die sich um ein Interview mit ihm bewarben, spüren, dass sie lästig sind. Ich selbst hatte auch angefragt, allerdings schnell einen Rückzieher gemacht, nachdem die Agentur einen aus meiner Sicht unangemessenen, viel zu langen Fragebogen vorab geschickt hatte, wo u.a. Hörerzahlen für den DLF abgefragt wurden, für den ich angefragt hatte. Ich schrieb zurück: Hoffentlich ist der Film nur halb so gut, dass sich der Aufwand dafür lohnt. Mein Instinkt sollte recht behalten: Der Film, ein Biopic über den Maler Modigliani, war grottenschlecht, laut, vulgär, unauthentisch, oberflächlich.
    Insgesamt 12 Kollegen von mir waren von Herrn Depp – oder soll ich sagen von Johnny I. – , für eines Interviews würdig befunden worden. Sie waren in zwei Gruppeninterviews à sechs Leute aufgeteilt worden für einen Slot von jeweils 20 Minuten. Allerdings wurden den Kollegen noch zwei Hauptdarsteller dazu aufs Auge gedrückt, an denen niemand Interesse hatte. Die hätten nur unnötig noch etwas erzählt. Nun geschah aber Folgendes: Johnny I. verspätete sich zu den angesetzten Interviews, und zwar genau um den Zeitraum, den die erste Runde beansprucht hätte. Nun hätte es sich zumindest gehört, dass er die verlorene Zeit hinten dran setzt. Aber nein, der größenwahnsinnige Hollywoodstar kam auf die Idee, nun alle 12 Journalisten an einen Tisch zu bringen. In 20 Minuten hätten da vielleicht mit Ach und Krach die Hälfte eine Frage stellen können. Aber diesmal hatte er sich verkalkuliert, denn sämtliche 12 Kollegen aus unterschiedlichsten Nationen, die sich zuvor nicht kannten, waren sich einig, unter den Voraussetzungen das Interview platzen zu lassen. Und in Variety erschien ein großer Artikel darüber. Großartig! Ein kleines Wunder. So müsste es viel öfter zugehen. Die Herrschaften sitzen derart in ihrem Elfenbeinturm, dass sie jeglichen Bezug zur Realität- und gutes Benehmen verlieren. Man sollte sich das viel weniger bieten lassen.

    Kirsten Liese

    1. Liebe Kirsten,

      danke für diese Story. Zaubert mir ein Lächeln auf die Lippen. Morgens, knapp vor 9:00 Uhr. Melange gerade runtergeschlürft, PC offen: 9-to-5-job. Als großer Johnny-Depp-Fan zwar ernüchternd. Aber ich denk’ mir nur: Vermutlich wieder einen „megapint of red vine“ gesoffen, dieser durchgeknallte Superstar. Birne voll, verpennt. Schlendert irgendwie daher, in seinen zerrissenen Jeans, Lederjacke, Sonnenbrille auf der Nase, Schiebermütze tief ins Gesicht gezogen – und dann pfeifen ihm alle was. Top! So kann’s auch gehen.

      Jürgen Pathy

      1. Danke Euch und Ihnen allen für die Anekdoten. Da denkt man schon mal an den Satz „Never meet your heroes!“ Einiges bestätigt sich, auch wenn man nur Bühnenerlebnisse hat und Gerüchte kennt.

        Ich habe über Javier Marías promoviert und hatte das große Glück, ihn mehrfach zu treffen. Es waren stets angenehme Begegnungen, und obendrein war er ein hilfreicher und bereitwilliger Korrespondent, der jede noch so tumbe Frage meist innerhalb einer Woche geduldig beantwortet hat. Dafür bin ich ihm bis heute dankbar, auch wenn er leider nicht mehr lebt.

        Was Signierstunden angeht, erinnere ich mich an etliche sympathische Künstlerinnen und Künstler, wie etwa Maurizio Pollini, Hilary Hahn, Janine Jansen, Leif Ove Andsnes, Yannick Nézet-Séguin, Robin Ticciati und insbesondere Gil Shaham, der vor vielen Jahren in Köln einen genialen Bach-Abend solo gespielt hatte und mir als besonders warmherzig in Erinnerung bleibt.

        Als äußerst unsympathisch bleibt mir leider der große Daniel Barenboim in Erinnerung. Er war schroff und abweisend, konnte überhaupt nicht mit Komplimenten umgehen (Stichwort Lebenswerk und Engagement im Nahen Osten), und so fragte ich mich damals, warum er überhaupt signiert hat, wenn er „Fans“ gegenüber so auftritt. Solch ein Superstar kann ja bestimmt auch Nein sagen, wenn die Plattenfirma ihn zu Autogrammstunden drängen will…

        Dr. Brian Cooper

  20. Dass hier niemand die Kaufmann-Sache kommentiert, spricht dafür, das man seinen Liebling nicht kritisiert, obwohl jeder das miese Benehmen versteht.
    Ich verabscheue ein solches Auftreten zutiefst. Keiner seiner wirklich großen Kollegen hätte sich je so aufgeführt.

    Anna Schneider

  21. Diesen in einer Münchener Zeitung gefundenen Kommentar zu einer vergangenen Otello-Inszenierung an der Staaatsoper wollte ich nicht vorenthalten.
    Robert Frost: Anmerkungen zum Otello der Amélie Niermeyer in München, mit Jonas Kaufmann
    Man bewahre uns vor weiteren Inszenierungen der Frau Niermeyer. In Verdis Otello ist keine Note zu viel, keine zu wenig komponiert. Das fantastische Libretto von Boito nach Shakespeare (der schon bei Holinshed fündig wurde), jede Regieanweisung, einfach alles sitzt an der richtigen Stelle und bestimmt, was zu geschehen hat. Niemand braucht die Überlegungen von Frau Niermeyer, die als Regisseurin dieser kompositorischen Großtat wie Otello völlig versagt hat. Esultate im Schlafzimmer, mon dieu, Desdemona apathisch hingelagert, Otello, ein Handlungsreisender mit Hosenträgern und ohne Erfolg, singt matt vom Sieg über die Türken, im Schlafzimmer, ohne Volk. Natürlich, wollte man die Oper den gebliebenen stimmlichen Möglichkeiten eines Herrn Kaufmann anpassen, so hätte das Ganze noch eine Erklärung, aber keine Legitimation. Frau Niermeyer hat Verdi mit Strindberg verwechselt. Das verbietet sich.
    Kaufmann nun fehlt alles zum Otello, squillo, attacco, piani auf brustgestützter lyrischer Linie, vehemente Ausbrüche, silbrige Höhen wie im Liebesduett. Stattdessen alles Mau, alles Unvermögen, eingedunkelte, viril aufgespritze Töne, dies gutturale Singen, Atemlosigkeit, manierierte, falsche Piani, unkorrekte Intonationen… Atmen an völlig falschen Stellen… Dass Frau Harteros, die ich schätze, die jedoch inzwischen Schärfen zeigt, diesen Schmarrn mitmachte, begreife ich nicht.
    Die Diskussion über den braunen Otello ist auch überflüssig. Schon bei Holinshed ist es der Moro, das maghrebinische Gesicht, ja warum denn nicht, es ist die Grundlage des Außenseitertums, des ganzen Dramas. Die Heirat mit einer venezianischen Adeligen, ja warum denn nicht, ist doch völlig out in jenen Zeiten. Da spielt Otello, da hat ihn Shakespeare hingestellt. Nichts rechtfertigt Frau Niermeyers Unvermögen.
    Übrigens: Die Zweitbesetzung in London, Gregory Kunde, war bei weitem die viel bessere. Gegen diesen außerordentlichen Kunde, zu der Zeit 63, war Kaufmann wie ein Schüler. Es genügt nicht Otello singen zu wollen, man muss es auch können. Robert Forst m.a.

    Jan de Turovski

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert