© Olga Rubio Dalmau
Das Zugpferd war natürlich Anna Netrebko, die inzwischen ein reiferes Alter erreicht hat, die Qualität ihres Gesanges aber eher noch verbessert hat. Die Arien aus „Il Trovatore“ und „La forza del destino“ gaben ihr reichlich Gelegenheit, ihr sattes Timbre auszubreiten, Koloraturen und Triller gelangen mühelos.
Classic Open Air Berlin
Berlin-Gendarmenmarkt, 22. Juli 2025
Anna Netrebko
Yusif Eyvazof
Anita Rachvelishvili
Fabián Veloz
Philharmonie Baden-Baden
Michelangelo Mazza Dirigent
von Peter Sommeregger
Beinahe wäre das lang erwartete Auftreten Anna Netrebkos bei diesem Freiluft-Konzert buchstäblich ins Wasser gefallen. Zum vorgesehenen Termin am Montagabend regnete es heftig. Trotz unsicherer Prognose für den Dienstagabend waren Netrebko und alle Beteiligten aber bereit, das Risiko einzugehen, und dem Wettergott zu trotzen.
Zwar wurde das Konzert unwesentlich verkürzt, auch die Pause gestrichen, aber das Publikum kam voll auf seine Kosten. Die Künstler hatten ein reines Verdi- Programm zusammengestellt, mit der fairen Verteilung der Nummern auf alle vier Solisten. Neben Anna Netrebko war ihr Noch- oder schon-Ex-Ehemann Yusif Eyvazof als Tenor, die Mezzospranistin Anita Rachvelishvili und der Bassbariton Fabián Veloz zu hören, begleitet von der Philharmonie Baden-Baden unter der Leitung von Michelangelo Mazza.
Das Zugpferd war natürlich Anna Netrebko, die inzwischen ein reiferes Alter erreicht hat, die Qualität ihres Gesanges aber eher noch verbessert hat. Die Arien aus „Il Trovatore“ und „La forza del destino“ gaben ihr reichlich Gelegenheit, ihr sattes Timbre auszubreiten, Koloraturen und Triller gelangen mühelos. Besonders im „Pace, pace“ aus der Forza glänzte die Sängerin mit großen Bögen, lange gehaltenen Piani und cremiger, unverwechselbarer Mittellage.

In den Jahren an ihrer Seite ist der Tenor Yusif Eyvazof deutlich gereift. Inzwischen hat er sein einst gewöhnungsbedürftiges Timbre erheblich kultiviert, die Stimme hat auch an Glanz gewonnen. Die Zeiten, als man ihn als Anhängsel Netrebkos einschätzte, sind endgültig vorbei. Seine stärksten Momente hatte er in der Arie des Herzogs aus „Rigoletto“, da war Kraft und Höhensicherheit, aber durchaus auch gepflegtes Piano.
Anita Rachvelishvili konnte mit der Arie der Azucena aus „Il Trovatore“ ihren warmen, sonoren Mezzosopran nachdrücklich in Szene setzen. Längere Zeit war es still um die Künstlerin gewesen, um so erfreuter nimmt man ihre souveräne Leistung wahr.

Der argentinische Bassbariton Fabián Veloz, hier noch ein Unbekannter, konnte sich mit der großen Arie des Rigoletto nachdrücklich bemerkbar machen.

Hervorragend war der Zusammenklang der Stimmen in den Ensembles. Das abschließende Terzett aus „Il Trovatore“ heizte dem Publikum noch einmal richtig ein, das sich als Zugabe das obligatorische Trinklied aus „La Traviata“ erklatschte. Ein bisschen näher an Italien hätte man sich die Baden-Badener Philharmonie gewünscht, die ein wenig laut und spröde klang.
Insgesamt war das Publikum aber mehr als gut bedient mit diesem, dem Regenwetter abgetrotzten Abend.
Peter Sommeregger, 23. Juli 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at