Foto: Tanz der Rosen vor nächtlicher Großstadtkulisse (Fotorecht: Ida Zenna)
Der kleine Prinz
Ballett von Bryan Arias
Leipziger Ballett
Gewandhausorchester
Musikalische Leitung Dominik Beykirch / Samuel Emanuel
Choreographie Bryan Arias
Bühne Alain Lagarde
Kostüme Bregje van Balen
Klavier Samuel Emanuel / Hazel Beh
Co-Creative Gregor Acuña-Pohl
Dramaturgie Anna Diepold
Licht Lukas Marian
Oper Leipzig, 04. März 2023, Premiere
Zusammengefasst war der Abend sehenswert, vor allem wegen der herausragenden Bebilderung der Geschichte. Etwas, was man heute nur noch selten auf der Bühne zu sehen bekommt. Die Choreographie folgte der Handlung, allerdings ohne nennenswerte Tiefenspannung zu erzeugen.
von Dr. Ralf Wegner
Wie inszeniert man den Roman von Antoine de Saint-Exupéry als Ballett? Der in Puerto Rico geborene Choreograph Bryan Arias griff auf seine eigene Lebensgeschichte zurück und verknüpfte diese mit einzelnen Romanfiguren, umfassender allerdings erst im Epilog genannten Ende des Balletts.
Herausragend gelangen die Bühnenbilder und die auf den Bühnenhintergrund projizierten Videos (beides Alain Lagarde, Videos auch unter Beteiligung von Arnaud Pottier). Allein schon deswegen, aber auch wegen der gelungenen Kostüme (Bregje van Balen), lohnte sich der Besuch der Aufführung.
Der erste Akt zeigte vorn ein verschiebbares Jugendzimmer, später die Häuser eines Dorfes; im Hintergrund allerdings großflächige kosmische Visionen mit Sternenhimmel, sich drehenden Planeten und entfernten Galaxien. Vorn spielte sich das Leben eines mit Vater (Carl von Godtsenhoven) und älterem Bruder (Facundo Luqui) aufwachsenden Jungen (Prinz: Landon Harris) ab. Er erträumt sich ein junges Mädchen (Rose: Madoka Ishikawa), trifft und verliert sie später im Dorfgetümmel, macht weitere Bekanntschaften und zieht schließlich erwartungsvoll in die große Stadt.
Der zweite Akt zeigt im Hintergrund eine nächtliche, an Chicago erinnernde Hochhauskulisse, vor der sich aus einzelnen Quadraten bestehende, durchsichtige Etagentürme herabsenken oder heraufziehen lassen. Das ist beeindruckend gelöst.
Der Prinz erkundet die Großstadt, sich an Mädchen verlierend und schließlich dem Drogenrausch verfallend. Jetzt, erst im Rausch, erlebt er, inzwischen als Pilot gekleidet, die Romanfiguren Saint-Exupérys als Freunde, die ihn drehen, wenden, heben, stützen und hingebungsvoll begleiten. Währenddessen rieselt Sternenstaub vor kosmischem Hintergrund auf sie herab. Aus dem Traum erwacht, kehrt der Prinz, von einer langstieligen Baccara-Rose angezogen, in sein Jugendzimmer zurück.
Wie wurde getanzt? Jedenfalls nicht klassisch. Weitgehend dem Boden verhaftet bewegten sich die Tänzerinnen und Tänzer gehend, rennend oder schlangenartig fort. Vieles erinnerte an Gelenkigkeitsübungen mit häufigem kontralateralem Heben und Senken der Schultern. Weder erschloss sich aus dem Bewegungsrepertoire Inhaltliches, noch war eine die gewählten Kompositionen (Helge Burggrabe, Milana Zelnik, Ralph Vaughan Williams) verdeutlichende, über Revueähnliches hinaus illustrierende Interpretation erkennbar.
Es gab allerdings auch Ausnahmen, wie den Pas de deux des Prinzen mit der charismatisch auftretenden Yun Kyeong Lee (Rolle: Raucherin). Außerdem beeindruckten neun rot gekleidete, synchron tanzende Rosen vor der nächtlichen Großstadtkulisse. Musik und Choreographie harmonierten später besser in den Szenen mit einem Drogenhändler (Marcos Vinicius Da Silva) sowie im Epilog.
Zusammengefasst war der Abend sehenswert, vor allem wegen der herausragenden Bebilderung der Geschichte. Etwas, was man heute nur noch selten auf der Bühne zu sehen bekommt. Die Choreographie folgte der Handlung, allerdings ohne nennenswerte Tiefenspannung zu erzeugen. Die musikalische Leitung des Gewandhausorchesters oblag Dominik Beykirch. Das Publikum war von der Aufführung begeistert und applaudierte jubelnd und lang anhaltend.
Dr. Ralf Wegner, 5. März 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at