Michieletto fasziniert in Händels bekanntester Oper mit blühender Fantasie

Giulio Cesare in Egitto 2023 © Ida Zenna

Kurzum: Die Produktion an der Oper Leipzig bietet mal eine andere Optik als man sie landläufig in Händelopern gewohnt ist, wirkt dabei stimmig, ästhetisch ansprechend und trefflich musiziert.

Georg Friedrich Händel,  Giulio Cesare in Egitto
Koproduktion mit dem Théâtre des Champs-Elysées, Opéra national de Montpellier und Théâtre du Capitole Toulouse

Musikalische Leitung: Rubén Dubrovsky
Gewandhausorchester

Inszenierung: Damiano Michieletto
Bühne: Paolo Fantin
Kostüme: Agostino Cavalca

Giulio Cesare: Yuriy Mynenko
Curio: Peter Dolinsek
Cornelia: Ulrike Schneider
Sesto: Kathrin Göring
Cleopatra: Olga Jelínková
Tolomeo: Rémy Brès
Achilla: Franz Xaver Schlecht
Nireno: Nora Steuerwald


Oper Leipzig, 1. April 2023 PREMIERE


von Kirsten Liese

Giulio Cesare zählt zu den populären Opern Händels, wird mithin etwas häufiger aufgeführt. Und zwar höchst kontrastreich, denke ich nur an die Produktionen, die mir zuvor vergönnt waren: Die Regiearbeit von Moshe Leiser und Patrice Courier, mit der Cecilia Bartoli 2012 ihre ersten Salzburger Pfingstfestspiele eröffnete, verlor sich in blöden Gags. Die Produktion, mit der George Petrou 2022 die ersten Göttinger Händelfestspiele unter seiner künstlerischen Leitung eröffnete,  bot – verlegt in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts zur Entdeckung des Grabs von Tutanchamun – Schauwerte aus dem alten Ägypten, kombiniert mit allerhand Videoprojektionen aus der Stummfilmzeit. „Georg Friedrich Händel: Giulio Cesare in Egitto
Oper Leipzig, Premiere, 1. April 2023“
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Düstere Seelenstürme bei Verdis Otello in Leipzig

Foto:© Ida Zenna, Iulia Maria Dan und Xavier Moreno als Desdemona und Otello

Gepaart mit einer aufrührerischen musikalischen Leitung gelingt der Neuinszenierung von Verdis vorletzter Oper in Leipzig der Kraftakt, dieses Meisterwerk ohne offensichtliche Aktualisierungen zu vergegenwärtigen und betörend zu psychologisieren. Der erste „Bravo“-Ruf zur Pause grätscht klanglich fast noch in den letzten Ton hinein – fürchterlich, wenn man diese große Musik angemessen ausklingen lassen möchte, aber dennoch nachvollziehbar.

Giuseppe Verdi
Otello
Dramma lirico in vier Akten | Libretto von Arrigo Boito,
nach der Tragödie »Othello« von William Shakespeare

Anna Skryleva, Dirigentin
Gewandhausorchester Leipzig

Monique Wagemakers, Regie
Dirk Becker, Bühnenbild

 Oper Leipzig, 10. März 2023

von Leander Bull

Bereits in den anfänglichen dreißig Sekunden nach dem ersten Schwung des Taktstocks werden alle Stärken des neuen Otello an der Oper Leipzig offensichtlich: Verdis reife Musik, stürmisch und feinfühlig zugleich; ein Dirigat, welches das Orchester bis in die kräftigsten Höhen hinaufsteigen lässt ohne grob zu werden; eine Inszenierung, die mit der Musik arbeitet, und doch darüber hinausgeht. Wer hier den Verdi-Regelbetrieb erwartet, der nochmal in der Mottenkiste kramt, wird enttäuscht werden – zum Glück.

„Giuseppe Verdi, Otello
 Oper Leipzig, 10. März 2023“
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Der kleine Prinz überzeugt mit einem herausragenden Bühnenbild

Foto: Tanz der Rosen vor nächtlicher Großstadtkulisse (Fotorecht: Ida Zenna)

Der kleine Prinz
Ballett von Bryan Arias

Leipziger Ballett
Gewandhausorchester

Musikalische Leitung Dominik Beykirch / Samuel Emanuel
Choreographie Bryan Arias
Bühne Alain Lagarde
Kostüme Bregje van Balen
Klavier Samuel Emanuel / Hazel Beh
Co-Creative Gregor Acuña-Pohl
Dramaturgie Anna Diepold
Licht Lukas Marian

Oper Leipzig, 04. März 2023, Premiere

Zusammengefasst war der Abend sehenswert, vor allem wegen der herausragenden Bebilderung der Geschichte. Etwas, was man heute nur noch selten auf der Bühne zu sehen bekommt. Die Choreographie folgte der Handlung, allerdings ohne nennenswerte Tiefenspannung zu erzeugen.

von Dr. Ralf Wegner

Wie inszeniert man den Roman von Antoine de Saint-Exupéry als Ballett? Der in Puerto Rico geborene Choreograph Bryan Arias griff auf seine eigene Lebensgeschichte zurück und verknüpfte diese mit einzelnen Romanfiguren, umfassender allerdings erst im Epilog genannten Ende des Balletts. „Der kleine Prinz, Ballett von Bryan Arias
Oper Leipzig, 04. März 2023, Premiere“
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klassik-begeistert.de trauert um seinen Autor Privatdozent Dr. Guido Müller

Unser verstorbener Autor, Privatdozent Dr. Guido Müller, liebte auch Chöre. Wir bitten um Aufmerksamkeiten im Sinne Guidos für den Symphonischen Chor Hamburg und den Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor Hamburg. Ich werde sie 1 : 1 verteilen:

Andreas Schmidt
Hamburger Sparkasse
DE13200505501224482693
Kennwort: Dr. Guido Müller / Chöre

Privatdozent Dr. phil. Guido Müller, Jahrgang 1957, geboren in Mönchengladbach im Rheinland, lebt nach vielen Lebensstationen im In- und Ausland seit 2015 in der Händelstadt Halle an der Saale. Professor für Neuere und Neueste Geschichte mit dem Schwerpunkt Geschichte der Internationalen Beziehungen. Seit seinem 14. Lebensjahr regelmäßiger Opern- und Konzertbesucher, berichtet er seit 2018 für Klassik-begeistert über das Musikleben in Mitteldeutschland vom Barock bis zur Gegenwart mit besonderer Berücksichtigung von Halle.

Liebe Leserinnen und Leser,

mit diesen Worten stellte sich der Privatdozent Dr. Guido Müller in unserem Blog vor.

Guido Müller ist am 25. November 2022  im Krankenhaus Kröllwitz in Halle an der Saale verstorben.

Die Autorinnen und Autoren von klassik-begeistert.de trauern um einen hochintelligenten Kollegen, der in kompetenter und charmanter Art aus den Opernhäusern in Halle, Leipzig und Berlin berichtete.

Wir wünschen Guidos Familie und seinen Freunden viel Kraft und Trost.

Finde Deinen Frieden, lieber Guido.

Die Autorinnen und Autoren von klassik-begeistert.de, die Mitarbeiterinnen, der Herausgeber.

Foto: Privatdozent Dr. Guido Müller, 1957 – 25.11.2022 – Autor von klassik-begeistert.de

Guido Müller auf Wikipedia:

https://de.wikipedia.org/wiki/Guido_Müller_(Historiker)

Das sind die drei letzten Beiträge von Dr. Guido Müller:

Felix Mendelssohn-Bartholdy, Elias op. 79 MWV A 25, Bearbeitung für Kammerorchester Staatskapelle Halle, 21. Oktober 2022

Robert Schumann, Das Paradies und die Peri op. 50 Gewandhaus zu Leipzig, 6. Oktober 2022

Der neue Schauspieldirektor, neu zusammengestellte Musik von W.A. Mozart Puppentheater Halle, Oper Halle, 1. Oktober 2022 (Premiere)

Leipziger Wagner-Festival WAGNER 2022 – Ein gutes Resümee

LEIPZIG/WAGNER 22:
Zweiter Teil des Leipziger Wagner-Festivals WAGNER 22
26. Juni – 14. Juli 2022

Foto: Kirsten Nijhof ©, Der fliegende Holländer

Gegen Ende Juni begann der zweite Teil der Leipziger Festtage WAGNER 22. Über den ersten wurde im Juli-Merker schon berichtet. WAGNER 22 lief im Juli auf Hochtouren, mit dem scheidenden GMD Ulf Schirmer seit dem „Fliegenden Holländer“ bei jeder Aufführung bis auf den „Lohengrin“ am Pult des Gewandhausorchesters.

Dr. Klaus Billand

Ein kurzer Rückblick auf den Beginn von WAGNER 22: Man begann völlig schuldlos etwas unglücklich mit dem Erstlingswerk „Die Feen“, da krankheitsbedingt gleich der Dirigent und die beiden Hauptrollen ersetzt werden mussten. Das gelang beim Einspringen von Matthias Foremny für Christoph Gedschold, der ab der Saison 2022/23 erst einmal für zwei Jahre neuer GMD in Leipzig werden wird, und bei der Einspringerin für die Rolle der Ada noch einigermaßen gut, wurde aber ein Fehlgriff bei der Alternativbesestzung des Tenors Arindal. Auch wirkt die Inszenierung von Renaud Doucet mit André Barbe für Bühnenbild und Kostüme aus dem Jahr 2013 schon etwas verstaubt und antiquiert sowie arg vernachlässigt in Bezug auf die Personenregie. Mit dem „Liebesverbot“ in der auch heute noch frisch wirkenden Inszenierung von Aron Stiehl, ebenfalls aus dem Jubiläumsjahr 2013, war eine deutliche Steigerung zu erkennen, insbesondere mit dem ebenso geschmackvollen wie dramaturgisch stimmigen Bühnenbild von Jürgen Kirner und den Kostümen von Sven Bindseil. Hinzu kam eine äußerst überzeugende Personenregie und gute Choreografie, was den stets von Thomas Eitler-de-Lint einstudierten erstklassigen Chor und oft auch Zusatzchor der Oper Leipzig angeht. Mit Manuela Uhl und Tuomas Pursio waren hier auch die Hauptrollen darstellerisch wie stimmlich sehr gut besetzt. „Leipziger Wagner-Festival WAGNER 22 Teil 2
Oper Leipzig 26. Juni – 14. Juli 2022“
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Zu Ulf Schirmers Abschied: Ein „Parsifal“ der Extraklasse krönt den Wagner-Marathon

Foto: Oper Leipzig, Parsifal 2013, © Tom Schulze

Opernhaus Leipzig, 14. Juli 2022

Richard Wagner
Parsifal

Gewandhausorchester Leipzig
Ulf Schirmer, Dirigent

Inszenierung  Roland Aeschlimann

von Peter Sommeregger

 Nach erfolgreichen dreizehn Jahren als Generalmusikdirektor, zehn Jahren auch Intendant des Opernhauses Leipzig, verabschiedet sich Ulf Schirmer nun. Als spektakulären Abschluss seiner Tätigkeit setzte er eine chronologische Aufführung sämtlicher Wagner-Opern an. Also bildete die Aufführung des Parsifal den Schluss-Stein des ambitionierten Vorhabens.

Die Inszenierung Roland Aeschlimanns, die schon einige Jahre alt ist, dient in ihrer Schlichtheit und klaren Personenführung als perfekte Basis für Gastsänger, die so nicht mit abstrusen szenischen Ideen zu kämpfen haben. An der Besetzung hatte das Haus für diesen besonderen Anlass nicht gespart. So konnte man als Gäste vier Weltklasse-Sänger erleben.

© klug-artists.com

Als erstes muss man aber den Amfortas des Mathias Hausmann loben, der sich mit ausdrucksvollem Einsatz seines kräftigen Baritons mühelos unter den gastierenden Stars behaupten konnte. Auch die im „Parsifal“ sehr geforderten Chöre, inklusive der ausgezeichneten Blumenmädchen zeigten das Leipziger Haus auf erfreulich hohem Niveau.

 

 

Mit dem Gewandhaus-Orchester stand Ulf Schirmer außerdem ein Spitzenorchester zur Verfügung. Man befindet sich ja an Wagners Geburtsort, und macht seiner Musik alle Ehre.

© Kirsten Nijhof, Ulf Schirmer

Auffällig breit nimmt Schirmer die Tempi des ersten Vorspiels und Aktes. Die vorzüglichen Blechbläser leisten hier Außergewöhnliches, wie auch das gesamte Orchester auf höchstem Niveau spielt. „Richard Wagner, Parsifal
Opernhaus Leipzig, 14. Juli 2022“
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Mit Parsifal in Spitzenform geht die Ära Schirmer in Leipzig zu Ende

Foto: © Tom Schulze

René Pape ist und bleibt der beste Wagner-Bass der Gegenwart, auch Andreas Schager und Elena Pankratova zeigen sich in Höchstform. Das Orchester komplettiert das Abschiedsgeschenk der Extraklasse für den scheidenden Generalmusikdirektor und Intendanten Ulf Schirmer. Ein unvergesslicher Abend in Leipzig.

Oper Leipzig, 14. Juli 2022

Parsifal
Musik und Libretto von Richard Wagner

von Johannes Karl Fischer

René Pape kommt zum Schlussapplaus auf die Bühne, donnernder Applaus tritt ein, der Boden bebt. Weil klatschen nicht reicht, um die Leistung dieses Ausnahme-Sängers ausreichend zu würdigen. 2019 schrieb klassik-begeistert-Autor Andreas Schmidt: „In Wien sang der derzeit beste Gurnemanz der Welt, René Pape“… Auch von zwei harten Pandemie-Jahren lässt er sich keine Steine in den Weg legen. Wagners Orator perfectus – nein, Cantor perfectus – ist er, makellose Monologe kombiniert mit stimmlichem Perfektionismus. Seine Stimme singt alles andere völlig zu Boden, der Gurnemanz liegt ihm noch besser als der Marke und der Orest.

Staatsoper Berlin, (c) Jiyang Chen

Andreas Schager (Parsifal) lässt Trommelfelle schwingen („Amfortas! Die Wunde“), seine Stahlkraft-Stimme segelt durch den Saal. Auf einen sensationellen Samson und einen tadellosen Tristan folgt nun ein fabelhafter Parsifal. Er ist von Anfang an der Held, der den heiligen Speer dem Zauberer Klingsor entreißen und den Rittern zurückgeben wird. Weder von den Blumenmädchen noch von Kundry lässt er sich davon aus dem Ruder bringen, er ist einfach zu stark für sie.

© David Jerusalem: Andreas Schager

Stichwort Kundry –  Elena Pankratova meisterte die Hammerrolle über zweieinhalb Oktaven Ambitus mit Bravour! Ihre Kundry ist keine schwärmerische Verführerin, stattdessen eine machtdemonstrierende, kraftvolle Königin-Göttin. Mit stimmstarkem Sopran hat sie auch in den höchsten Lagen eine bissige Präsenz – eine Kundry mit Turandot-Infusion. Eigentlich völlig unlogisch, dass auch sie an Parsifal scheitert. Wagner schreibt für diese Rolle übrigens „Sopran oder Mezzo-Sopran“ vor – ist Wurst, muss eh beides können, und das kann sie auch. „Richard Wagner, Parsifal
Oper Leipzig, 14. Juli 2022“
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Leipzig lässt Wagners Ring in einem Abschiedsfeuerwerk von und für Ulf Schirmer musikalisch funkeln und strahlen

Foto: Oper Leipzig – Richard Wagner „Götterdämmerung“, (c) Tom Schulze

Oper Leipzig, 7. – 10. Juli 2022

Richard Wagner, Der Ring des Nibelungen
Das Rheingold
Die Walküre
Siegfried
Götterdämmerung

von Guido Marquardt

Dieser Leipziger „Ring“ ist zuvorderst ein Inszenierungsvehikel für hevorragende musikalische Leistungen. Neben dem souveränen Dirigat von Ulf Schirmer und dem dynamischen und nuancierten Spiel des Orchesters begeistern vor allem die weiblichen Rollen sowie Michael Volle als Wotan.

13 Jahre Generalmusikdirektor, 11 Jahre Intendant: Zum Abschluss dieser Ära gönnte Ulf Schirmer dem Leipziger Opernpublikum, zahlreichen Gästen aus dem In- und Ausland und natürlich auch sich selbst ein gigantisches Abschiedsprojekt: Die „Festtage WAGNER 22“ brachten tatsächlich alle 13 vollendeten Musikdramen Richard Wagners auf die Bühne. Vor Schirmers dann wirklich letztem Dirigat („Parsifal“ am 14. Juli), dem eine anderthalbjährige Auszeit folgen soll, stand nun ein kompletter „Ring“ auf dem Programm. Das hatte es in Leipzig seit vierzig Jahren nicht mehr gegeben, als Schirmer „seinen“ Ring zwischen 2013 und 2016 erstmalig auf die Bühne brachte.

Immerhin ist Leipzig nicht nur Wagners Geburtsstadt, sondern hier wurde der Ring 1878/79 auch zum ersten Mal außerhalb von Bayreuth aufgeführt. Mit dem Gewandhausorchester und einer Besetzung aus Ensemblemitgliedern und Gästen standen nun also „Das Rheingold“, „Die Walküre“, „Siegfried“ und die „Götterdämmerung“ an vier aufeinanderfolgenden Tagen im Programm. Alle Inszenierungen stammten von Rosamund Gilmore.

Komplett ausverkauft war das Haus an allen vier Tagen, und mehr als nur ein Hauch von Weltläufigkeit durchwehte Ränge und Foyers, bevölkert von einem ebenso kundigen wie enthusiastischen Publikum aus dem In- und Ausland. „Oper Leipzig, 7. – 10. Juli 2022, Richard Wagner, Der Ring des Nibelungen
Oper Leipzig“
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Endlich wieder ein Karfreitag mit Richard Wagners "Parsifal"

Parsifal, Oper Leipzig, (c) Tom Schulze

Oper Leipzig am 15. April 2022 (27. Vorstellung)

Richard Wagner  „Parsifal“
Bühnenweihfestspiel in drei Aufzügen

Gewandhausorchester
Ulf Schirmer Dirigent
Chor der Oper Leipzig
Kinderchor der Oper Leipzig
Damen des Jugendchores

von Dr. Guido Müller

Die Oper „Parsifal“ ist nicht nur durch den „Karfreitagszauber“ im dritten Aufzug sondern auch durch die Handlung rund um den Gral, das Leiden und die Erlösung traditionell an den Karfreitag gebunden und wird daher wie hier an der Oper Leipzig auch an Karfreitag gespielt. Corona-bedingt musste der Wagner-Freund aber zwei Jahre darauf verzichten.

Die Inszenierung und Bühne Roland Aeschlimanns von 2006 mit den Kostümen von Susanne Raschig, der Bewegungsregie von Lucinda Childs und dem Licht von Lukas Kaltenbäck bebildert das „Passions- und Leidenschaftsspiel“ zurückhaltend. Dies dreht sich um den reinen Toren Parsifal, der durch Mitleid wissend werden soll, seinen Begleiter aus der Gralsritterschaft Gurnemanz, der ihn im ersten Aufzug findet,  die erotisch attraktive und zugleich der heidnischen Welt des Zauberers Klingsors wie der christlichen der Gralsritter dienende Kundry und den Gralskönig Amfortas und seinem Vater Titurel.

So steht in Leipzig ganz die musikalische Interpretation im Vordergrund. Ulf Schirmer kostet schon im Vorspiel mit dem Gewandhausorchester die musikalischen Feinheiten und Generalpausen fast bis zum Zersprengen aus. Und lässt den Sängern die Freiräume ihre Partien quasi auszubuchstabieren. Im zweiten Aufzug schafft Schirmer aber auch eine zum Zerreißen angespannte und erotisch extrem aufgelade Stimmung für die Verführungsversuche erst der Blumenmädchen und dann einer alle ihre enormen stimmlichen und im eng anliegenden roten Kleid körperlichen Reize einsetzenden Kundry. „Richard Wagner, Bühnenweihfestspiel in drei Aufzügen „Parsifal“,
Oper Leipzig am 15. April 2022 (27. Vorstellung)“
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Trotz einzelner musikalischer Einschränkungen – eine sehenswerte Aufführung

Leipziger Opernhaus (Foto: RW)

Die Leipziger Oper verfügt über eine herausragende Akustik, wie sich auch bei der heutigen Lucia di Lammermoor-Aufführung zeigte. Dazu trug sicher auch die Idee der Regisseurin Katharina Thalbach bei, die gesamte Handlung vorn an der Rampe ablaufen zu lassen. Insofern hätten die Protagonisten der Oper durchaus auf Lautstärke verzichten und mehr Piano singen können.

Oper Leipzig, 2. April 2022

Gaetano Donizetti
Lucia di Lammermoor

Gewandhausorchester
Antonino Fogliani musikalische Leitung

Chor der Oper Leipzig

von Dr. Ralf Wegner

Zum dritten Mal besuchten wir das Leipziger Opernhaus. Und erst jetzt fiel uns die unaufdringliche Schönheit dieses 1954/60 im neoklassizistischen Stil errichteten, aber die 1950er Jahre nicht verleugnenden Gebäudes auf.

Der warme Ton der Holzausstattung, die ansprechenden Beleuchtungskörper und gefälligen ovalen Lichtschächte der Treppenhäuser, aber auch die zeitlos schönen Fenster und Türen unterstützen den angenehmen Gesamteindruck.

Zudem verfügt der Saal über eine herausragende Akustik, wie sich bei der heutigen Lucia di Lammermoor-Aufführung zeigte. Dazu trug sicher auch die Idee der Regisseurin Katharina Thalbach bei, die gesamte Handlung vorn an der Rampe ablaufen zu lassen. Insofern hätten die Protagonisten der Oper durchaus auf Lautstärke verzichten und mehr Piano singen können.

Der Bariton Mathias Hausmann sang mit hohem Schalldruck Lucias Bruder Enrico. Im hohen Tonbereich öffnete sich seine Stimme dabei mit ansprechender Farbigkeit, insgesamt fehlte mir vom Timbre her aber die beim Belcanto gewünschte durchgehende Schönheit des Stimmorgans. Arthur Espiritu hatte als sein Gegenspieler Edgardo ebenfalls schöne Momente, aber insgesamt ohne den rechten Belcanto-Schmelz.

Die hochgetrimmten Tenorstimmen von Patrick Vogel als Arturo und jene von Dan Karlström (Normanno) empfand ich ebenfalls als nicht stimmig. Sejong Changs Bass (Raimondo) verfügte dagegen über den notwendigen samtenen Klang verbunden mit hoher Legatokultur. Man hörte ihm, der auch nicht forcierte, gern zu, ebenso der herausragenden Leistung des Chores des Leipziger Opernhauses. „Gaetano Donizetti, Lucia di Lammermoor,
Oper Leipzig, 2. April 2022“
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