Die Robert-Franz-Singakademie Halle und Ki-Hyun Park strahlen mit Mendelssohn-Bartholdys „Elias“

Felix Mendelssohn-Bartholdy, Elias op. 79 MWV A 25, Bearbeitung für Kammerorchester  Staatskapelle Halle, 21. Oktober 2022

Felix Mendelssohn-Bartholdy, Elias op. 79 MWV A 25. In einer Bearbeitung für Kammerorchester von Joachim Linckelmann.

Staatskapelle Halle
Robert-Franz-Singakademie
Andreas Reuter, musikalische Leitung

Gloria Rehm, Sopran
Nora Steuerwald, Alt
André Khamasmie, Tenor
Ki-Hyun Park, Bass

Konzerthalle Ulrichskirche, 21. Oktober 2022

von Dr. Guido Müller

Um 1838 beginnt Felix Mendelssohn-Bartholdy mit den Planungen für ein Oratorium in großer Besetzung (das er nach einer Unterbrechung  erst 1846 fertig stellen sollte) und schreibt darüber in einem Brief: „Ich hatte mir […] einen rechten durch und durch Propheten gedacht, wie wir ihn etwa heut zu Tage wieder brauchen könnten, stark, eifrig, auch wohl böse und zornig und finster […] und doch getragen wie von Engelsflügeln.“

Und genauso stark und böse, zornig und finster dröhnt und erschüttert der koreanische Bass Ki-Hyun Park als alttestamentarischer Prophet Elias mit seinem Eifer im ersten Teil des Oratoriums auch durch die Konzerthalle in der ehemaligen Ulrichskirche in Halle (Saale). Park demonstriert damit seine opernhafte große Stimmpracht auf dem Zenit seiner gesanglichen Möglichkeiten.

Felix Mendelssohn-Bartholdy 1846

Als sein Instrument in Gestalt des Volkes Israels ebenso wie als seine Widersacher in Gestalt der Baalspriester steht ihm die seit 1814 bestehende über fünfzigköpfige Robert-Franz-Singakademie aus Halle (Saale) gegenüber. Sie treibt der junge Leipziger Dirigent Andreas Reuter ebenso zu leidenschaftlichen gewaltigen Ausbrüchen an wie zu flüsterndem Furchtgesang und deutlicher Artikulation – die gelingt leider nicht immer.

Dem Dirigenten merkt man die vor allem an Johann Sebastian Bach geschulte Leipziger Chortradition an. Und wenn er auch im Programm betont, dass Mendelssohn kein episches, sondern ein symbolisches Oratorium schreiben wollte, so hört man Reuters Interpretation doch an, wie dramatisch und damit auch episch das Werk unter seiner musikalischen Leitung klingt. Und dabei fallen immer wieder die Parallelen vor allem  zu Bachs Johannes-Passion auf. Ki-Hyun Park ist ihm dafür der ideale Partner.

(c) Guido Müller

Doch Ki-Hyun Park vermag es auch den verinnerlichen Partien des zweiten Teils zutiefst ergreifenden und differenziert Ausdruck zu verleihen. Dann klingt auch sein Schöngesang „wie von Engelsflügeln“ getragen. Damit wird seine große Arie im zweiten Teil „Es ist genug!“, die musikalisch nahe zu Bachs Arie „Es ist vollbracht“ aus der Johannes-Passion ist, zum Höhepunkt seiner Rollen-Interpretation an diesem Abend. Ähnlich galt dies schon für seine Arie „Herr Gott Abrahams, Isaaks und Israels“ im ersten Teil.

Ki-Hyun Park zeigt zudem auch im Gesang eine überzeugte tiefe christliche Gläubigkeit, so dass sich bei aller Opernnähe (er gehört seit zwanzig Jahren dem Ensemble der Oper Halle an) die oft schwer erträgliche alttestamentarische Grausamkeit der Propheten-Handlung, die auch zum Mord aufruft, erdulden lässt.

Ihm zur Seite steht zunächst der Tenor André Khamasmie aus Leipzig, der nicht nur sehr textverständlich singt, sondern vor allem als Begleiter Elias’ stark mit seinem Gesang zu berühren weiß.

Robert-Franz-Singakademie, (c) Falk Wenzel

Nora Steuerwald als Alt gestaltet ihre verschiedenen Rollen sehr glaubwürdig,  mit großer Innerlichkeit und dem richtigen Stilgefühl für Mendelssohn-Bartholdy, das sie sich trotz ihres jungen Alters (Jg. 1993) wohl bereits durch ihre Zugehörigkeit zu so international renommierten Ensembles wie dem Collegium Vocale Gent, dem ChorWerk Ruhr und dem Kammerchor Stuttgart erarbeitet hat. Sie gehört ab dieser Spielzeit dem Ensemble der Oper Leipzig an. Auf sie wird in Zukunft zu achten sein.

Die junge Koloratursopranistin Gloria Rehm wird leider mit ihrem schönen lyrischen Gesang zu oft vom Orchester zugedeckt, während der Dirigent die anderen Solisten mit größerer Aufmerksamkeit zu begleiten weiß.

Dabei hat der Dirigent Andreas Reuter bereits in kluger Vorausschau des Konzertraums mit heikler Akustik für groß besetzte Chor- und Orchesterwerke die vor allem in den Bläsern stark reduzierte Fassung für Kammerorchester von Joachim Linckelmann gewählt. Das gewährleistet auch ein gutes Gleichgewicht mit dem Chor.

Die Staatskapelle klingt fantastisch in den einzelnen Instrumenten (Horn und Holzbläser) und Gruppen (z.B. die Celli und Kontrabässe!) und hört sich in dieser Kammerfassung wunderbar ausgeglichen und transparent an.

Das Publikum dankt allen und ganz besonders dem Chor mit lange anhaltendem Beifall, Bravorufen und Fußtrampeln.

Dr. Guido Müller, 22. Oktober, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Felix Mendelssohn Bartholdy, Elias, Symphonischer Chor Hamburg, Laeiszhalle Hamburg

Charles Gounod, FAUST Oper Halle, 17. September 2022 (Premiere)

Ein Gedanke zu „Felix Mendelssohn-Bartholdy, Elias op. 79 MWV A 25, Bearbeitung für Kammerorchester
Staatskapelle Halle, 21. Oktober 2022“

  1. Wir waren auch im Konzert und haben es sehr genossen. Endlich wieder die großen Werke. Eine schöne Kritik. Diese ständige Thematisierung des Alters von Musikern muß aber langsam mal aufhören. Das ist nicht nur eine Unsitte der letzten Jahre geworden, sondern auch total unerheblich. Es hat zu zählen, wie gut jemand ist und nichts sonst. Außerdem gibt es sehr oft Fälle, wo „jung“ automatisch mit gut gleichgesetzt. Wir möchten das hier nicht unterstellen, aber dieser seltsame Jugendwahn ist einfach falsch und kontraproduktiv, weil er unterschwellig die völlig irrige Vorstellung kreiert, ältere Sänger seien nicht so das Wahre. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Musiker sind wie gute Weine. Früher begannen Karrieren frühestens ab 40 Jahren, weil Musiker dann genug Reife, Technik und Erfahrung gesammelt hatten. Nichts gegen junge Musiker, aber sie haben i. d. Regel noch viel zu lernen und das ist nicht schlimm, sondern halt normal. Wir möchten gerne Musiker mit Lebenserfahrung, Charakter, Ausdruck und guter Technik hören, die etwas zu versenden haben. Sie haben das so natürlich nicht gesagt, aber einfach schönes Aussehen und junge Stimme sind keine Kriterien und das muss mal gesagt werden.

    Sylvia Schorn

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