Der langjährige Wiener Staatsoperndirektor Ioan Holender ist 85 – wir gratulieren!

Der langjährige Wiener Staatsoperndirektor Ioan Holender ist 85   Wiener Staatsoper, 18. Juli 2020

Foto: Youtube / M. Pöhn (c)

von Anton Cupak, Wien

Ich weiß eigentlich nicht mehr, wer unter Ioan Holender Pressesprecher war. Vermutlich war es bereits André Comploi, aber den hat Ioan Holender nicht gebraucht, wenn er mir etwas auszurichten hatte, auch wenn er sich beschwert hat etc.

Aber wir haben nie miteinander gestritten. Ioan Holender ist kein einfach gestrickter Mensch, so einer könnte auch nie das erreichen, was Ioan Holender umgesetzt hat. Er hat einen herzlichst begrüßt, tags darauf nicht mehr gekannt, wiederum einige Tage später wieder herzlich begrüßt. Wenn er etwas wollte, hat er nicht herumgeredet, sondern das Thema  direkt angesprochen.  Er hat selbst zum Telefonhörer gegriffen. Einen Ausspruch von ihm habe ich viele Jahre auf dem Tonband meines damaligen Anrufbeantworters sozusagen als Dokument belassen. Da ich damals oft beruflich unterwegs und das „Handy“ noch nicht so wirklich in Mode war (ich habe bis heute nur eines, das ständig in der Schreibtischlade liegt), hat er mich nicht erreicht. „No so was, der lässt mich warten wie einen Kapellmeister“ sagte Holender damals auf den Beantworter. Ich habe natürlich zurückgerufen, aber diese Sequenz hat mir gesagt, was er von „Kapellmeistern“ hält.

Holender kann unheimlich charmant sein und nützt diese „Waffe“ auch aus. Eine Sängerin, die damals im „Residenzvertrag“ war (die Residenzverträge waren „Wundertüten“, so ein Mittelding zwischen Ensemblevertrag und Freiberufler, bei dem eine Künstlerin/ein Künstler für etwa die Hälfte der Saison dem Haus zur Verfügung stehen musste, aber keinen Einfluss darauf nehmen konnte, wie oft und für welche Rollen sie/er auf die Bühne gelassen wurde). Die Dame war mit ihren Rollen nicht zufrieden, also suchte sie um einen Termin bei Holender an. „Der war sehr charmant, hat mich geradezu umnebelt und ich war glücklich – bis ich wieder in der Arkade war. Dann bin ich zweimal um das Haus gegangen und habe nachgedacht. Dabei habe ich registriert, dass sich meine Situation eigentlich verschlechtert hat.“

Das verriet mir die Dame, nachdem sie den Holender-Termin analysiert hatte!

Mit Ioan Holender konnte man reden – und er redete auch mit einem.  Ich war auch in seinem Büro im zweiten Stock der Staatsoper – und er nahm sich Zeit. Es ging damals um eine Sängerin, die ihm gerne persönlich vorsingen hat wollen. Er ist auch zu seinem Wort gestanden, hat ihr auf der großen Bühne zugehört, mich dann angerufen und mir gesagt, dass er keine Verwendung hat.

Zum Abschluss seiner Regentschaft hat er noch die „Merker-Kaufkarten“ verbessert (es hat um das gleiche Geld Plätze mit etwas besserer Sicht gegeben). Eine noble Geste und ein Dankeschön zum Abschluss

Heute arbeitet Ioan Holender auch für meinen Lieblings-TV-Sender „Servus TV“ und bereist die ganze Welt! Mit seinem geliebten Tennissport hat er mittlerweile aufgehört. Als Tennispartner war er angeblich schwierig, weil er nicht gerne verloren hat und es mit der Zeit immer schwieriger wurde, ihn gewinnen zu lassen, ohne dass er es merkt. Er hat es gemerkt und nun daraus den richtigen Schluss gezogen – wie praktisch immer in seinem langen Leben!

Hoffentlich bleibt er noch lange fit! Herzlichen Glückwunsch zum „halbrunden“ Geburtstag!

Anton Cupak, 18. Juli 2020.
„Toni“ Cupak ist Herausgeber der empfehlenswerten Kulturplattform onlinemerker.com

Servus-TV Holender-Geburtstagsinterview Juli 2020 – 60 Minuten

wikipedia.de:

Ioan Holender (* 18. Juli 1935 in TimișoaraRumänien, als Johann Hollaender ist ein rumänisch-österreichischer Sänger und Künstleragent. Er war von 1992 bis 2010 Direktor der Wiener Staatsoper und der Volksoper Wien (bis 1996) sowie von 2005 bis 2015 Künstlerischer Direktor des George Enescu Festivals in Bukarest.

Leben

Holender entstammt einer jüdischen Unternehmerfamilie. Sein Vater hatte in Timișoara eine Marmeladen- und Essigfabrik, die 1948 enteignet wurde. Ioan wuchs dreisprachig auf: Rumänisch, Deutsch, Ungarisch. Um zu einem Studium zugelassen zu werden, arbeitete er zunächst ein Jahr lang bei der Straßenbahn, studierte anschließend Maschinenbau (Fachrichtung Dampfmaschinen) am Polytechnischen Institut Timișoara. Als Teilnehmer am Studentenaufstand in Timișoara 1956 wurde er exmatrikuliert und hatte damit auch keinen Zugang zu anderen Hochschulen des Landes.

Daraufhin arbeitete Holender unter anderem als Tennistrainer und Regieassistent. Da seine Mutter bereits in Wien lebte, durfte er 1959 im Rahmen der Familienzusammenführung dort einreisen. Statt des ursprünglich vorgesehenen Technikstudiums, begann er aber, Gesang zu studieren. Nach dem Abschluss war er als Opernbariton und Konzertsänger zuerst am Stadttheater Klagenfurt und später in St. Pölten tätig.

1966 trat Holender als Mitarbeiter in die Theateragentur Starka ein, die er nach einigen Jahren übernahm und die letztlich als Opernagentur Holender bekannt wurde.

© Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

1988 wurde er vom designierten Direktor Eberhard Waechter zum Generalsekretär der Wiener Staatsoper ab 1991 berufen. Dies führte in den Medien zu teils heftiger Kritik, weil Holender vorgeworfen wurde, mit der amtierenden Staatsoperndirektion von Claus Helmut Drese vertragliche Verpflichtungen ausgehandelt zu haben und zugleich bereits dessen Nachfolger zuzuarbeiten. Jene Sänger, so hieß es, deren Engagement er selbst der Staatsoper vermittelt habe, würde er nun zugleich als Mitglied der künftigen Opernführung kritisieren. (Waechter plante damals, das System der Abendverträge gastierender Künstler einzuschränken und durch einen verstärkten Ensembleaufbau sowie längerfristige Gastverträge zu ersetzen.) Auch wurde geargwöhnt, Holender würde bei Engagements für die Spielzeiten Waechters gleichsam Sängerverträge mit seiner eigenen Agentur aushandeln. Schließlich zog sich Holender aus seiner Opernagentur zurück, die später innerhalb der eigenen Familie verkauft wurde.

Nach dem unerwarteten Tod Waechters im März 1992 wurde Holender am 1. April desselben Jahres zum Direktor der Staatsoper bestellt. Vier Jahre lang führte er gleichzeitig die Volksoper Wien, zu deren Ehrenmitglied er 1996 ernannt wurde.

An der Staatsoper bewirkte Holender innerhalb kurzer Zeit erhebliche Korrekturen an Waechters konservativer Konzeption; beispielsweise ließ er Titel der gespielten Opern wieder in der Originalsprache – also Le nozze di Figaro statt Die Hochzeit des Figaro – plakatieren und weichte das Ensembleprinzip durch eine Verstärkung kurzfristiger Abendverträge auf. Zudem verpflichtete er Exponenten moderner Operninszenierungen wie Herbert WernickeHans NeuenfelsWilly Decker oder David Pountney.

Den Plan Waechters, ältere Inszenierungen unter der Leitung der jeweiligen Regisseure neu geprobt an der Staatsoper wiederaufzunehmen, legte Holender fast vollständig beiseite. Das von ihm gespielte Repertoire stützt sich im Wesentlichen auf die Neuinszenierungen seiner Direktionszeit, ergänzt von bekannten Schlüsselwerken oder einigen älteren Produktionen, deren geringerer Aufwand die Organisation des Spielplans erleichterte. Zudem setzte Holender – wie vor ihm Claus Helmut Drese und Herbert von Karajan – vermehrt auf Koproduktionen – etwa mit den Salzburger Festspielen, der Mailänder Scala und der Pariser Oper. Einige Inszenierungen der Wiener Staatsoper wurden an andere Opernhäuser verkauft oder ausgeliehen, etwa an die Bayerische Staatsoper in München, das Teatro La Fenicein Venedig und die Metropolitan Opera in New York.

Foto: Ion Holender 2011

Holenders Vertrag wurde dreimal verlängert und endete am 31. August 2010. Er ist somit der Direktor mit der längsten Amtszeit seit 1869, d. h. seit Bestehen des Hauses. In Berlin betreute Holender nach dem vorzeitigen Ausstieg des Intendanten Udo Zimmermann übergangsweise das Programm der Deutschen Oper. Holender ist Lehrbeauftragter am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Universität Wien. Außerdem ist er Vorstandsmitglied der Europäischen Musiktheater-Akademie.

In Sachen Kultur ist er seit den 2010er-Jahren journalistisch auf dem Fernsehsender Servus TV tätig, als Moderator und Gestalter der Sendung kulTOUR mit Holender[2]. Die Sendung wird jeden Donnerstag abends und jeden Sonntag vormittags auf dem Sender ausgestrahlt, und ist für eine bestimmte Zeit in der Mediathek des Senders abrufbar.

Im November 2011 wurde Ioan Holender zum Vorsitzenden des Vereins Timişoara Capitală Culturală Europeană (Temeswar Kulturhauptstadt Europas) gewählt.[3] Von 2005 bis 2015 war er der Künstlerische Direktor des George Enescu Festivals,[4] das biennal in Bukarest (Rumänien) zur Erinnerung an den rumänischen Nationalkomponisten, Geiger, Pianisten und Dirigenten George Enescu veranstaltet wird. Das Festival im Herbst 2007 trug erstmals seine Handschrift.

Privatleben

In erster Ehe war Holender mit Ariane Hollaender-Calix, einer Schauspielerin und ehemaligen Professorin an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, verheiratet. Dieser Ehe entstammt der Jurist Adrian Hollaender. Heute ist er in zweiter Ehe verheiratet, aus dieser Ehe stammen ein Sohn und eine Tochter. Holender ist der Cousin des österreichischen Regisseurs Robert Dornhelm.

Auszeichnungen und Ehrungen

Werke

Von Temesvar nach Wien. Der Lebensweg des Wiener Staatsoperndirektors. Autobiografie, bearbeitet von Marie-Theres Arnbom. Böhlau, Wien 2001, ISBN 978-3-205-99384-1.

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