Tritt den Sprachpanschern ordentlich auf die Füße! Gern auch unordentlich. Der Journalist und Sprachpurist Reinhard Berger wird unsere Kultur nicht retten, aber er hat einen Mordsspaß daran, „Wichtigtuer und Langweiler und Modesklaven vorzuführen“. Seine satirische Kolumne hat er „Der Schlauberger“ genannt.
von Reinhard Berger
So gelacht habe ich lange nicht mehr. Diesmal nicht über Trump oder den Mann aus Würselen oder gar den Karneval. In einem Zeitungsbericht ging es um Geburtenzahlen in einem Krankenhaus und um die Frage, warum manche Jahre mehr, manche Jahre weniger Babys zur Welt kommen. Vielleicht liegt es an äußeren Umständen? Am Wetter? Am TV-Programm? An sportlichen Ereignissen? Also an Dingen, die den Tagesrhythmus beeinflussen.
Die Kommentatorin hatte eine klasse Idee: Die Theorie, so schrieb sie, dass der Stromausfall 1965 in New York neun Monate später für ungewöhnlich viele Babys gesorgt haben soll, sei nachvollziehbar, denn: „Es war dunkel, der Fernseher ging nicht, und man musste sich zwangsläufig mit sich selbst beschäftigen …“
Ein Fall für den Deutsch- oder Biologielehrer?
Dazu fällt mir nur diese Schlagzeile vor ein paar Jahren ein:
Empfängnisverhütung: Bischöfe halten den Atem an
Vielleicht funktioniert’s ja.
Jeder braucht ’ne Brille! Aber akustisch ist alles okay
Das war im Fußballspiel der Wölfe gegen die Bayern ein erhebender Augenblick. Der Fernsehreporter holte ordentlich aus: „Jetzt hören wir die Wolfsburger Fans auch akustisch.“ Hurra, hurra! Gerade eben hatten wir sie noch visuell gesehen.
So schnell kann’s gehen beim Fußball. Genau wie in der Liebe. Da fließen im Standesamt die Tränen, wenn der Standesbeamte endlich das Urteil im Namen des Volkes spricht: „Ich erkläre sie hiermit zu Mann und Frau.“ Tränen der Freude, Tränen der Rührung. Und Tränen der Erkenntnis. „Was waren sie denn vorher?“, fragt eine Leserin. „Hund und Katze? Oder gar Sofa und Kissen?“
Mir ging diese sprachliche Kuriosität durch den Kopf, als ich kürzlich den Tischler bat, meine wackligen Sitzmöbel zu leimen. Und als er dann zum Stuhltest kam, fiel mir schlagartig ein, dass ich unbedingt noch einen Vorsorgetermin beim Arzt machen muss.
Der Vater solcher Wortspiele, Heinz Erhardt, erzählte einmal von seinem Onkel, der Brillen machte. „Er war Tischler. – Er hat viel durchgemacht.“ Lassen Sie’s in Ruhe sacken.
Reinhard Berger, 7. März 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Der Schlauberger 40: Lasst uns noch einmal hoppen – Schade: Denglisch ist out
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Reinhard Berger
Allerleikeiten: Reinhard Berger, geboren 1951 in Kassel, Journalist, Buchautor, Hunde- und Hirnbesitzer.
Vergänglichkeiten: Vor dem Ruhestand leitender Redakteur der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen (HNA).
Herzlichkeiten: verheiratet, zwei Söhne, zwei Schwiegertöchter, drei Enkel, ein Rottweiler.
Anhänglichkeiten: Bach, Beethoven, Bergers Nanne (Ehefrau).
Auffälligkeiten: Vorliebe für Loriot, Nietzsche, Fußball, Steinwayflügel, Harley-Davidson.
Öffentlichkeiten: Schlauberger-Satireshow, Kleinkunstbühne.
Alltäglichkeiten: Lebt auf einem ehemaligen Bauernhof.
www.facebook.com/derschlauberger