DIE DONNERSTAG-PRESSE – 21. DEZEMBER 2023

DIE DONNERSTAG-PRESSE – 21. DEZEMBER 2023

Der Rosenkavalier – Staatsoper Unter den Linden © Ruth Walz

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden
DIE DONNERSTAG-PRESSE – 21. DEZEMBER 2023

Berlin/Staatsoper
Der Rosenkavalier an der Berliner Staatsoper lässt einen gewöhnlichen Dienstagabend im Dezember erstrahlen
Beklommen, wie nach jeder gelungenen Komödie, und glücklich verlasse ich die Staatsoper Unter den Linden. Und das an einem Dienstagabend im Dezember, nach einer Repertoire-Aufführung des Rosenkavalier in der nun auch schon wieder fast vier Jahre alten, vor allem durch ihre Opulenz bestechenden Inszenierung von André Heller.
Von Sandra Grohmann
Klassik-begeistert.de

Berlin
Die Komische Oper Berlin zu Fazıl Says Israel-Äußerungen: „Hat sich wahrscheinlich verleiten lassen“ Fazıl Say postete auf X, Israels Premier Netanjahu gehöre wegen „Völkermords“ in Gaza vor Gericht. Was sagt die Komische Oper Berlin dazu, in deren Neujahrskonzert der Starpianist auftritt?
Tagesspiegel.de

München
„Für eine Pointe gehe ich sehr weit“: Interview mit Georg Nigl
Auf den Opernbühnen dieser Welt ist er der Mann fürs Abgründige. Für die Besonderlinge am Rande der Gesellschaft und des Wahnsinns. Dazu passt irgendwie der Eisenstein: Georg Nigl ist ab 23. Dezember in der neuen „Fledermaus“ an der Bayerischen Staatsoper zu erleben.
MuenchnerMerkur.de

Sänger und Moderator Gunther Emmerlich gestorben
Der Sänger und Entertainer Gunther Emmerlich ist tot.
Wie mehrere Medien berichten, starb er am Dienstag im Alter von 79 Jahren zu Hause an Herzversagen. Emmerlich wurde im thüringischen Eisenberg geboren. Der in Weimar ausgebildete Opernsänger trat unter anderem regelmäßig in der Dresdner Semperoper auf. Bekannt wurde er auch durch Auftritte in Fernsehgalas in der früheren DDR und als Moderator von Unterhaltungsshows wie „Ein Kessel Buntes“ und „Nacht der Prominenten“. Vor wenigen Tagen war Emmerlich noch in der MDR-Fernsehsendung „Riverboat“ zu Gast gewesen. Am Sonntag trat er außerdem als Überraschungsgast auf einem Weihnachtskonzert im sächsischen Lößnitz auf.
Wdr.de

München
Grünes Licht in München für neuen Gasteig – so will die Stadt die immensen Kosten stemmen
Der Stadtrat in München beschließt die Generalsanierung des städtischen Kulturzentrums – was der neue Gasteig nun kosten soll. „So, und wenn wir hier schon fast alle dafür sind, dann gehen wir das aber auch kraftvoll an!“, sagte Dieter Reiter vor der Abstimmung über die Gasteig-Sanierung. Der Oberbürgermeister wirkt eher gezwungenermaßen überzeugt, die Vertreter der übrigen Fraktionen dafür umso mehr. Dann fiel lediglich gegen die Stimmen der AfD und der FDP der Beschluss, den Gasteig grundlegend zu modernisieren.
MuenchnerAbendzeitung

Kommentar zu Stadtratsbeschluss Münchner Gasteig wird generalsaniert
Eine Überraschung war es nicht: Es bleibt bei der Generalsanierung – so wie eigentlich bereits 2020 beschlossen. Einen entsprechenden Beschluss hat der Münchner Stadtrat mit großer Mehrheit gefasst. Ein gutes Signal für die Kulturlandschaft der Landeshauptstadt? BR-KLASSIK-Autor Bernhard Neuhoff kommentiert.
BR-Klassik.de

Sommereggers Klassikwelt 215: Edita Gruberová, die slowakische Nachtigall
Als am 18. Oktober 2021 die Nachricht vom plötzlichen Tod der slowakischen Koloratursopranistin Edita Gruberová um die Welt ging, waren weltweit die zahlreichen Bewunderer dieser Ausnahmekünstlerin zutiefst geschockt. Die vitale 74-jährige Künstlerin zog sich bei einem unglücklichen Sturz in ihrem Zürcher Heim tödliche Kopfverletzungen zu. Gruberovás Karriere entwickelte sich von bescheidenen Anfängen im heimatlichen Bratislava zu einer der erstaunlichsten und konstantesten des 20. und 21. Jahrhunderts.
Von Peter Sommeregger
Klassik-begeistert.de

Berlin / Philharmonie / SWR.Orchester / Currentzis
An Mahlers Adagio reicht die Moderne nicht heran
Der Versuch, ein Fragment gebliebenes Werk fertigzustellen oder unter Verwendung des musikalischen Materials neu zu komponieren, wurde vielfach unternommen. Allerdings hat sich nicht eine einzige dieser Versionen durchgesetzt. Auf Bruckners Neunte trifft das ebenso zu wie auf Gustav Mahlers Zehnte, aus der der Komponist nur das schmerzvoll-schöne Adagio halbwegs vollenden konnte. Vielmehr hat sich eigentlich immer wieder bestätigt, dass diese Werke als Fragment ihren ganz eigenen Reiz entfalten, wenn nicht sogar in sich eine Vollkommenheit ausstrahlen.
Von Kirsten Liese
Klassik-begeistert.de

Frankfurt
Eine Liebesgeschichte gepaart mit Hexenritt auf Besen: die Oper Frankfurt zeigt eine wunderbare Weihnachtsgeschichte
Nicht nur im Fussball punktet Frankfurt momentan auf der großen Bühne. Mit der Wiederaufnahme der Oper “Die Nacht vor Weihnachten” von Rimski-Korsakow zeigt sich auch die Oper in der Spitze der Opernliga. Die Produktion von Christof Loy war von der Zeitschrift Opernwelt zur Produktion des Jahres 2021/22 ernannt worden und ist in der Zwischenzeit bei der Firma Naxos als Ton- und Bilddokument erhältlich. Mit fast identischer Besetzung wird dem Frankfurter Opernpublikum diese musikalische Rarität auch in der diesjährigen Weihnachtszeit kredenzt.
Von Jean-Nico Schambourg
Klassik-begeistert.de

Wien/Museumsquartier
Adams tiefer Fall oder: Die ungeschlossene Musiklücke
Passierte je etwas Großartiges zwischen Barock und Klassik? Galuppis „La caduta di Adamo“, vom Helsinki Baroque Orchestra in der Halle E im Museumsquartiert aufgeführt, kann nicht die Antwort sein.
DiePresse.com

CD-Besprechung
Bariton Florian Götz und das Grundmann-Quartett finden einen neuen Zugang zu Schubert’s Winterreise
An Einspielungen von Franz Schuberts Liederzyklus „Winterreise“ herrscht wirklich kein Mangel. Praktisch jeder Liedersänger entwickelt früher oder später den Ehrgeiz, diesen Zyklus zu singen, ihn eventuell auch auf Tonträgern zu verewigen. In den letzten Jahren erschienen mehrere Aufnahmen, die von der originalen Besetzung mit einer Singstimme und dem Klavier abwichen, darunter finden sich teilweise interessante interpretatorische Ansätze.
Von Peter Sommeregger
Klassik-begeistert.de

Bandoneon-Konzert mit Juanjo Mosalini: Ein Konzert der besonderen Art begeistert
Herbstkonzert des Concertino Offenburg in der Waldorfschule, 8. Oktober 2023. Ich lebe in einer kleinen Stadt in der Ortenau, bin in Vollzeit berufstätig und mein Beruf hat so gar nichts mit Musik zu tun. Warum ich das schreibe? Nun, damit Sie verstehen, dass ich nicht mal eben in ein Opern- oder Konzerthaus komme, da keines um die Ecke liegt. Der Aufwand ist für mich etwas größer. So habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, hiesige Konzerte zu besuchen, mit Orchestern aus der Region.
Von Kathrin Beyer
Klassik-begeistert.de

München
Wenn die Sonne stillsteht: „Fliegendes Klavierkonzert“ mit Alain Roche im Münchener Werksviertel
NeueMusikzeitung/nmz.de

Dresden
Donald Runnicles wird neuer Chefdirigent der Dresdner Philharmonie
Sir Donald Runnicles soll neuer Chefdirigent der Dresdner Philharmonie werden. Bereits ab der kommenden Saison 2024/25 soll der Brite das Dresdner Orchester als designierter Chef leiten. Amtsantritt ist dann für die Saison 2025/26 geplant, wie das Orchester der Landeshauptstadt am Mittwoch bekanntgab. Der Vertragsentwurf werde in Kürze dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorgelegt. Der 69-jährige Runnicles folgt auf Marek Janowski (84), der bereits zwei Mal das Amt des Chefdirigenten der Dresdner Philharmonie inne hatte und dessen Vertrag in Dresden im vergangenen Sommer auslief.
mdr.de.nachrichten

Art but fair UNITED hat eine Nachtragsanzeige gegen ehemalige Salzburger Festspielpräsidentin eingebracht
Art but fair UNITED hat heute eine Nachtragsanzeige gegen Helga Rabl-Stadler in ihrer damaligen Funktion als Mitglied des Direktoriums der Salzburger Festspiele und als Verantwortliche fürs Sponsoring bei der Staatsanwaltschaft Wien eingereicht. Im Pressetexte heißt es «Auf unsere Nachfrage haben wir von der Kühne-stiftung die Antwort bekommen, dass diese keine Ahnung davon hatte, dass 2020 auch alle Beteiligten des Young Singers Project keine Gage/Stipendium bekamen, da die Stiftung keinen Einfluss auf den operativen Betrieb der Festspiele habe.»
pizzicato.de

Wien
Volksoper: Da fliegt sie wieder, die Knusperhexe (Bezahlartikel)
https://www.diepresse.com/17931535/volksoper-da-fliegt-sie-wieder-die-knusperhexe

Baden
Andreas Gergen wird neuer künstlerischer Leiter der Bühne Baden
Der Regisseur und Nachfolger von Michael Lakner tritt die neue Funktion am 1. September 2025 an
DerStandard.at.story

Frankfurt
Andrè Schuen und Daniel Heide in der Frankfurter Oper: Funkelnde Welt
Frankfurterundschau.de

Essen
In seinem Element: Pygmalion mit Mendelssohns dramatischem Elias in Essen
bachtrack.com.de/mendelssohn

Bücher
Biographie zu Rachmaninow: Als Russe war er schon Weltbürger
Viel Polemik, wenig Analyse: Meinhard Saremba legt eine Biographie von Sergej Rachmaninow vor und bemüht sich, dessen Musik einem nostalgischen Emigrantendiskurs zu entreißen.
FrankfurterAllgemeine.net

Drei Essays Ian Bostridge: „Das Lied & das Ich“
Der britische Tenor Ian Bostridge ist einer der gefeiertsten Sänger der Gegenwart, geschätzt vor allem als Liedinterpret. Aber er ist auch Autor. Nach seinem Buch über Schuberts Liederzyklus „Winterreise“ hat er jetzt einen Band unter dem Titel „Das Lied & das Ich“ verfasst.
rbb.online.de.rbb

«Ich kann nur lieben, wenn ich emporschauen muss», schreibt Alma Mahler
Der Bauhaus-Gründer Walter Gropius und die Künstlermuse beginnen im Sommer 1910 eine Affäre – hinter dem Rücken Gustav Mahlers. Ihre erstmals veröffentlichte Korrespondenz zeigt die Dramatik dieser Dreiecksbeziehung.
NeueZürcherZeitung.ch

Links zu englischsprachigen Artikeln

News
Conductor Herbert Blomstedt, 96, Under Hospital Care After Fall
sfcv.org.articles

Berlin
Daylight robbery: Max Hopp falls short with Offenbach’s Die Banditen at Komische Oper
bachtrack.com.de

May I have your attention? Pekka Kuusisto and the DSO in Berlin
bachtrack.com.de

Frankfurt
Thoughtful and skilful presentation in Frankfurt of a rare opera by the teenage Mozart
seenandheard.international.com

Paris
Opéra National de Paris 2023-24 Review: Les Contes d’Hoffmann
Benjamin Bernheim & Christian Van Horn Reign Supreme in Robert Carsen’s Immaculate Production
https://operawire.com/opera-national-de-paris-2023-24-review-les-contes-dhoffmann/

Benjamin Bernheim triumphs as Hoffmann at the Paris Opera
seenandheard.international.com

Madrid
Q & A: Ludovic Tézier on His Career as Today’s Ultimate Baritone
https://operawire.com/q-a-ludovic-tezier-on-his-career-as-todays-ultimate-baritone/

Tiflis
Can One of Opera’s Greatest Singers Get Her Voice Back?
Anita Rachvelishvili, the once-blazing mezzo-soprano, has struggled with vocal problems since her pregnancy two years ago.
TheNew YorkTimes.com

Chicago
Haymarket Opera Company Unveils its 2024 Season
https://operawire.com/haymarket-opera-company-unveils-its-2024-season/

Los Angeles
LA Phil Throws Beethoven a Birthday Bash
Under Zubin Mehta’s genial direction, the orchestra plays the “Pastoral” and “Eroica” Symphonies to near perfection.
https://www.sfcv.org/articles/review/la-phil-throws-beethoven-birthday-bash

Recordings
Locke’s List for 2023: Notable Operatic Recordings Plus
https://www.classical-scene.com/2023/12/19/locke-2023/

Ballett / Tanz

Nürnberg
Harrys Seelenkrise: Goyo Montero: Der Steppenwolf
Am Staatstheater Nürnberg hat Ballettdirektor Goyo Montero eine Neukreation von Hermann Hesses „Der Steppenwolf“ choreografiert – und das Publikum wird einbezogen. Der Abend gerät bildstark wie effektvoll.
DeutscheBuehne.com

Two classic stories, refreshed with humour in an engrossing double bill
Ella Rothschild’s Petroesjka offers a stripped back rethinking of the original, well-known parable, while Jeroen Verbruggen gives a vibrant, fresh take on Kurt Weill and Bertolt Brecht’s 1933 Die Sieben Todsünden.
bachtrack.com

Film

Paris
Depardieu-Figur fliegt aus Pariser Wachsfigurenkabinett

Wegen aktueller Kritik an der französischen Schauspiel-Ikone wird die Nachbildung zurückgezogen.
Kurier.at

Medien

Österreich
Wer will die „Kronen Zeitung“ kaufen?
Die Signa-Gruppe stößt ihre stark abgewerteten Anteile an „Krone“ und „Kurier“ ab. Vor allem die Dichands sollen sich dafür interessieren. „Der Todfeind des Journalismus ist der Konjunktiv“, sagt Kommunikationswissenschafter Matthias Karmasin von der Universität Klagenfurt. Aber der Konjunktiv ist der beste Freund der Spekulation. Und ohne diese kommt man nicht aus im Fall „Kronen Zeitung“ und der Signa, wo es viel um Macht und Möglichkeiten, Geld und Formulierungen geht.
DiePresse.com

ORF-Korrespondent Cupal ist „Journalist des Jahres“
Der Gaza-Krieg hat von Auslandskorrespondenten in Israel Höchstleistungen und Dauereinsatz gefordert, so auch von Tim Cupal, dem ORF-Korrespondenten in Tel Aviv. Seine Leistung wird nun in der Medienbranche gewürdigt: Er kam bei der Wahl der „Journalisten des Jahres“ vom Branchenmagazin „Österreichs Journalist:in“ heuer auf Platz eins.
DiePresse.com

Wirtschaft

Mega-Deal: Raiffeisen kauft über Russland-Deal Mehrheit an Strabag
Bisher saßen die russischen Gewinne der Raiffeisen Bank International aufgrund von Sanktionen fest. Doch ein Deal um die Strabag-Beteiligung des Oligarchen Oleg Deripaska könnte das ändern. Denn die Bank kauft 28.500 Aktien von einer Gesellschaft, die dem sanktionierten Russen gehört.
DiePresse.com

Zinsfalle: Neue Staatsschulden werden immer teurer (Bezahlartikel)
Hohe Zinsen belasten künftige Budgets. Der Rückzug der EZB vom Anleihemarkt wird eine zusätzliche Herausforderung. Zuerst die Corona-Pandemie, dann der Energiepreisschock in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine. Beides hat zig Milliarden verschlungen und die EZB im Kampf gegen die Inflation veranlasst, den Leitzins im Rekordtempo von Null auf 4,5 Prozent anzuheben.
Kurier.at

Politik

Strengere Regeln
EU einigt sich auf Asylreform
Das Asylsystem in der EU wird grundlegend reformiert. Nach jahrelangen Diskussionen verständigten sich Vertreterinnen und Vertreter der EU-Staaten und des Europaparlaments endgültig auf entsprechende Gesetzestexte, wie die spanische Ratspräsidentschaft und die EU-Kommission Mittwochfrüh mitteilten. Vorgesehen sind zahlreiche Verschärfungen der bisherigen Regeln. Ziel ist es, die irreguläre Migration einzudämmen.
https://orf.at/stories/3343478/

Streit hat Folgen
Bei Klimaplan säumig: EU knöpft sich Östereichs Regierung vor
Das Hickhack in der türkis-grünen Koalition um den österreichischen Klimaplan hat jetzt Konsequenzen: Weil der Plan zu spät nach Brüssel geschickt wurde, hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eröffnet – Österreich droht eine saftige Strafe.
KronenZeitung.at

Schon wieder Berlin: Wahl in der Hauptstadt muss wiederholt werden
Die deutsche Hauptstadt wird ihrem Ruf als Chaos-Stadt gerecht: Sie muss erneut wegen schwerer Pannen eine Wahl wiederholen – diesmal die Bundestagswahl 2021. Was hatten die Berliner damals gezetert. Meterlange Schlangen, die sich auch nach Stunden noch nicht wirklich bewegten; Stimmzettel, die schon am Nachmittag ausgingen; Briefwahlunterlagen, die im Nirwana landeten: Bei der Wahl im September 2021 ging so viel schief, dass nicht mal mehr die Chaos-erprobten Hauptstädter das lustig fanden.
Kurier.at

Wien
Niedrige Mieten in Parteilokalen beschäftigten Wiener Gemeinderat
Laut einem Stadtrechnungshofbericht wurden die Mieten nicht indexiert. Opposition forderte mehr Transparenz von der SPÖ.
Kurier.at

NEOS Wien / Arapovic: Eine Leerstandsabgabe bedeutet einen massiven Eingriff in das Eigentumsrecht
Selma Arapovic: „Viel wichtiger und nachhaltiger wäre es, ein Bündel an notwendigen Maßnahmen zu diskutieren, um den Wohnungsmarkt zukunftsfit zu machen!“
OTS/APA.nachrichten

Österreich
Koalitions-Krise eskaliert: Ministerin zerlegt ÖVP-General vor laufender Kamera
Justizministerin Alma Zadić zeigte sich am Mittwoch ungewöhnlich angriffslustig. Zielscheibe war mit Christian Stocker der eigene Koalitionspartner.
Heute.at

Neuwahl-Termin: Der Nehammer-Kogler-Pakt
Warum Teile der ÖVP die Nationalratswahl vorverlegen wollen. Wie der Deal zwischen Nehammer und Kogler rennt. Und wann die Grünen wirklich wählen wollen
oe24.at

INFOS DES TAGES (DONNERSTAG, 21. DEZEMBER 2023)

INFOS DES TAGES (DONNERSTAG, 21. DEZEMBER 2023)

Quelle: onlinemerker.com

Art but fair UNITED hat eine Nachtragsanzeige gegen ehemalige Salzburger Festspielpräsidentin eingebracht
Art but fair UNITED hat heute eine Nachtragsanzeige gegen Helga Rabl-Stadler in ihrer damaligen Funktion als Mitglied des Direktoriums der Salzburger Festspiele und als Verantwortliche fürs Sponsoring bei der Staatsanwaltschaft Wien eingereicht. Im Pressetexte heißt es «Auf unsere Nachfrage haben wir von der Kühne-stiftung die Antwort bekommen, dass diese keine Ahnung davon hatte, dass 2020 auch alle Beteiligten des Young Singers Project keine Gage/Stipendium bekamen, da die Stiftung keinen Einfluss auf den operativen Betrieb der Festspiele habe.»
pizzicato.de

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BÜHNE BADEN: Andreas Gergen wird neuer Künstlerischer Leiter
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Andreas Gergen. Foto: Andrea Peller

Die Entscheidung über die Neubestellung des Künstlerischen Leiters an der Bühne Baden
ab der Saison 2025/26 ist gefallen!


Die BÜHNE BADEN freut sich, nach einem mehr als
einjährigen Findungsprozess den neuen Künstlerischen Leiter der BÜHNE BADEN ab der Saison 2025/26 bekannt geben zu dürfen.

Mit 1. September 2025 tritt Andreas Gergen das Amt des Künstlerischen Leiters an der Bühne Baden an. Sein Vertrag ist auf 5 Jahre befristet, mit der Option der Verlängerung. Er
konnte sich mit seinem Konzept gegenüber 36 weiteren Bewerberinnen und Bewerbern  behaupten und die Jury beeindrucken.


Andreas Gergen ist einer der renommiertesten Regisseure des deutschsprachigen
Musiktheaters und verfügt über ein breit gefächertes Netzwerk innerhalb der deutschsprachigen und internationalen Theater und Musicalszene.

Andreas Gergen wurde in Saarlouis geboren. Nach seinem Studium an der Hochschule der Künste Berlin, das er mit Auszeichnung abschloss, war er zunächst als Schauspieler auf den
Bühnen Berlins und vor der Kamera tätig. Parallel gründete er seine eigene Firma, die sich zum Ziel setzte, Theaterstücke und Musicals zu produzieren und zu inszenieren. Es entstanden RegieArbeiten in Berlin, Wien und Basel.

Seit seiner Tätigkeit als Operndirektor am Salzburger Landestheater (20112017) hat er seine Kontakte auch im klassischen Bereich (Oper und Operette) ausgebaut. Als Spezialist für Uraufführungen arbeitet er regelmäßig mit internationalen Kreativen (Komponisten, Autoren, Regisseuren, Choreografen, Bühnenbildnern , Kostümbildnern, Lichtdesignern) zusammen. Er inszenierte über 100 Opern, Operetten, Schauspiele und Musicals und hat sich damit einen Namen als überregional gefragter Regisseur erarbeitet. Zu seinen wichtigsten Arbeiten zählen „I Am From Austria“ für die Vereinigten Bühnen Wien (Raimund Theater), „La Traviata“ und „La Bohème“ im Haus für Mozart (Salzburg), „Carmen“ in der Felsenreitschule (Salzburg), „Die Fledermaus“ am Opernhaus Nizza und „Roxy und ihr Wunderteam“ an der Volksoper Wien. Zuletzt feierte er mit dem FalcoMusical „Rock Me Amadeus“ für die Vereinigten Bühnen Wien (Ronacher) Erfolge.
Mit der Neubestellung von Andreas Gergen ab September 2025 soll der so erfolgreiche Weg der Etablierung und Ausbau des musikalischen Unterhaltungstheaters an der Bühne Baden mit den Hauptsparten Operette und Musical auf höchstem Niveau sowie der Kooperation mit dem Landestheater Niederösterreich am Schauspielsektor fortgesetzt werden.

Johanna MiklLeitner, Landeshauptfrau des Landes Niederösterreich: „Mit Andreas Gergen wird einer der erfolgreichsten Operetten und Musicalregisseure den wichtigsten Musiktheaterstandort Niederösterreichs in eine erfolgreiche Zukunft führen. Wir heißen ihn herzlich willkommen im Kunst und Kulturland Niederösterreich und wünschen ihm hier alles Gute.“

Andreas Gergen:

„Voller Vorfreude blicke ich meiner künftigen Aufgabe als Künstlerischer Leiter der Bühne Baden entgegen. Ich freue mich, an diesem wunderschönen und traditionsreichen Theater mit seinen
verschiedenen Spielstätten eine neue künstlerische Heimat sowie einen Ort gefunden zu haben, an dem ich ab der Spielzeit 2025/26 meine Visionen von anspruchsvollem musikalischen Unterhaltungstheater in die Tat umsetzen darf.
Mein Ziel ist klar gesetzt: Ich möchte mit überraschenden und inspirierenden Konzepten sowohl im Genre „Operette“ als auch im „Musical“ dem Publikum unvergessliche Theatererlebnisse bereiten emotional und von heutiger Relevanz. Theater ist ein „Kraftwerk der Gefühle“!
Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit dem Team der Bühne Baden und kann es kaum erwarten, das Publikum ab September 2025 als Künstlerischer Leiter an der Bühne Baden
begrüßen zu dürfen.“

Nähere Infos:
www.buehnebaden.at
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Paris: „FANTASIO“ von Offenbach an der Opéra Comique – 15 12 2023
Wunderbare Wiederentdeckung einer vergessenen romantischen Oper – perfekt inszeniert durch Thomas Jolly und feinfühlig dirigiert durch Laurent Campellonne.

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Gaëlle Arquez als „Fantasio oder der Narr des Königs“, der nach 152 Jahren nun endlich wieder an die Opéra Comique zurückkehrt. Foto: Stefan Brion

Auch bei Offenbach gibt es noch Überraschungen. So wie diese vergessene romantische Oper, ein Vorläufer von „Hoffmanns Erzählungen“, die 1872 bei der Uraufführung durchfiel und erst jetzt, fast 152 Jahre später, wieder an die Opéra Comique zurückkehrt. Warum die Premiere am 18. Januar 1872 ein Fiasko war, ist eine lange Geschichte, die nichts mit Musik, sondern nur mit Politik zu tun hat. Nach kaum 10 wenig besuchten Vorstellungen und einer überaus hämischen Presse (wozu gleich mehr), wurde „Fantasio oder der Narr des Königs“ ab dem 21. Februar 1872 auf Deutsch am Theater an der Wien gespielt. Doch trotz einer viel beklatschten Marie Greisinger (bald danach die erste Rosalinde der „Fledermaus“), konnte sich das Werk auch hier nicht durchsetzen, wurde im Oktober noch ohne sonderlichen Erfolg in Graz, Prag und Berlin nachgespielt und verschwand dann völlig in der Versenkung. Offenbach, der mit einem riesigen Kraftaufwand versuchte, mit seinen früheren Erfolgen anzuknüpfen, warf die Partitur weg, die nicht einmal gedruckt wurde. Das handgeschriebene Manuskript, „vergessen“ in einer Truhe von Offenbachs Tochter Jacqueline, wurde durch ihre Erben in 16 Stücke (!) geschnitten, die in aller Herren Länder verkauft wurden. So brauchte der Offenbach-Spezialist Jean-Christophe Keck über 20 Jahre, um die Original-Partitur zu rekonstruieren, bis 2014 „Fantasio“ bei Opera Rara erschien (die bis jetzt einzige Einspielung), worauf eine szenische Fassung in Karlsruhe folgte (auf Deutsch). Die ursprüngliche Pariser Fassung kam erst 2017 auf die Bühne in einer Produktion der Opéra Comique, doch damals in einer Ausweich-Spielstätte, wo wir sie nicht haben rezensieren können. Es ist die jetzige Produktion, die nach einer Pandemie-Pause und einem Umweg über Rouen, Montpellier, Genève und Zagreb nun endlich – wie schon seit vielen Jahren geplant – an den Ort der Uraufführung zurückkehrt. Ein vergnüglicher Abend und, vorerst einmal, ein wunderbares Werk.

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Was macht man, wenn man den Verlobten nicht mag? Prinzessin Elsbeth (Jodie Devos) wird durch ihre Amme (Anna Reinhold) zu einem Prinzen mit Perücke geschoben, dem sie nicht traut. Denn es ist sein Diener (François Rougier), der mit seinem Herrn (Jean-Sébastien Bou) das Kostüm getauscht hat. Der König (Franck Leguérinel) und sein Berater (Bruno Bayeux) verstehen nur noch „Bahnhof“. Foto: Stefan Brion

Die Vorlage ist fantastisch im wahrsten Sinne des Wortes: denn der ursprüngliche Titel des Theaterstücks „Fantasio“ (1834) von Alfred de Musset war „Phantasio“, vom deutschen phantasieren (wovon das französische „fantasmer“ nur eine schwache Übersetzung ist). De Musset liebte die fantastischen Erzählungen von E.T.A Hoffmann, in diesem Fall ganz besonders „Die Lebens-Ansichten des Katers Murr“ (1821). Die Hauptfigur Fantasio ist gleichzeitig auch ein Selbstbildnis des fulminanten de Musset, der mit 23 Jahren seine wichtigsten Theaterstücke schon geschrieben hatte und nun „lebensmüde“ wurde. Die Rettung kam von einer Frau und nicht von Irgendeiner: als „Fantasio“ im Januar 1834 erschien, hatte George Sand den schon kranken und verschuldeten Alfred nach Venedig „entführt“, wo ihre hochleidenschaftliche Liebesgeschichte in die Literaturgeschichte ging, da beide ihre Liebesbriefe veröffentlicht haben. Musset benutzte sie Wort für Wort in seinen nächsten Theaterstücken und Sand hat damit ein ganzes Buch gefüllt. Beide schrieben quasi Tag und Nacht (mindestens vier Bücher pro Jahr!) und Alfred bediente sich heimlich in ihren Manuskripten – weswegen es in „Fantasio“ auch eine paar feministische Anklänge gibt aus Sands Frauen-Romanen. Und wenige Monate nach dem Erscheinen von „Fantasio“ übernahm auch noch Georg Büchner schon ganze Textstellen in „Leonce und Lena“. Das ist alles so gut wie unbekannt, denn genau wie Büchners Lustspiel erst 60 Jahre später auf die Bühne kam (1895!), wurden die meisten Theaterstücke von Musset ebenfalls erst nach seinem Tod uraufgeführt. Denn nachdem sein allererstes Stück in Paris mitten in der „romantischen Revolution“ von 1830 ausgebuht worden war, wollte de Musset nichts mehr mit der ganzen „Menagerie des Theaters“ (so wie er sich ausdrückte) zu tun haben und schrieb nur noch Theaterstücke „pour le fauteuil“ – die man im Sessel lesen kann und wo der Autor seiner Fantasie einen freien Lauf lassen kann ohne darüber nachdenken zu müssen, wie man dies nun szenisch umsetzt.

Gefundenes Fressen für Jacques Offenbach, der in „Fantasio“ viele seiner Lebensthemen wiederfand: das Hadern mit der materiellen Welt (Offenbach, de Musset und Fantasio sind/waren chronisch hochverschuldet) und ein Ausbrechen aus dieser, wie in den fantastischen Erzählungen von E.T.A. Hoffmann. Offenbach war Musset vor seinem frühen Tod begegnet als einfacher Orchestermusiker in der Comédie Française, wo er für dessen Theaterstück „Le Chandelier“ eine „chanson de Fortunio“ komponierte, die er viele Jahre später, 1861, zu einer kleinen opéra-comique aufgebauscht hat. Offenbachs Lebenswunsch war ein Erfolg an der angesehenen Opéra Comique, den er jedoch erst posthum mit „Les Contes d’Hoffmann“ (1881) haben würde. Nachdem „Barkouf“ (1860) und „Robinson Crusoé“ (1867) komplett durchgefallen waren und „Vert-Vert“ (1869) nur einen Achtungserfolg erzielte, einigte er sich mit der Direktion auf „Fantasio“. Denn Musset war nach seinem Tode quasi ein National-Dichter geworden, also eine Garantie für ein ernsthaftes Werk. Mit Hilfe von dessen Bruder Paul de Musset wurde ein Libretto erstellt, worin man auch ein paar bekannte Gedichte einfließen ließ, so wie die wunderschöne „Ballade à la lune“: „la lune comme un point sur un i“. Offenbach war ganz in seinem Element: die opéra-comique (also mit gesprochenen Dialogen direkt aus dem Stück von Musset) fängt an in einem Bierkeller in München, wo trinkende Studenten von einem anderen Leben träumen (wie in „Hoffmanns Erzählungen“) und es dann ordentlich viel Aktion gibt. Die Musik hat einerseits Schwung, Humor, Ironie und einen „Galopp“ und andererseits auch Romantisches, schon fast etwas Resignatives, das schon in der sanften, solistisch gehaltenen Ouvertüre anklingt. Die großen Arien der beiden Hauptprotagonisten Fantasio (eine Mezzo-Hosenrolle) und Prinzessin Elsbeth (Sopran) kündigen schon den Venedig-Akt der „Contes d’Hoffmann“ an und die gerade wieder-entdeckte opéra-féerie „Le voyage dans la lune“ (1875). Mussets poetisches offenes Ende wurde im Libretto umgeschrieben, weil die Opéra Comique nur Liebesgeschichten mit einem Happy End wollte (siehe unsere Rezension von „Hamlet“ von Ambroise Thomas). Der Narr des Königs, der wegen einer „Majestätsbeleidigung“ des fiesen Verlobten der Prinzessin (den sie absolut nicht heiraten will) im Kerker landet – womit das Theaterstück endet – wird im Libretto befreit und geadelt, womit eine mögliche Heirat mit der Prinzessin im Raum steht (denn niemand liebt sie so wie er). Fantasio, ursprünglich für einen Tenor angedacht, wurde für einen Mezzo runtertransponiert, womit diese unstandesgemäße Liebesgeschichte auch nicht zu konkret wurde (was vielleicht Anstoß geben könnte). Für die Titelrolle engagierte man die sehr beliebte Célistine Galli-Marié, wenig später die erste Carmen. Also diese Oper konnte nur ein „Bombenerfolg“ werden. Doch kurz vor der geplanten Premiere schlugen echte Bomben in Paris ein und mit dem deutsch-französischen Krieg (1870/71) wurde plötzlich alles ganz anders…

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Weil er dem falschen Prinzen die Perücke abgenommen hat, ist Fantasio (Gaëlle Arquez) im Kerker eingesperrt, wo zwei Wärter (als Gespenster verkleidete Bühnentechniker) ihn bewachen, aber nicht verhindern können, dass Prinzessin Elsbeth (Jodie Devos) sich in den ihr unbekannten Narren verliebt, der seine Freiheit opfert, um die ihrige zu retten. Foto: Stefan Brion

Als im Herbst 1871 die Theater in Paris wieder öffnen konnten, waren Stadt und Land sehr tief traumatisiert – was man daran sieht, dass der Grund weswegen Frankreich (spricht die Kaiserin, gegen die sich ihr eigener Mann sogar nicht mehr durchsetzen konnte) den Krieg erklärte, wie operettenhaft er durchgeführt und verloren wurde und was für riesige Schäden dabei entstanden (nicht nur der Königspalast und das Rathaus in Paris mit allen Archiven der Stadt gingen in der „Commune“ verloren) bis heute (!) ein Tabu-Thema in Frankreich sind. Offenbach änderte daraufhin den Schluss: der durch den Narren beleidigte Verlobte/Prinz von Mantua kündigt an, dass er bald mit seinen Truppen zurückkehren wird, was durch alle bejubelt wird. Auch das Volk will Krieg und ruft: „La guerre, la guerre“. Worauf Fantasio fragt: „Wollt Ihr den Krieg“ – „Oui, oui“ – „Und warum?“ (Pourquoi?) – Betretenes Schweigen… Fantasio: „Ja, wenn die Könige den Krieg wollen, können sie ihn doch unter sich führen“ und er fordert keck den Ex-Verlobten der Prinzessin zum Duell auf. Doch dieser, der kurz zuvor noch mit seiner Armee geprahlt hat, ist ein Angsthase und erklärt dann lieber schnell den Frieden. Fantasio wird geadelt zum Grafen in Mantua, Prinz in Bayern und zum „König der Narren“. Dieses schöne Ende war jedoch in der damaligen Lage recht ungeschickt. Denn Offenbachs Figuren haben den großen Reiz, dass niemand sich selbst in ihnen erkennt – aber jeder seinen Nachbarn! Doch dafür war diese gut gemeinte Szene – Offenbach war Pazifist und hatte sehr unter diesem Krieg seiner beiden Heimatländer gelitten – zu konkret, denn quasi jeder im Publikum hatte kaum zwei Jahre zuvor selbst noch freudig „La guerre“ gerufen – und wollte nur nicht daran erinnert werden… So wurde dieses Finale nicht nur „Fantasio“, sondern auch Offenbach selbst zum Verhängnis. Denn obwohl er inzwischen ein angesehener Franzose mit Ehrenlegion und seit 30 Jahren zum Katholizismus konvertiert war, wurde er nun in hämischen Artikeln daran erinnert, dass er als ein Jude in Köln geboren war – also im arroganten Preußen, das gerade im Friedensvertrag von Frankfurt Frankreich so erniedrigt hatte. Als ob der Sieger dem Besiegten fragt, warum er diesen dummen Krieg erklärt hat. Die Kritiken nach der Premiere waren so furchtbar negativ, so persönlich verletzend und aus heutiger Sicht so beschämend, dass man sie gar nicht zitieren will. (Sie wurden im Programmheft abgedruckt, die anderen historischen Informationen und die Sichtweise dazu sind natürlich von mir.) Offenbach wurde sogar unterstellt, dass eine Klausel des Friedensvertrages es ihm nun erlaube, als Deutscher den französischen „National-Autor“ (de Musset hätte sich sehr gewundert!) zu verhunzen. Ab dann würde in den patriotischen Kreisen in Paris an Offenbach ein Makel kleben, dass er trotz aller seiner Bemühungen bis zu seinem Tode 1880 nicht mehr loswerden konnte. Dies erklärt, warum er „Fantasio“ danach so schnell wie möglich vergessen wollte. Schade, denn das Werk ist wunderbar – und in seiner Thematik erstaunlich aktuell.

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Die Studenten fordern die Freilassung von Fantasio und das Volk will Krieg. In der Mitte Thomas Dolié als ein überraschender und beeindruckend Spark (bester Freund von Fantasio). Foto: Stefan Brion

Nur Komplimente für den Regisseur Thomas Jolly und sein Team. Denn ihnen ist der nicht immer leichte Balanceakt zwischen Komik und Romantik gelungen. Ohne das Werk zu verharmlosen, denn in der Eröffnungs-Szene werden Plakate mit „Krieg“ – der gerade gegen den Nachbarstaat (sic) droht – mit „Frieden“ überklebt, weil die Bayerische Prinzessin Elsbeth nun den Prinzen von Mantua heiraten wird. Ein Plakat ist genug, dazu braucht man nicht aktuelle Videos, so wie man sie in letzter Zeit recht viel auf den Opernbühnen sieht. Der junge und sympathische Jolly (gerade 40), ursprünglich Schauspieler und Theaterregisseur, von dem wir schon „Macbeth Underworld“ 2019 an der Monnaie in Brüssel und im Juni „Roméo et Juliette“ an der Pariser Oper positiv rezensiert haben, beherrscht das alte Theaterhandwerk. Er hat ein sicheres Händchen für die Mechanismen der Komödie, für Situationskomik, für Brechungen und für die heiklen Übergänge zwischen Witz und Ernsthaftigkeit, Ironie und Wahrhaftigkeit. Auf der einfachen Bühne von Thibaut Fack werden Elemente rein- und rausgefahren, durch Techniker, die entsprechend angezogen sind (sehr lustige Kostüme von Sylvette Dequest). Mehr ist nicht nötig. In den großen Arien genügt als einzige „Bewegung“ die atmosphärische Beleuchtung von Antoine Travert und bekommt die Musik allen Raum. Laurent Campellone zeigt sein Fingerspitzengefühl, das wir bei seinen Dirigaten von Massenets Opern schon so oft gelobt haben. Alles bleibt leicht und luftig, nicht nur im obligatem „Galop“ am Ende des zweiten Aktes (der sonst vulgär klingen kann), sondern auch in den parodistisch getönten Marsch-Anklängen und den melancholischen Einwürfen von Bläsern und Celli (Offenbach war ja ursprünglich Cellist!). Das Orchestre de chambre de Paris und der Chor Ensemble Aedes, quasi das Hausensemble der Opéra Comique, folgen jeder Nuance.

Gaëlle Arquez – vor Kurzem auf der gleichen Bühne noch eine sehr gelobte Carmen – ist ein fantastischer Fantasio: ausnahmsweise ein ganz besonderes Lob für die vielen gesprochenen Texte, bei denen bei so manchen Sängern die Spannung fällt (oder wurde sie durch eine Schauspielerin gedoubelt?). Wunderbar die beiden großen Duos mit Jodie Devos (Prinzessin Elsbeth), die man bei Offenbach-Fans nicht mehr vorzustellen braucht, seitdem ihre CD „Offenbach Colorature“ (auch mit Campellone) alle erdenklichen Plattenpreise bekommen hat. Unter ihren komischen Perücken erkannten wir Franck Leguérinel als (auch hoch verschuldeter) König von Bayern, der „das Wertvollste was er besitzt“, seine Tochter, aus politischen Gründen an einen Mann verheiraten muss, den er nicht kennt und dem er nicht traut: dem Prinzen von Mantua (Jean-Sébastien Bou). Beide sind Stammgäste der Opéra Comique und mit dem Rollentypus „alter König“ und „junger Prinz“ bestens vertraut. Das gilt auch für ihre Adjutanten François Rougier (Marioni) und Bruno Bayeux (Rutten und auch noch ein absolut urkomischer Schneider, „le tailleur“), sowie Anna Reinhold, als Flamel (die Amme von Elsbeth). Sehr sympathisch, dass die Comprimari-Rollen (fast) alle durch die jungen Sänger der jüngst (neu) gegründeten Académie de l’Opéra Comique gesungen & gespielt werden: Matthieu Justine, Yoann Le Lan, Virgile Frannais, Pascal Gourgand, Pierre de Bucy, Juliette Gauthier und Louison Bayeux. Die größte Rolle/Sänger-Überraschung war für uns Thomas Dolié als Spark. Dieser ist bei Musset der geerdete, etwas langweilige Gegenpol zu dem fantasievollen Fantasio, der sich dessen „Hirngespinste“ Pfeifenrauchend, Biertrinkend und gelangweilt anhört. Doch bei Jolly mutiert er zum energischen Studenten-Anführer, der seine Arie an einem Gerüst kletternd, hängend, mit Kopf nach unten, beeindruckend singt: Komplimente an den Sänger und an den Regisseur! Nach dieser bejubelten Vorstellung – rappelvoller Saal mit auffallend jungem Publikum – habe ich keinen Zweifel, dass Fantasio, von dem man immer nur einige Arien im Konzert hörte, nun wieder in seiner Gänze den Weg auf die Bühne finden wird. Es war auch höchste Zeit.       Waldemar Kamer

Opéra Comique bis zum 23. Dezember: www.opera-comique.com

 Waldemar Kamer

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Peisermäßigte Eintrittskarten für Wiener Staatsballett am 4. und 5 Jäne 2024 (über Verbund)

Am 23. Dezember feiern wir mit Shifting Symmetries die erste Saisonpremiere in der Wiener Staatsoper mit drei herausragenden Choreographien von Hans van Manen (Concertante), William Forsythe (In the Middle, Somewhat Elevated) und George Balanchine (Brahms-Schoenberg Quartet) – ein Triple Bill aus modernen Meisterwerken, deren verbindendes Element die ebenso konsequente wie zupackende Auseinandersetzung ihrer Schöpfer mit der Kunstform Ballett ist.

Musikalisch erwartet Sie ein abwechslungsreicher Abend mit Kompositionen von Frank Martin, Thom Willems und Johannes Brahms, dessen Klavierquartett g-Moll op. 25 Sie in einer prächtigen Orchesterfassung von Arnold Schönberg erleben können. Matthew Rowe dirigiert erstmals das Orchester der Wiener Staatsoper.

Zum Selbstbestellen 

max. zwei Karten am 4. oder 5. Jänner 2024 zum Preis von €49,- pro Ticket (in allen Kategorien)

Ihre Karten können Sie ab sofort – solange der Vorrat reicht – online* buchen:

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Anneliese Blauensteiner

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ST. PÖLTEN/ Festspielhaus: „Skid“ von Damien Jalet und „Vïa“ von Fouad Boussouf – am 15.12.2023

Das Ballet du Grand Théâtre de Genève, seit 2022 unter Ballettdirektor Sidi Larbi Cherkaoui, zeigte in dieser Österreich-Premiere zwei Arbeiten, die nicht nur die tänzerische Klasse der Kompanie verband. Damien Jalet und Fouad Boussouf choreografierten zwei ästhetisch höchst unterschiedliche Stücke, die inhaltlich jedoch ihr zutiefst humanistischer Duktus eint.

Für „Skid“ von Damien Jalet, 2017 für die GöteborgsOperans Danskompani kreiert, entwarfen die beiden bildenden Künstler Jim Hodges und Carlos Marques da Cruz das Bühnenbild, eine um 34 Grad nach vorn geneigte Fläche, deren vordere Kante hinter einer schwarzen Wand verschwindet. Den hoch aufragenden hinteren Rand dieser Bühne erklimmen die TänzerInnen für das Publikum unsichtbar.

Ein Erster erscheint oben, kriecht in Rückenlage sehr langsam über den Rand und rutscht langsam in die Tiefe. Weitere folgen. Sie verschwinden unten hinter der Wand, scheinen für unbekannte Zeit  und unbestimmten Weg ins Nirgendwo, in ein Off zu gleiten. Eine endlose Reihe von immer neuen „Gleitern“ erzeugen die 17 TänzerInnen. Sie erscheinen mit ihren Uniformen (Kostüme: Jean-Paul Lespagnard) geschlechts- und identitätslos. Was sie zudem eint, ist ihre Hingabe an die Schwerkraft, ihr Loslassen.

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Damien Jalet: „Skid“ © Gregory Batardon

Der Sound von Christian Fenneszt und Marihiko Hara schwillt an, verzerrter nun begleitet er eine Kette von Menschen, die sich halten aneinander. Paare liegen aufeinander. Aufstehen, fallen, rutschen. Sie bäumen sich auf, winden sich, gleiten durch die Beine anderer, tanzen. Das Licht von Joakim Brink erzeugt scharf konturierte schwarze Schatten der Tanzenden auf der weißen Fläche, „die wie Kalligrafie wirken“, so Damien Jalet in einem Interview zu dem Stück im vergangenen Jahr.

Sie drehen sich im Rutschen, versuchen verzweifelt, in die Senkrechte und ins Halten zu kommen. Und jeder ist allein. Kurze Begegnungen, diagonale Bewegungen, Domino-Effekte, die das Fallen und Rutschen Vieler provozieren. Zwei aber bleiben oben. Blackout. Zwölf Tänzer bilden in schwarzen Kostümen, gegen die sie ihre Uniformen getauscht haben, diverse Formationen, bewegen sich synchron ab und auf. Das hellere Licht lässt ihre Gesichter erkennen, macht sie zu Individuen. Der Sound wechselt vom Wummern in Klangflächen.

Wellenbewegungen gehen durch die Reihe. Die Gravitation und die Auflehnung gegen sie als kollektive und, beim Erklimmen der Rampe von unten, als individuelle Erfahrung. Duette mit ausladenden Armbewegungen und Drehungen, ein Trio friert seine Moves ein. Man hilft und hält sich beim Aufstieg. Der Sound wird zum rauschenden, hochkomplexen Klangteppich. Die Dynamik nimmt zu, der Sound lauter, sie agieren chaotisch, bilden eine Pfeilspitze nach oben und rutschen ab. Einer bleibt oben, eingehüllt wie in einen Kokon.

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Damien Jalet: „Skid“ © Gregory Batardon

Äußerst dehnbar diese fleischfarbene Hülle, hängt sie am oberen Rand. Er windet sich in ihr wie eine Raupe vor dem Schlupf, wie ein Fötus vor der Geburt. Lange Zeit dürfen wir dieses ungemein starke Bild auf uns wirken lassen. Er schlüpft schließlich. Oder er gebiert sich selbst. Sein früheres Kostüm, seine Schale und Maske aus seinem vorherigen Leben liegt wie eine abgestreifte Schlangenhaut neben ihm. Er ist nackt, kriecht mühsam nach oben, richtet sich, oben erst und lange kämpfend, auf, steht schließlich und fällt in den Bühnen-Hintergrund, in seine offene Zukunft.

„Skid“ fesselt mit einer außergewöhnlichen Bühnen-Ästhetik, einem Tanz, dessen Bewegungsmaterial gemeinsam mit der Schwerkraft und den physikalischen Gesetzen von Haft- und Gleitreibung entwickelt wurde und mit einem Ensemble auf Weltniveau.

Hingabe als Leitmotiv, Widerstand als Handlungsfeld, Schwerkraft als Metapher für das Gefühl von Schwere, die uns niederdrückt, uns hindert am Aufrichten und uns sabotiert, die uns unser Leben lang begleitet, die wir im Anderen spüren und die uns solidarisch sein lässt, auch im Scheitern. Die Gravitation als Bild für die Fesseln, die uns angelegt wurden zuallererst und am Nachhaltigsten durch elterliche „Erziehung“, deren Produkt in ihrem Selbstwertgefühl beschnittene Menschen sind, die sich fürderhin sozialisieren und zusammentun in Gesellschaften, die nichts anderes sein können als Schauplätze für nach außen gestellte innere Konflikte. Aber: Einige wenige, sehr wenige, begeben sich auf den Weg hinaus aus der Enge, weil sie erkannt haben, dass nicht die Welt sie leiden macht, sondern sie selbst. Sie leeren Rucksäcke nach und nach, streifen Kostümierungen und Maskeraden ab, beginnen einen Emanzipationsprozess, der sie schließlich sich selbst und damit ihren Nächsten näher bringen, der sie einsam machen wird. Aber wahrhaftig.

Das Stück „Vïa“ schuf Fouad Boussouf im April 2023 für das Grand Théâtre de Genève. 13 TänzerInnen. Die Rückwand leuchtet orange. Der Sound (Musik: Gabriel Majou) fließt von Rauschen und Klang in Rhythmus. Sie tanzen aufrecht hüpfend, gehen vornüber gebeugt, lösen ihre Reihe hinten auf und erobern die ganze Bühne. Sie sammeln und drehen sich, hüpfen synchron über die Bühne, bilden diversen Formationen, es erinnert an orientalische Volkstänze, aus denen Einzelne kurz ausbrechen für ihre Soli. Nordafrikanische Moves in bodenlangen, roten Kaftanen, einige mit Kapuzen. Licht auch im Saal. Es beginnt im Orient, im Osten, mit dem Sonnenaufgang.

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Fouad Boussouf: „Vïa“ © Gregory Batardon

Die Farben, in denen die Rückwand leuchtet, wechseln plötzlich und ändern die Stimmung völlig (Bühnenbild: Ugo Rondinone, Lichtdesign: Lukas Marian). Kräftig ist das rückwärtige Blau, sie streifen die Soutanen ab, legen blaue Overalls mit weiten Hosenbeinen frei. Nachdenklich stehen sie in einer Reihe vor uns, lassen die Soutanen fallen. Hinten schaltet es auf Rot. Sie winden sich im Stehen, gehen, ein Mann tanzt ein expressives Solo mit Urban-Dance-Zitaten. Weitere folgen, sie synchronisieren sich.

Gelb-Grün und Disco-Rhythmen. Sie schwingen, tanzen zeitgenössisches und Material der Clubkultur. Wellen gehen durch die Körper, sie gehen auf die Knie, bilden Reihen, aus denen jeder einmal ausschert, um seinen eigenen Stil zu zeigen. Plötzlich blau, das Saallicht verlischt, mehr Drums und Bass. In atmenden, sich durchdringenden Kreisen zeigen sie ihre Soli. Ausdrucksstarker Contemporary Dance. Und wieder heim in die Synchronizität. Sound und Tanz sehr rhythmisch.

Sie frieren ihre Bewegungen ein. Das Bühnenlicht aus, nur der Hintergrund leuchtet schwach. Dämmerstimmung. Sie entkleiden sich, scheinen nackt zu sein, tanzen als Schattengestalten wie Amöben, die sich zu einem Organismus formen. Was für ein schönes, poetisches Bild. Der Tanz wird weich, in Wellen fließend, sie freezen ab und an die Bilder, das Licht hinten wechselt unvermittelt ins Rot, der Tanz bleibt davon unbeeindruckt. Ihre Kostüme sind hautenge gelbe Leggings und Tops.

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Fouad Boussouf: „Vïa“ © Gregory Batardon

Sie tanzen aus der Reihe, im eigentlichen und im besten Sinne, präsentieren ihre individuelle tänzerische Prägung mit klassischen und zeitgenössischen Moves. Die anderen hüpfen und beugen ihre Oberkörper synchron. Erdig, ursprünglich. Das Licht gelb nun, ihre Bewegungen mechanisch. Gestreckte Arme und Hände. Maschinen gleich scheint ihr Tanz wie der Aufbruch in den Posthumanismus. Den sie aber bald überwinden mit Weichheit, Drehungen, schwingenden Oberkörpern und Beinen und mit Urban Dance. Und sehr bald hüpfen sie wieder ihren arabischen Tanz.

Der Rhythmus pocht unerbittlich, dazu immer wieder Ausbrüche Einzelner in ihre tänzerische Individualität mit folgender Wiedereingliederung in den tanzenden Leib der Gruppe. Das Hüpfen wird zu Wellen durch die Körper. Am Ende, das Licht wird langsam gedimmt als würde es Nacht werden, tanzen sie im Dunkel weiter zu der lange noch spielenden Musik. Sie bedanken sich für den Jubel des Publikums, begleiten das Verlassen des Saales mit Tanzmusik und lange noch anhaltender Party-Stimmung auf der Bühne. Glück durchströmt einen. Wann kann man das noch spüren?

Das Zyklische ist Kerngedanke dieser Arbeit. Tag-Nacht, Tanz-Ruhe, die Rhythmen der Musik und unseres Herzschlages, das Auf und Ab der hüpfenden Menschen, das Ausleben seiner selbst und das Zurückfallen in die und aufgefangen Werden durch die Gemeinschaft. Fouad Boussouf feiert in „Vïa“ ein Fest der Eintracht. Er feiert die Ökumene der Tanz- und Musikstile, der Konfessionen und Ethnien, der Kulturen und Traditionen und der Geschichte mit der Moderne. Auch mit den drei Farben der Kostüme (von Gwladys Duthil) rot, blau und gelb, den Primärfarben, aus denen die Sekundär- und im Zusammenspiel mit diesen die Tertiär-Farben gemischt werden können, stellt dieses Stück den Wert des Einzelnen als Ausgangs-, aber gleichwertiges Produkt neben das Vermischte. Er lässt alles ineinander fließen. Eine Utopie im besten Sinne, eine wie kaum eine andere. „Vïa“ (deutsch „durch“ oder „über“) meint, wie sie durch alles gehen, es wertschätzen, ja lieben. Aber nichts hat Bestand, nichts ist von Dauer.

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Fouad Boussouf: „Vïa“ © Gregory Batardon

Die ohnehin zeitlich-historisch und regional unbeschränkte Aktualität des Stückes wird durch die jüngst sich noch klarer formulierende Qualität unserer Zeit in bedrückender Weise bestätigt. Sie leben tanzend auf der Bühne den sich transformierenden, entwickelten Menschen, im Gegensatz zum primitiven, der diesen Planeten bevölkert und allgegenwärtig, mit seinem Handeln und Unterlassen, im Kleinen wie im Großen, spricht von der Notwendigkeit ethisch-moralischer, sozialer und insbesondere psychischer (R)Evolution. Sehr weit ist der Weg bis nach „Vïa“. Und doch liegt es direkt vor unserer Nasenspitze.

Das Ballett des Grand Théâtre de Genève ist eine herausragende, ethnisch diverse Kompanie mit brillanten, klassisch ausgebildeten, aber für alles offenen TänzerInnen. Ein großartiger, berauschender, zudem dramaturgisch geschickt gebauter Abend. Mit der Freude, die Fouad Boussouf mit seinem Stück „Vïa“ erzeugt, zurück in die wirkliche Welt zu gehen, ist ein sehr seltenes Geschenk.

Damien Jalet mit „Skid“ und Fouad Boussouf mit „Vïa“ am 15.12.2023 im Festspielhaus St. Pölten.

Rando Hannemann

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