Foto: Sir George Benjamin © Matthew Lloyd
Elbphilharmonie Hamburg, Kleiner Saal, 11. März 2019
Ensemble Modern
Anu Komsi, Sopran
Helena Rasker, Alt
Sir George Benjamin, Dirigat
Cathy Milliken, Bright Ring (Neues Werk)
Christian Mason, Layers of Love
Luigi Dallapiccola, Piccola musica notturna
George Benjamin, Into the Little Hill
von Sebastian Koik
Seit seiner Gründung 1980 zählt das Ensemble Modern mit Sitz in Frankfurt zu den führenden Ensembles für Neue Musik. Und diesem Ruf werden die Musiker an diesem Abend in der Elbphilharmonie Hamburg von Anfang bis Ende beeindruckend gerecht!
Die Instrumentalisten begeistern unter der Leitung des ebenso brillanten Dirigenten Sir George Benjamin mit makelloser Technik, Musikalität und perfektem Timing.
Cathy Millikens “Bright Ring” beginnt mit wunderbarem und höchst expressivem Kontrabass-Spiel von Paul Cannon, stark musizieren die beiden Hornisten Saar Berger und Esa Tapani in ungewöhnlich tiefen Klang-Regionen. Herrlich die Celli und die Bratsche. Die musikalische Spannung ist sehr, sehr groß, alles wird auf den Punkt musiziert. Die Aufmerksamkeit der Musiker ist bemerkenswert und stark spürbar. Das Dirigat von Sir George Benjamin ist exzellent. Die Komponistin ist vor Ort und kommt hinterher für den großen Applaus auf die Bühne.
Das zweite Stück des Abends ist Christian Masons “Layers of Love”. Zehn Instrumentalisten sind in der Bühnenmitte postiert. Vorne ganz links und ganz rechts auf der Bühne steht jeweils ein Geiger. Spiel und Dirigat sind auch hier vom Feinsten, alles kommt auf den Punkt. Es ist große Spannung und enorme Dringlichkeit in der Musik – doch wo führt sie hin? Lohnen Weg und Ziel wirklich? Selbiges gilt auch für das dritte Stück des Konzerts, Luigi Dallapiccolas “Piccola musica notturna”.
Nach der Pause darf Sir George Benjamin sein eigenes Stück präsentieren. Es wird das Highlight des Abends. Der Engländer Sir George Benjamin ist nicht nur hervorragender Dirigent, sondern gilt auch als einer der bedeutendsten Komponisten der Gegenwart. Benjamin ist außerdem aktueller Residenzkünstler der Elbphilharmonie. Alle seine Opern erklingen dabei in Hamburg – an diesem Abend “Into the Little Hill”, eine lyrische Erzählung nach einem Libretto von Martin Crimp.
„Mit Musik kann ich ein Herz so leicht öffnen, wie du eine Tür öffnest“, lautet eine Zeile aus dem Stück, einer aktualisierten Version des alten Märchens über den Rattenfänger von Hameln. Auch hier ist große Spannung im Stück. Ergänzt wird das starke Ensemble Modern hier von der Altistin Helena Rasker und der Sopranistin Anu Komsi.
Sir George Benjamin schrieb die Sopran-Rolle der außergewöhnlichen Finnin Anu Komsi auf den Leib – und ihre Performance ist dann auch das Highlight des Abends. Ihre kristallklaren Höhen sind wunderbar präzise, stabil und eindringlich in ihrer Wirkung, ihre Koloraturen begeistern. Die holländische Altistin Helena Rasker ergänzt Komsi schön in der Tiefe und gefällt als Erzählerin.
Die Stücke des Abends aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und vor allem aus dem 21. Jahrhundert sind sicher nicht Jedermanns Sache, sprechen eher den Geist von Spezialisten und Kennern intellektuell an, als dass sie die Herzen der Massen begeistern. Für den Großen Saal der Elbphilharmonie wäre dieses Programm eher nichts – im klanglich und atmosphärisch ebenfalls begeisternden Kleinen Saal ist ein solcher Abend dagegen ganz wunderbar aufgehoben!
Das moderne Programm hat sein goutierendes Publikum gefunden. Die Menschen, die da sind, sind fast alle begeistert. Der Applaus ist riesig, inklusive Bravo-Rufen und wiederholtem heftigen Bodengestampfe.
Sebastian Koik, 13. März 2019, für
klassik-begeistert.de