Schuberts Winterreise: Bass Joel Frederiksen bewegt mich abgründig tief

Ensemble Phoenix Munich  Bayerisches Nationalmuseum, München, 6. Februar 2025

Foto © Frank Heublein

Bass Joel Frederiksen wird von Lukas Sehr an einem historischen Pianoforte aus der Zeit Schuberts begleitet. Die beiden sind ein brillantes Match. Düster, seelenschwer, eindrucksvoll!

Ensemble Phoenix Munich
Bass Joel Frederiksen

Klavier Lukas Sehr auf einem historischen in München gebauten Pionoforte um 1815 von Louis Duleken

Programm:

Zwischen Mars und Venus XVII: Franz Schubert Winterreise

Bayerisches Nationalmuseum, München, 6. Februar 2025

von Frank Heublein

An diesem Donnerstagabend interpretiert Bassist Joel Frederiksen Franz Schuberts Winterreise im ausverkauften Mars-Venus-Saal des Bayerischen Nationalmuseums zusammen mit Pianist Lukas Sehr.

Joel Frederiksen zeigt im Vorfeld großen Respekt vor diesem Werk. Diesen wandelt er um in konzentrierte intensive positive Spannung. Seine sonore Stimme ist agil in den Stimmungswechseln. Seine Stimme vermittelt mir zugleich durch sein konzertantes Spiel ein plastisches emotional bewegendes Bild voll intensiver Strahlkraft.

07.02.2025 © Thomas Zwillinger

Lukas Sehrs spielt elegant, locker und einfühlsam. In der Einführung erläutert er, dass das historische Pianoforte einen viel flacheren Anschlag hat als der zeitgenössische Flügel und so ein direkteres Spiel ermöglichen. Der Klang durch die mit Leder statt Filz bemantelten Hammer ist transparenter. Dieser direkte unmittelbar in den abrupten Wechseln überraschende Klang gelingt ihm hervorragend.

07.02.2025 © Thomas Zwillinger

Mir fällt auf, dass Franz Schubert kluge Wechsel der Dynamik in den Liederzyklus einwebt. Ich werde Lied für Lied in unterschiedliche Stimmungen geworfen. So verbleibe ich in der inneren gespannten Aufmerksamkeit, die sich mir dadurch erhält.

Nr. 6 Wasserflut ist eins meiner Highlights des Abends. Die Spannung, die von der bedächtigen Langsamkeit des Gesangs Frederiksens hin und her gleitet zu Sehrs Pianofortespiel. Dann explodierende Sprünge der Lautstärke, die mich innerlich aufwühlen.

07.02.2025 © Thomas Zwillinger

Das erste Lied des zweiten Zyklus, Nr. 13 Die Post, wechselt zwischen agilem Posthorn, der Außensicht, flott mit Stakkato: „Von der Straße her ein Posthorn klingt. / Was hat es, daß es so hoch aufspringt, / Mein Herz ?“ und dem Herz, der Innensicht, viel langsamer und trübsinnig – „Die Post bringt keinen Brief für dich. / Was drängst du denn so wunderlich, / Mein Herz ?“ Eng verwoben sind Text und Musik und genauso eng verwoben erlebe ich die beiden Künstler auf der Bühne.

Nr. 17 Im Dorfe höre ich herrliche Triller, die den Text „Es bellen die Hunde, es rasseln die Ketten; / Es schlafen die Menschen in ihren Betten, / Träumen sich manches, was sie nicht haben, / Tun sich im Guten und Argen erlaben“ musikalisch in Ohr und Gedanken entstehen lassen. Das Klavier hält musikalisch ein in der ersten Zeile der zweiten Strophe „Und morgen früh ist alles zerflossen.“ So überrascht ich bin, so unmittelbar dringt dieser Stimmungswechsel in mich ein.

Der zweite Zyklus gefällt mir – mit Betonung auf noch! – besser. Frederiksen und Sehr gelingt ein noch intensiverer Spannungsbogen als im ersten Zyklus. Klavier und Stimme sind wie aus einem Guss. Elegante Dynamik voll von erhabener Zartheit. Ein brillantes Duo. Düster, seelenschwer, eindrucksvoll!

Frank Heublein, 8. Februar 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Ensemble Phoenix Munich Bayerisches Nationalmuseum, München, 17. November 2024

Ensemble Phoenix Munich, The first booke of songs von Joel Frederiksen Mars-Venus-Saal im Bayerischen Nationalmuseum, München, 5. Mai 2024

„Weihnachten in Cremona“, Ensemble Phoenix Mars-Venus-Saal im Bayerischen Nationalmuseum, München, 3. Dezember 2023

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