Bis zum Mond und wieder zurück: Ex Cathedra singt Alex Roths Earthrise

Ex Cathedra, Royal Concert Hall, Nottingham, 18. November 2018

Foto: © James Ashby
Ex Cathedra, Royal Concert Hall, Nottingham, 18. November 2018

Ex Cathedra
Jeffrey Skidmore        Dirigent

Thomas Tallis               Spem in alium
Alessandro Striggio   Ecce beatam lucem
Gabriel Jackson            Sanctum est verum lumen
Alec Roth                        Earthrise
Thomas Tallis              Sing and glorify

von Leah Biebert

Die vierzehnte Seite der Partitur von Alec Roths Earthrise ist eine ganz besondere. „ECCE“ steht dort geschrieben, die einzelnen Stimmen der acht Chöre kunstvoll zu Großbuchstaben arrangiert. Die offenen Seiten der C sind einander zugewandt, bilden einen Kreis: Die Form der Erde, wie sie aus dem All zu sehen ist. „Siehe.“

Sphärisch schichtet der Chor die einzelnen Stimmen wie Schichten übereinander; kreisende Melodielinien dehnen sich in einem crescendo bis zum forte aus. Zunächst noch zurückhaltend, wirken die Sängerinnen und Sänger des Chors erst im vollen Glanz von Roths Musik so richtig selbstbewusst. Jeffrey Skidmore breitet die Arme aus, der Klang schwillt an, macht sich schwerelos im Raum breit.

Alec Roth schrieb Earthrise zum vierzigsten Jubiläum von Ex Cathedra. Der britische Chor um Dirigent Skidmore ist am heutigen Abend zum ersten Mal in der Nottinghamer Royal Concert Hall zu Gast. Roths Komposition für einen achtgruppigen Chor, die von der Apollo 8-Mission inspiriert ist, bildet den Höhepunkt des Konzertabends.

© James Ashby

Ein kurzer Impuls vom Bass, dann wirft der Chor seinen Vers kraftvoll in den Raum: „Omnia subiestici sub pedibus eius.“ Der lateinische Text ist der Vulgata entnommen und stammt aus verschiedenen Quellen des Alten Testaments. Die Sängerinnen und Sänger stellen ihn klangmalerisch in den Raum, setzen punktuell Akzente, auf denen sich die melodischen Linien entfalten können; mal reduziert auf einzelne Stimmgruppen, mal ausgedehnt auf den ganzen Chor. Der rhythmische, staccatohafte Puls bildet das Triebwerk für das raffinierte Spiel der einzelnen Stimmen und suggeriert eine hintergründige Aktivität elektronischer Maschinerie.

Der Klang in der Royal Concert Hall trägt allerdings nicht weit, wirkt trocken. Es mag der Akustik geschuldet sein, aber vor allem im Sopran brechen die Töne oft weg; Tonsprünge verschmieren aufgrund von Ungenauigkeiten, chorisches Atmen gelingt den Sängern nicht so unauffällig, wie womöglich erhofft.

Nach dem Drang des Menschen nach Erforschung und Erkundung – „Sapientia vero ubi invenitur?“ – und der Betrachtung der Erde aus dem All – „Ecce o ecce!“ –  kommt die Bitte nach Weisheit und Einsicht: „O sapientia!“ Verständnis erfolgt für die Besucher durch die weiteren Programmpunkte, die das Werk Roths einrahmen: Der studierte Naturwissenschaftler teilte die Sängerinnen und Sänger auf die gleiche Weise in einzelne Chöre auf wie schon Thomas Tallis für sein Werk Spem in alium.

Leah Biebert für klassik-begeistert.de
20. November 2018

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