Wiener Staatsoper © Michael Pöhn
Wiener Staatsoper, 28. April, 20.30 Uhr
FILMPREMIERE: Backstage Wiener Staatsoper
von Anna Ploch
Nach den beiden Filmen Das Museum und Die Burg hat nun ein drittes bedeutsames Gebäude Wiens einen Dokumentarfilm gewidmet bekommen. Backstage Wiener Staatsoper von Stephanus Domanig feierte am Sonntag um 20.30 Uhr Premiere in, wie könnte es anders sein, der Wiener Staatsoper, die für einen Abend in einen Kinosaal verwandelt wurde. Ein besonderer Abend für das Haus am Ring, sodass sogar Direktor Dominique Meyer glücklicherweise pünktlichst aus Japan zurückgekommen war und der Premiere beiwohnte.
„Die einen stehen im Licht, die anderen im Dunkeln“, leitet Produzent Mathias Forberg den Abend passend ein. Denn der Film möchte jene vor den Vorhang holen, die für das tägliche Gelingen einer Vorstellung ebenso verantwortlich sind, wie die Künstlerinnen und Künstler auf der Bühne. In nur 20 Drehtagen wurden sämtliche Bereiche wie Bühnenbild, Lichttechnik, Bühnentechnik, Rechtsabteilung, Dramaturgie, Akustik, Bühneninspektion und viele mehr bei ihrer täglichen Arbeit begleitet. Das Ergebnis ist eine bildstarke Dokumentation mit viel Liebe zum Detail, die das Publikum durch einen sehr feinen Humor durchgehend unterhält.
So erfahren die Zuschauer von einem jungen Bühnentechniker, dass Wozzek nicht die beste Einstiegsoper ist und von einem langjährigen Kollegen, dass ihm das „Geschrei“ am Anfang schon auf die Nerven gegangen ist. Das der Kollegen versteht sich, denn bei zwei verschiedenen Opernumstellungen pro Tag muss es schnell gehen, und ein „Bitte“ und „Danke“ bleibt oft schon mal aus. Auch die Bühneninspektion bestätigt den enormen Zeitdruck, unter dem die Mitarbeiter stehen. Als Zuschauer möchte man lieber gar nicht wissen, dass es schon vorgekommen ist, dass die Ouvertüre bereits gespielt wurde, während hinter der Bühne das Bühnenbild noch fertig aufgebaut wurde. Umso beruhigender die Worte des langjährigen Bühneninspektors: „Der Vorhang ist noch immer aufgegangen.“ Eine Besonderheit der Wiener Staatsoper ist das abwechslungsreiche Programm, das die Mitarbeiter natürlich fordert, rasch um- und aufzubauen.
Nach dem Film bekommt Regisseur Stephanus Domanig, der mit großem Applaus empfangen wird, das Wort. Er entschuldigt sich beim Publikum, dass er ihnen die „Weihnachtsmagie“ genommen hat. Denn fortan, wenn das Publikum in Richard Wagners Oper „Parsifal“ die Stimme aus dem Luster hört, wird es zweifelsohne daran erinnert, wie wenig Platz und in welch schwindelerregender Höhe sich das Kammerl im Luster befindet, in dem die Sängerin singt. Ebenso wissen wir nun, dass die Musiker des Bühnenorchesters der Wiener Staatsoper – übrigens eines der wenigen Opernhäuser, das sich noch ein Bühnenorchester leistet – in oft über 30 Jahre alten Kostümen spielen, die über die Jahre schon mal zu klein geraten sein können. Auch wie eng der Souffleurkasten ist, ist nun bekannt, und dass es im Notfall die Aufgabe des Souffleurs ist, selbst zu singen. Glücklicherweise reicht meistens ein Ton, und der Sänger findet wieder in den Text zurück, sodass es dem Publikum oft nicht auffällt.
Dennoch nimmt der Film keine Magie, im Gegenteil. Eines haben sämtliche Mitarbeiter der Wiener Staatsoper gemein: Sie bleiben über Jahre, oft Jahrzehnte, denn sie alle verbindet eine große Liebe und Wertschätzung diesem Haus gegenüber. Ob es der Bühnentechniker ist, der nach seiner schweren Einstiegsoper nun auch Wagner hören kann, oder die Billeteurin, für die das Hören einer Wagneroper Energiezufuhr ist: Egal wie klein die Aufgabe im Ganzen scheinen mag, jedem Mitarbeiter ist bewusst, den schönsten Arbeitsplatz der Welt zu haben.
Und dem Publikum ist bewusst, den schönsten Kinosaal der Welt zu erleben. Dementsprechend groß ist der Applaus für Stephanus Dominig nach der Premiere.
„Die einen stehen im Licht, die anderen im Dunkeln“, leitet Produzent Mathias Forberg den Abend passend ein. Und er zeigt mit viel Wertschätzung und Liebe zum Detail, dass hinter erfolgreichen Aufführungen Menschen stehen, die sich mit diesem Haus auch voll identifizieren. Menschen, die keinen 9:5-Job suchen, sondern loyal und gewissenhaft ihre Arbeit erledigen bis der Vorhang sich hebt und auch wieder fällt.
Dieser Film könnt so mancher Opernaufführung an Spannung und Leidenschaft Konkurrenz machen.
Wir erfahren mit wieviel Herzblut, Engagement, handwerklichem Geschick, Kreativität und Loyalität sich die Mitarbeiter von Technik, Bühnenaustattung, Kostümwerkstätte, Belichtung und Regie bis zum Portier und Publikumsdienst dem Hause und letztendlich den Zuschauern verpflichtet fühlen und uns Abend für Abend tolle Aufführungen schenken!
Ein großes Bravi an alle Darsteller und ein nochmals Bravi dem Filmteam!
Anna Ploch, 30. April, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at