Opulente Dekors und Kostüme reichen für ein umfassendes Künstlerinnenporträt ebenso wenig aus wie für eine packende Liebesgeschichte

Filmrezension: Alma & Oskar, Filmemacher Dieter Berner  klassik-begeistert.de, 6. Juli 2023

ALMA & OSKAR © Aliocha Merker, Alamode Film 

Alma & Oskar

Regie Dieter Berner | AT/CH/DE/CZ 2022 | 88 min | DF
Mit: Emily Cox, Valentin Postlmayr, Cornelius Obonya, Brigitte Karner

Filmstart: 6. Juli 2023

von Kirsten Liese

Nach einer Orchesterprobe liest Alma ihrem Mann Gustav Mahler die Leviten: Seinen grenzenlosen Egoismus könne sie nicht mehr ertragen, sie werde ihn für einen  anderen, jüngeren Mann verlassen, droht sie ihm an. Er bekniet sie, bei ihm zu bleiben, aber das Schicksal erzwingt die Trennung auf andere Weise: Mahler stirbt kurz nach dem Disput, Alma wird Witwe.

Es dauert allerdings nicht lange, bis zwei andere Künstler um die berühmte Muse der Wiener Secession werben: der Berliner Architekt Walter Gropius, mit dem sie sich verlobt, und der Maler Oskar Kokoschka (Valentin Postlmayr).

Zusammen mit der Autorin Hilde Berger, die mit ihrem Roman „Die Windsbraut“ bereits die literarische Vorlage lieferte, erzählt Dieter Berner in seinem Film „Alma & Oskar“ von der Komponisten-Gattin Alma Mahler-Werfel (1879-1964), die von zahlreichen berühmten Künstlern heftig umworben wurde.

Der expressionistische Maler Oskar Kokoschka war einer darunter, die Beziehung zu ihm steht im Zentrum des Films.

Auf einer Vernissage  sieht Alma 1910 erstmals Werke von ihm. Um den anwesenden Kaiser zu provozieren, der gegenüber seiner Entourage  kein gutes Haar an dem Enfant terrible der Wiener Kunstszene lässt, gibt sie ein Porträt bei ihm in Auftrag.

Die spontane Idee nimmt konkrete Formen an und schon beim ersten Treffen im Atelier beginnt eine Amour Fou zwischen Alma und Oskar.  Die große Leidenschaft bleibt im Film allerdings nur eine Behauptung,  reduziert auf schnellen Sex. Von erotischem Knistern geschweige denn sublimer Intimität zwischen den Beiden keine Spur.

Als ein weiblicher Don Juan nimmt diese Frau sich ohnehin die Männer, die sie will – mehrere zur selben Zeit.  Oskar ist auf Walter Gropius und den Dirigenten Bruno Walter eifersüchtig, den sie wohl auch noch verführt hätte, wenn er bereit gewesen wäre, seine glückliche Ehe aufs Spiel zu setzen. Aber am meisten kränkt es den Maler, dass Alma sich dem musikalischen Erbe ihres verstorbenen Mannes mehr widmet als ihm und seiner Kunst.

Denn kaum, dass ihre Liaison einen Anfang genommen hat, reist Alma ohne Oskar nach Prag, um die Uraufführung von Mahlers neunter Sinfonie mit Bruno Walter vorzubereiten.

Und als Oskar nach ihrer Rückkehr sehnsuchtsvoll mit dem fertigen Porträt zu ihr eilt, hält sich ihr Verlangen in Grenzen: Das gemeinsame Studium von Mahlers letzter Partitur mit dem Dirigenten hat für sie jedenfalls Priorität. Oskar muss warten.

ALMA-OSKAR © Film AG, Alamode-Film

Hauptdarstellerin Emily Cox sieht ihrem historischen Vorbild zwar ähnlich, weckt aber als kühle Femme Fatale wenig Empathie. Das liegt weniger an ihr als an dem Drehbuch, das ihrer Psychologie nicht tief genug auf den Grund geht.

Es wird noch nicht einmal klar, warum sie überhaupt so viele Männer faszinierte.

Schon Bruce Beresford scheiterte daran, in seiner Erstverfilmung des biografischen Romans von 2000 der Komponistin Alma Mahler Raum zu schenken. Auch Regisseur Dieter Berner arbeitet diese Facette nur rudimentär heraus. In einer kurzen Szene zeigt er Alma, wie sie gegenüber Walter Gropius von ihren Schwierigkeiten als Komponistin spricht.

Alma war gleichwohl produktiv. Sie schrieb zahlreiche Lieder, von denen im Film allerdings nur ein einziges – immerhin aber ein besonders schönes – angespielt wird, „In meines Vaters Garten“.

Wie Alma Mahler als Komponistin unterbelichtet bleibt, so Oskar Kokoschka in seiner Bedeutung als Maler. Er gewinnt nur als ein obsessiver Liebhaber an Kontur, der sich schließlich mit einer Puppe tröstet, als Alma ihn wegen seiner Erfolglosigkeit fallen lässt.

Immerhin orientiert sich der Film „Alma & Oskar“ an historischen Fakten. Opulente Dekors und Kostüme bescheren dem Film ein paar Schauwerte, aber das reicht für ein umfassendes Künstlerinnenporträt ebenso wenig aus wie für eine packende Liebesgeschichte.

Kirsten Liese, 6. Juli 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Hör-CD Rezension: Mahler – Welt und Traum. Eine Hörbiographie von Jörg Handstein

Sommereggers Klassikwelt 126: Bruno Walter – Dirigent zwischen alter und neuer Welt, klassik-begeistsert.de

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert