Kammermusik von Schreker und Schönberg – erweckt Neugier auf die Moderne

Franz Schreker und Arnold Schönberg  Kammermusiksaal, Philharmonie Berlin, 30. Januar 2024

Arnold Schönberg, ca. 1930 (Foto: Arnold Schönberg Center Wien)

Erstaunt und erfreut nimmt man zur Kenntnis, wie viel Schönheit man in der Musik jener musikalischen Umbruchzeit finden kann. Die kommenden Monate werden in der Berliner Philharmonie sicher noch mehrere Schätze dieser Epoche auf dem Programm sehen. Man darf neugierig sein!

Franz Schreker
Der Wind

Arnold Schönberg
Verklärte Nacht op. 4

Pierrot lunaire  op. 21

Mitglieder der Berliner Philharmoniker
Philip Mayers   Klavier
Tabatha McFadyen   Stimme

Allie Graham   Tanz

Kammermusiksaal, Philharmonie Berlin, 30. Januar 2024

von Peter Sommeregger

Der Themenschwerpunkt, den die Berliner Philharmoniker anlässlich von Arnold Schönbergs 150. Geburtstag für gleich zwei Spielzeiten gesetzt haben, trägt interessante Früchte. Neben Schönberg kommen auch verstärkt Komponisten seiner Zeit und seines biographischen Umfeldes zu Wort.

Eine besonders reizvolle Entdeckung war in diesem Konzert das leider nur zehn Minuten dauernde Stück „Der Wind“ von Franz Schreker, 1909 auf eine Dichtung der Tänzerin Grete Wiesenthal entstanden. In der Besetzung Violine, Klarinette, Horn, Violoncello und Klavier entwickelt das Werk auch ohne Tanz eine Allegorie auf das Naturphänomen Wind, trägt das Publikum förmlich mit in rhythmischen Bewegungen. Melodiös ansprechend ist diese kurze Miniatur, der man gerne wieder begegnen würde.

Quelle: Wikimedia commons

Anschließend kommt der Jubilar zu Wort, seine „Verklärte Nacht“ erklingt in der ursprünglichen Fassung für Streichsextett. Hier ist Schönberg noch ganz Spätromantiker, die Musik atmet eine schwere, sinnliche Süße. Das aus Mitgliedern der Berliner Philharmoniker gebildete Sextett sorgt für eine straffe, stringente Wiedergabe, die vom Publikum mit starkem Applaus aufgenommen wird.

Schönbergs „Pierrot lunaire“ steht schon für die Abkehr von tonaler Musik.
In einer halbszenischen Aufführung des Melodrams werden die 21 Gedichte von Albert Giraud (Deutsch von Erich Hartleben) von Tabatha McFadyen im vorgegebenen Sprechgesang deklamiert, die androgyne Tänzerin Allie Graham setzt die Musik in einer halsbrecherischen Choreographie virtuos um. Das kleine Kammermusik-Ensemble läuft erneut zur Höchstform auf, Schwachpunkt der Aufführung ist leider die Stimme von Tabatha McFadyen, der es nicht gelingt, den Spagat zwischen Sprache und Gesang zu bewältigen. Der Text bleibt weitgehend unverständlich, woran auch die ständig wechselnde Position der Künstlerin im Saal und ihre Beteiligung an der choreographischen Gestaltung schuld sein mag.

Erstaunt und erfreut nimmt man zur Kenntnis, wie viel Schönheit man in der Musik jener musikalischen Umbruchzeit finden kann. Die kommenden Monate werden in der Berliner Philharmonie sicher noch mehrere Schätze dieser Epoche auf dem Programm sehen. Man darf neugierig sein!

Peter Sommeregger, 31. Januar 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Piotr Anderszewski, Klavier  Philharmonie, Kammermusiksaal, Berlin, 5. November 2023    

Marlis Petersen, Sopran, Stephan Matthias Lademann, Klavier Kammermusiksaal, Philharmonie Berlin, 11. Juni 2023

DVD und Blu-ray-Rezension: Franz Schreker Der Schatzgräber klassik-begeistert.de, 24. September 2023

Programmmusik: Wiener Symphoniker Rudolf Buchbinder, Klavier Wiener Konzerthaus, Großer Saal, 3. Dezember 2023

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