Susanne Mälkki feiert mit “Pénélope” von Fauré ihren ersten Premierenerfolg

Gabriel Faure, Pénélope  Prinzregententheater, München, 18. Juli 2025 PREMIERE

Victoria Karkacheva © Bernd Uhlig

Die einzige Oper von Gabriel Fauré findet am Prinzregententheater in München eine viel beachtete Aufführung. Die finnische Dirigentin Susanna Mälkki leitet dabei ihre erste Premiere an der Bayerischen Staatsoper und das mit riesigem Erfolg. Victoria Karkacheva  wird vom Publikum gefeiert für ihre großartige Interpretation der Titelrolle, der sie ihre wunderschöne Stimme verleiht. Brandon Jovanovich gibt mit einer Meisterleistung an vokaler Interpretation ihren nach zwanzig Jahren wiederkehrenden Gatten Ulysse.

Gabriel Fauré (1845-1924)
PÉNÉLOPE
Poème lyrique in drei Akten (Libretto von René Fauchois)

Musikalische Leitung: Susanna Mälkki

Regie: Andrea Breth
Bühne: Raimund Orfeo Voigt
Kostüme: Ursula Renzenbrink

Bayerisches Staatsorchester
Vokalensemble “LauschWerk”

Prinzregententheater, München, 18. Juli 2025 PREMIERE

von Jean-Nico Schambourg

Die Erzählung vom Troja-Krieg und der darauf folgenden Irrfahrt von Odysseus ist jedem bekannt. Faurés zweistündige Oper erzählt von der Rückkehr, des als Bettler verkleideten Odysseus (Ulysse). Seine Ehefrau Pénélope, die die ganze Zeit sehnsuchtsvoll auf ihn wartet, wird von Freiern belagert, die sie zur Heirat mit einem von ihnen bewegen wollen. Pénélope sträubt sich  dagegen, da sie die Hoffnung auf die Wiederkehr ihres Gatten nicht aufgegeben hat. Sie erkennt diesen allerdings nicht. Erst als Ulysse mithilfe der ihm treu gebliebenen Hirten die Freier alle getötet hat, finden sich die Eheleute wieder.

Die Erzählung hat aktuelle Züge: Wie werden zum Beispiel durch den Ukraine-Krieg jahrelang getrennte Eheleute sich wiederbegegnen? Was werden die Soldaten zu Hause finden und werden sie sich wieder einleben können?

Andrea Breth verzichtet in ihrer Inszenierung auf konkrete Zuordnung der Handlung. Sie zeigt keine heldenhaften Personen. Im Gegenteil, die Hauptfiguren sind sehr gealtert, vielleicht noch mehr psychisch als physisch: Pénélope ist eine gebrochene Frau, Ulysse ein alter Mann.

Dementsprechend läuft die Handlung fast in Zeitlupe ab. Teilweise werden beide auch in Rollstühlen über die Bühne geschoben. Breth stellt den Sängern der beiden Hauptrollen Doubles zur Seite. Dies scheint die “neue Mode” bei Inszenierungen zu sein! Die Sänger singen sich somit fast nie direkt zu, sondern bis zum Schluss fast ausschließlich zu den Doubles. Erst in der Schlussszene vereint Breth die beiden Hauptsänger in einer Pose, die mich an Michelangelos Bild der Schaffung des Adams erinnert. Soll dies ein Zeichen für eine bessere Zukunft sein, nach der doch sehr pessimistischen Deutung dieser Inszenierung?

Szenenfoto 1. Akt © Bernd Uhlig

Zwei Bühnenbilder (Raimund Orfeo Voigt): Für die Ouvertüre und den zweiten Akt die nur mit wenigen antiken Figuren ausgestattete leere Bühne des Prinzregententheaters. Für Akt eins und drei, eine Konstruktion bestehend aus mehreren kleinen Zimmern, die sich extrem langsam (und manchmal quietschend) von rechts nach links bewegt: Zimmer von Pénélope, diverse Vorzimmer in denen sich die Mägde und Freier aufhalten, Waschraum, Schlachtraum. Diese kleinen Kisten geben die Einschränkung der Handlungsfreiheit der diversen Figuren zwar gut wieder, haben aber den Nachteil, dass der außen sitzende Zuschauer nicht die ganze Handlung in den äußeren Zimmern mitbekommt. Schlimmer noch: auch von den Sängern geht einiges dadurch unter!

Das Regieteam wird am Ende respektvoll beklatscht. Jubelnde Zusage des Publikums hört sich allerdings anders an. Die wenigen Buhrufe sollen in diesem Kontext jedoch auch nicht unterschlagen werden.

Da ist der Beifall, den die musikalische Seite erhält doch sehr viel stärker. Vor allem die Dirigentin  Susanna Mälkki und das Bayerische Staatsorchester werden vom Publikum zu Recht lautstark gefeiert für ihre grandiose Interpretation dieses “Poème lyrique”, wie Fauré sein Werk betitelte. Dessen große Verehrung für die Musik von Richard Wagner lässt sich nicht verhehlen. Allerdings ging Fauré eigene Wege, auf denen er versuchte die französische Gluck’sche Tradition mit der Modernen zu verbinden. Er reduzierte die Leitmotive auf ein Minimum, ließ aber seinem Lyrismus freien Lauf.

Susanna Mälkki © Simon Fowler

Die finnische Dirigentin, die erstmals an der Bayerischen Staatsoper eine Premiere leitet, hat vom ersten Ton an das Orchester voll im Griff und lässt zu keinem Moment irgendwelche Zweifel an einer perfekten Ausführung der musikalischen Absichten des Komponisten. Das Orchester erwidert ihre Anweisungen mit warmem, emotionsgeladenem Klang und hat einen großen Anteil am musikalischen Erfolg dieses Abends.

Auf der Bühne begegnet dem Publikum dieselbe musikalische Qualität. Victoria Karkacheva singt mit ruhiger, gut geführter Stimme die Titelrolle. Herrlich wie die Stimme  in den dramatischen Momenten regelrecht aufblüht und Gott sei Dank im Gegensatz steht, zu der ihr szenisch zugedachten gebrochenen Figur.

Ihr Partner Brandon Jovanovich kommt nicht weniger meisterhaft daher. Als Bettler hört man von ihm weiche, schöne Piani. Später, als er sich als Ulysse zu erkennen gibt, klingt sein Tenor heldenhaft. Beide Sänger treffen hervorragend den speziellen  Gesangs- und Interpretationsstil von Fauré.

Brandon Jovanovich © Bernd Uhlig

Rinat Shaham singt mit vollem Mezzosopran die Rolle der Amme Euryclée, Thomas Mole lässt als Hirte Eumée mit warmem Bariton aufhorchen. Von den Freiern die Pénélope belagern, gefällt vor allem Loïc Félix als Antinoüs mit klarem Tenorklang und bestem französischen Idioms. Auch alle anderen kleineren Rollen sind minutiös besetzt und füllen ihre Figuren bestens aus.

Das Vokalensemble “LauschWerk”, unter der Leitung von Sonja Lachenmayr, trägt einen wichtigen Teil zum musikalischen Gelingen des Abends bei.

Oben in der Gunst des Publikums steht zum Schluss auch die Bogenschützin Daniela Maier, die auf akrobatische Art und Weise den Bogenschuss des Ulysse mimt: Kopfüber auf Händen gestützt, spannt sie mit den Füßen den Bogen um den Pfeil erfolgreich abzuschießen.

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