Foto: Jiyang Chen (c)
Deutsche Oper Berlin, 28. Mai 2018
Gaetano Donizetti, MARIA STUARDA
mit Diana Damrau, Jana Kurucova, Javier Camarena
von Peter Sommeregger
Donizettis dritte Belcanto-Oper über englische Königinnen ist ein dramaturgisch nicht unproblematisches Stück. Sind die ersten drei Bilder übervoll mit Dramatik und emotionalen Ausbrüchen, ist das finale Bild eher verhalten und ruhiger angelegt, entsprechend der bedrückten Stimmung vor der Hinrichtung der Stuarda. Dieses letzte Bild gehört auch der Sängerin der Titelrolle allein, die sängerische Konkurrenz ihrer Gegenspielerin Elisabetta muss sie hier nicht mehr fürchten.
Die Deutsche Oper Berlin bot für ihre konzertante Aufführung der Oper neben Diana Damrau in der Titelrolle weitere Stimmen der Extraklasse auf, die allesamt sehr viel mehr boten, als nur die Garnierung für den Star des Abends. Die Rolle der Elisabetta hat Donizetti in Umfang und Schwierigkeitsgrad jener der Stuarda ebenbürtig gestaltet, in Jana Kurucova fand sie eine ideale Interpretin. Die Stimme, für einen Mezzo relativ hell, ist beweglich und geschmeidig, besitzt ein schönes, markantes Timbre und klingt auch in den höchsten Lagen frei und sicher. Eine Steilvorlage also für Diana Damrau, auf der natürlich die höchsten Erwartungen des Abends ruhten. Ihr cremiger, voller Sopran besitzt nach wie vor viele Farben, speziell ihre Piani und Koloraturen sind meisterhaft ausgeführt und geben dem Fan-Publikum reichlich Gelegenheit zu Beifallsstürmen. Und doch, im extremen Forte klingen manche Töne etwas belegt, die Stimme ist nicht wirklich frei. Damrau bleibt uns den finalen Spitzenton schuldig, da hilft auch der zweimalige Kostümwechsel nichts.
Der mexikanische Tenor Javier Camarena , längst auf den großen Bühnen der Welt zu Hause, bewältigt die Rolle des Leicester mit Bravour und Raffinesse. Ihm gelingt an diesem Abend einfach alles, entsprechend begeistert reagiert das Publikum. In den kleineren Rollen machen Nicolas Teste, Dong-Hwan Lee und Amira Elmadfa durchaus bella figura. Auch der von Jeremy Bines vorzüglich vorbereitete Chor trägt zum Gelingen des Abends bei, Francesco Ivan Ciampa am Pult ist ein sensibler Begleiter für die Sänger und hat das hoch motiviert aufspielende Orchester bestens im Griff.
Die Aufführung, offiziell rein konzertant, wird durch Mimik und angedeutete Gesten der Sänger gekonnt aufgelockert. Man ist fast erleichtert, sich einmal nicht mit den bizarren Auswüchsen der heutigen Opernregie beschäftigen zu müssen.
Das Duell der beiden Königinnen /Primadonnen, zentrales Spannungselement des Stückes und seiner jeweiligen Aufführungen, bleibt unentschieden. Die Damen waren einander ebenbürtig. Als man an diesem frühsommerlichen Abend das Haus verlässt, will es einem fast scheinen, als läge Berlin-Charlottenburg doch eigentlich in Italien.
Peter Sommeregger, 29. Mai 2018, für
klassik-begeistert.de