Philharmonie Berlin, Elena Bashkirova (Foto: Nikolaj Lund)
Georg Nigl, Martina Gedeck und Elena Bashkirova
„Sag mir, wo die Blumen sind“
Lieder, Texte und Couplets von Schubert bis Eisler, von Goethe bis Brecht
Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin, 10. November 2022
von Peter Sommeregger
Zu einem Konzertabend der besonderen Art fanden sich der Bariton Georg Nigl, die Schauspielerin Martina Gedeck und die Pianistin Elena Bashkirova zusammen. Das anspruchsvolle Programm bewegte sich quer durch die Musik- und Literaturgeschichte, und hielt auch einige Überraschungen bereit.
Georg Nigl ist gleichermaßen als Interpret zeitgenössischer Komponisten als auch von Werken bis zu Monteverdis Opern, von Schubert-Liedern bis zum „Jakob Lenz“ von Wolfgang Rihm versiert und international geschätzt. An diesem Abend zeigt er aber noch weitere, überraschende Facetten seiner Interpretationskunst. Umwerfend komisch ist Carl Lorens’ „Couplet von der Blunzn und der Leberwurst“, bei dem Nigl in seinem heimatlichen Wiener Idiom brillieren kann. Mühelos kann der Sänger aber wieder zu Ernsterem wechseln, Schuberts „An die Musik“ gelingt ihm hoch sensibel und emotional. Rau und kernig singt er Mahlers „Revelge“, frech pointiert Beethovens „Flohlied“. Nigl, der über eine schöne, sichere Höhe verfügt versteht es immer wieder, den emotionalen Gehalt des Vorgetragenen zu vermitteln, ohne dabei Sentimentalität aufkommen zu lassen.
Martina Gedeck, als Schauspielerin auf der Bühne, im Film und im Fernsehen häufig und gerne anzutreffen, trägt höchst unterschiedliche Texte von Tucholsky, Brecht, aber auch Rilke, Nietzsche und Heine vor. Und dann die große Überraschung: sie kann auch singen, und das ausgezeichnet! Höhepunkt ist ihre Interpretation des Klassikers „Sag mir, wo die Blumen sind“, die dem Programm auch den Titel gaben. Am Ende singen Nigl uns Gedeck „Sag beim Abschied leise Servus“ als Duett und ernten damit donnernden Applaus.
Stichwort Applaus: das notorisch applaus-süchtige Berliner Konzertpublikum hat wieder einmal ein Beispiel für mangelnde Sensibilität geliefert. Das Programm war hervorragend konzipiert, die Idee war wohl, dass die drei Interpreten gleichsam die Stafette weitergeben, dass eine Nummer fließend in die nächste übergeht. Durch unsensibles Klatschen nach jedem einzelnen Titel wurde dieses Konzept aber zunichte gemacht.
Als Dritte im Bunde war die Spitzenpianistin Elena Bashkirova zu erleben, die mit ihrem sensiblen Klavierspiel wunderbare Brücken und Überleitungen schuf, von der hohen Qualität ihrer Liedbegleitung ganz zu schweigen. Mit Antonin Dvořáks „Serenade“ hatte sie den Abend auch eingeleitet, der unter dankbarem Applaus des Publikums zu Ende ging.
Ein Wort noch zum Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie. Er scheint zu groß konzipiert, mit weit über 1000 Plätzen wird er auch bei Spitzenkonzerten keineswegs voll besetzt. Das führt einerseits für die Künstler zu einer enttäuschenden Optik, vor halb leerem Saal zu musizieren, gleichzeitig stellen die leeren oberen Ränge eine Schmälerung der Raumakustik dar. Ändern lässt sich das wohl nicht mehr, aber man sollte bevorzugt Plätze im podiumsnahen Bereich buchen.
Peter Sommeregger, 11. November 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Wagner/Loriot: Der Ring an einem Abend, Laeiszhalle Hamburg, 29. Mai 2022
Wir haben den Abend sehr enttäuschend empfunden. Das Konzept erschien sehr beliebig – Nietzsche Rezitat sowie Gassenhauer über die Blutwurst – und sollte wohlfeil für alle sein. Bei einem so kurzen Programm wäre die Konzentration auf ein Thema sinnvoller. Martina Gedeck wirkte unsicher im Vortrag; das Publikum rief laut nach einem lauteren Vortrag zu Beginn. Dies besserte sich dann im Verlauf – hätte man das nicht bei einer Probe im Vorfeld klären können? Der Bariton war stimmlich sehr gut, jedoch meist schwer verständlich. Die Interpretation des Liedes „Sag mir, wo die Blumen sind“ sowie des Brecht Textes „An die Nachgeborenen“ war schwach und wenig überzeugend, verglichen mit früheren Interpretationen.
Doris Zimmermann