Rossinis “Guillaume Tell“ als Gesamtkunstwerk in Erl

Gioachino Rossini, Guillaume Tell,  Tiroler Festspiele Erl, 13. Juli 2019

Foto: © Xiomara Bender

Gioachino Rossini, Guillaume Tell
Tiroler Festspiele Erl, 13. Juli 2019

Musikalische Leitung: Michael Güttler
Produktion: Furore di Montegral
Regie: Gustav Kuhn
Bühne: Alfredo Troisi
Kostüme: Lenka Radecky
Choreographie: Katharina Glas

Guillaume Tell: Andrea Borghini
Arnold: Sung Min Song
Mathilde: Sophie Gordeladze
Jemmy: Bianca Tognocchi
Melchthal: Zelotes Edmund Toliver
Gesler: Giovanni Battista Parodi

Orchester und Chorakademie der Tiroler Festspiele Erl

von Charles E. Ritterband

Rossinis gigantisches Opus mit einer Aufführungsdauer von vier Stunden auf die Bühne zu bringen, ist bereits eine eindrucksvolle Leistung – „ein gewaltiger Koloss von Werk“, wie das Programmheft feststellt, das die Möglichkeiten eines jeden Opernhauses bis heute an die Grenzen führe.

Umso anerkennenswerter, dass sich die Tiroler Festspiele Erl diese Produktion in einem Haus mit relativ begrenzten Möglichkeiten vorgenommen hatten – und jetzt als Wiederaufnahme und einmalige Vorstellung an den diesjährigen Festspielen aufs Programm gesetzt haben.

Michael Güttler am Dirigentenpult leitete das Festspielorchester mit Verve und Hingabe; die fünf Solocelli der berühmten Ouvertüre intonierten die zarten Klänge so einfühlsam, wie man es sich nur wünschen mochte.

Foto: © Xiomara Bender

Das Werk ist als Gesamtkunstwerk konzipiert – und so wurde es hier auch auf die Bühne gebracht: mit einem minimalistischen Bühnenbild, das aus insgesamt zwölf halb abstrakten, stets wieder neu positionierten Frauenskulpturen bestand – und zahlreichen schönen, aber den Gang der Handlung nicht wirklich unterstützenden Balletteinlagen (Choreographie: Katharina Glas). Mit einer wirklich gut gelungenen Ausnahme: Dem berühmten Apfelschuss. Der fliegende Pfeil wurde von acht Ballettänzern verkörpert – großartig.

Stimmlich erhält Tells Sohn, Jemmy, gesungen von der italienischen Koloratursopranistin Bianca Tognocchi, die Palme – mit ihrer virtuosen Technik und stimmlichem Wohlklang war sie eindeutig der Star des Abends. Wunderbar auch die Mathilde der georgischen Sopranistin Sophie Gordeladze und der südkoreanische Tenor Sung Min Song (nomen et omen…?) , der sein Dilemma zwischen Vaterlandsliebe, Rache für den ermordeten Vater und seiner Vergötterung der Prinzessin Mathilde sehr glaubwürdig ausspielte und seine Liebe mit tenoralem Schmelz und meisterhaft gehaltenen Höhen zum Ausdruck brachte.

Foto: © Xiomara Bender

Eine überragende Figur dessen Vater Melchthal (der bewährte amerikanische Bass Zelotes Edmund Toliver), der stimmlich und mit seiner Körpergröße das gesamte Ensemble weit überragte.

Last but not least der hervorragende Guillaume Tell des italienischen Baritons Andrea Borghini. Mit eindrucksvoller, souveräner Bühnenpräsenz und einer maskulinen wohlklingenden Stimme beherrscht er das Geschehen und wirkt glaubwürdig als unbeugsamer Nationalheld, der dem Tyrannen Gessler (eindrucksvoll: der italienische Bass Giovanni Battista Parodi) die Stirn bietet.

Charles E. Ritterband, 18. Juli 2019, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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