„Macbeth“ an der Deutschen Oper Berlin: Man kann nicht alle Fehler auf einmal machen – aber man kann es versuchen!

Giuseppe Verdi, Macbeth  Deutsche Oper Berlin, 23. November 2024 Premiere

Macbeth/Burdenko, Mimica © Eike Walkenhorst

PREMIERE

Giuseppe Verdi
Macbeth

Roman Burdenko  Macbeth
Marko Mimica  Banquo
Felicia Moore  Lady Macbeth
Attilio Glaser  Macduff

Marie-Ève Signeyrole  Regie                        Enrique Mazzola  Musikalische Leitung

Deutsche Oper Berlin, Premiere am 23. November 2024

von Peter Sommeregger

Das Missvergnügen an diesem Abend beginnt bereits beim Lesen des Programmheftes. Die angekündigte Anastasia Bartoli als Lady Macbeth wurde kommentarlos durch Felicia Moore, offensichtlich die Cover-Besetzung, ersetzt.

An der Stelle, an der die Musik Verdis einsetzen sollte, wird das Publikum erst einmal mit einem nervigen Video abgespeist, in dem eine junge Frau kryptische Andeutungen macht. Danach wird man mit projizierten Texten darauf hingewiesen, dass Macbeth eigentlich vom Kampf um das Nordseeöl handelt. Dumm nur, dass Shakespeare und Verdi davon noch nichts wussten.

Als dann endlich die Ouvertüre einsetzt, folgt die nächste Enttäuschung: Enrique Mazzola, gewöhnlich eine sichere Bank am Dirigentenpult, beginnt polternd und undifferenziert, und bereits in der ersten Szene wird klar, dass die nächsten Stunden eher unerfreulich ablaufen werden.

Macbeth/Moore, Glaser © Eike Walkenhorst

Die Auftritte der Hexen in dieser Oper sollten jeweils ein Highlight des Stückes sein, unter der Regie von Marie-Ève Signeyrole sind sie ein inszenatorischer Offenbarungseid. Die Regisseurin kann mit Choristen nicht umgehen, sowohl die Hexen, als später auch das Volk treten in statischen Blöcken auf. Von da an reiht sich eine optische Peinlichkeit an die nächste, man könnte Seiten damit füllen, wie plump, geschmacklos, auch unlogisch in den Abläufen diese „Regiearbeit“ aussieht. Die Dame ist erstaunlich gut an ersten Häusern wie München und Dresden unterwegs, man muss sich fragen, wie solche Engagements zustande kommen, an der Qualität ihrer Arbeit kann es sicher nicht liegen.

Auch Bühnenbild und Kostüme von Fabien Teigné und Yashi verströmen eine graubraune Trostlosigkeit, die so recht zum Novemberwetter passt. Es gibt in der gesamten Aufführung nicht ein ästhetisch ansprechendes Bild, oder eine gelungene Szene. Die gynäkologischen Probleme der Lady werden in drastischer Deutlichkeit behandelt, die Gestalt eines Hirsches, wohl als Todessymbol gedacht, taucht immer wieder auf, aber auch hier ist kein Konzept erkennbar.

Macbeth/Burdenko, Moore © Eike Walkenhorst

Keine der handelnden Personen kann ein Profil entwickeln, Interaktion findet so gut wie nicht statt. Als dann Banquo im Rahmen eines Kindergeburtstages gemeuchelt wird, kann man nur noch den Kopf schütteln. Dafür werden wir umfangreich mit Videos (der Pest der heutigen Theaterästhetik) belästigt.

Rund um die zweite Hexenszene öffnet Mazzola fatalerweise die Striche, und lässt die normalerweise gestrichene Ballettmusik in quälender Langatmigkeit spielen. Überhaupt ist der bewährte Dirigent diesmal Teil des Ärgernisses. Er schleppt oder poltert abwechselnd, die Aufführung dehnt sich dadurch auf nahezu vier Stunden. So gesehen kein Wunder, dass auch das Orchester des Hauses unter seinem gewohnten Niveau bleibt.

Felicia Moore als Lady Macbeth kann natürlich nichts für die Absage Bartolis, aber wirklich froh kann man mit ihrer Leistung nicht werden. Ihr dramatischer Mezzosopran hat viel Volumen, aber auch ein starkes Vibrato. Da ist viel schönes Material, aber ihre Phrasierung lässt zu wünschen übrig, die Abschlüsse misslingen jeweils.

Macbeth/Burdenko © Eike Walkenhorst

Roman Burdenko in der Titelrolle leidet wie alle anderen Protagonisten an der abwesenden Hand einer Personenregie. So bleibt sein Macbeth eindimensional, und er wird zum Stimmbesitzer degradiert. Mit dieser Stimme kann er auch lange punkten, erst in den letzten Szenen klingt sein Bassbariton etwas aufgeraut und spröde.

Attilio Glaser als Macduff kann mit der unerläßlichen , einzigen Tenorarie des Stückes verdient punkten, aber auch er wird mit endlosen Videosequenzen gequält.

Ein erstaunlich geduldiges Publikum bejubelt am Ende die Sänger und den Dirigenten. Aber beim Erscheinen des Regieteams ist man sich einig: einen so einhelligen Buh-Orkan hat man hier schon lange nicht mehr gehört.

Fazit: Es bedarf schon einer großen Anstrengung, eine großartige Oper wie Macbeth komplett in den Sand zu setzen. Hier ist es gelungen!

Peter Sommeregger, 24. November 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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